Unternehmen müssen gemäß dem Hinweisgeberschutzgesetz ab 50 Mitarbeiter seit 17. Dezember 2023 in Österreich ein Meldesystem installiert haben, das internen und externen Hinweisgebern zugänglich ist, um auf Missstände hinzuweisen.
- Was ist ein Hinweisgeber (Whistleblower)?
- Kann sich ein Hinweisgeber strafbar machen?
- Wozu dient das Hinweisgeberschutzgesetz?
- Was ist ein Whistleblowing-System?
- Muss der Betriebsrat dem Meldesystem zustimmen?
- Whistleblowing: Was das 3-stufige Meldesystem beinhalten muss
- Whistleblowing: Mindeststandards für interne Meldekanäle
Was ist ein Hinweisgeber (Whistleblower)?
Hinweisgeber ist, wer im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit von einer Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und diese durch einen Hinweis öffentlich macht.
Fristen für die Implementierung eines internen Meldesystem
Seit 25. August 2023 ist internes Meldesystem umzusetzen. Das galt zunächst nur für Unternehmen mit 250 und mehr Mitarbeitern. Die Bedingungen für diese internen Meldestellen, bei denen Informanten anonym bleiben können, liefert das Hinweisgeberschutzgesetz (HSchG).
Seit dem 17. Dezember 2023 müssen auch Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten (Mindestanzahl: 50 Beschäftigte) einen solchen Whistleblower-Kanal eingerichtet haben.
Kann sich ein Hinweisgeber strafbar machen?
Ja, Whistleblower können sich aus mehreren Gründen strafbar machen.
Wissentliche Verbreitung von falschen Anschuldigungen.
Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen, die nicht relevant für den gemeldeten Rechtsverstoß sind
Widerrechtliche Erlangung der veröffentlichten Informationen (beispielsweise durch Hausfriedensbruch, Nötigung oder „Hacking“).
Hinweisgeber ist am gemeldeten Rechtsverstoß selbst beteiligt.
Was bedeutet die Beweislastumkehr für Hinweisgeber?
Hinweisgeber genießen umfassende Schutzrechte. Sie dürfen nicht aufgrund der Meldung von Rechtsverstößen arbeitsrechtliche Konsequenzen erleiden. Falls es dennoch zu einer arbeitsrechtlichen Maßnahme wie Kündigung oder Entlassung kommt, muss der Arbeitgeber beweisen, dass die Maßnahme nicht aufgrund der Meldung veranlasst wurde.
Wozu dient das Hinweisgeberschutzgesetz?
Das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) soll die Bereitschaft für rechtmäßiges Verhalten in Unternehmen stärken, indem Hinweise auf Rechtsverletzungen einfachen Verfahren mit vorhersehbaren Abläufen zur Verfügung stehen. Dabei sind Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber und Personen in ihrem Umkreis vor persönlichen Nachteilen zu schützen.
Was ist ein Whistleblowing-System?
Ein Whistleblower-System, auch Whistleblowing-Hotline oder Hinweisgebersystem genannt, hilft Mitarbeitenden und anderen, Fehlverhalten und ungesetzliches oder unethisches Verhalten am Arbeitsplatz zu melden. Es ist ein Frühwarnsystem, das Unternehmen ab einer bestimmten Größe laut Gesetz einzurichten haben.
Ist Whistleblowing erlaubt?
Unter Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen und im Regelfall nach Erschöpfung des Meldesystems ist auch eine Veröffentlichung von Rechtsverletzungen, die durch Unternehmen begangen wurden, zulässig. Unter Umständen kann aber eine Veröffentlichung auch sofort angemessen sein, wenn der Rechtsverstoß von allgemeinem Interesse ist.
Was steht in den Whistleblowing-Richtlinien für Unternehmen
Das Hinweisgeberschutzgesetz beinhaltet unter anderem Bestimmungen darüber, welche Unternehmen interne Meldekanäle einzurichten haben, wie interne und externe Meldekanäle ausgestaltet sein müssen und wie mit Hinweisen umzugehen ist.
Ab welcher Mitarbeiterzahl ist das Hinweisgeberschutz anzuwenden?
Eine Verpflichtung zur Einrichtung interner Meldekanäle besteht derzeit für Unternehmen ab einer Größe von 250 Arbeitnehmern. Ab dem 25. August 2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz ab einer Größe von 50 Arbeitnehmern und bei juristischen Personen des öffentlichen Sektors mit jeweils 50 oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder Bediensteten umzusetzen. Für Branchen wie die Finanzindustrie, die schon vor dem Hinweisgeberschutzgesetz gemäß dem Bankwesengesetz zur Umsetzung eines Whistleblowing-Systems verpflichtet waren, ist diese Mitarbeitergrenze nicht anzuwenden.
Für welche Branchen ist ein Hinweisgebersystem durch EU-Vorschriften oder Bundesgesetze bereits geregelt?
In der Finanzindustrie ist ein Hinweisgebersystem durch das Bankwesengesetz geregelt. Für bestimmte Unternehmen (speziell im Finanzsektor) ist das Gesetz unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten umzusetzen. Auch im öffentlichen Sektor muss keine bestimmte Arbeitnehmerzahl erreicht werden. Meldesysteme sind immer verpflichtend einzurichten.
Kann Hinweisgeber dienstfrei gestellt oder entlassen werden während der Untersuchung?
Nein, Hinweisgeber genießen umfassende Schutzrechte - sowohl die EU-Richtlinie als auch das österreichische Gesetz sehen Schutzregelungen vor. Die verbotenen Vergeltungsmaßnahmen sind stark ausgeprägt. Kündigung, Entlassung und Dienstfreistellungen als Reaktion auf die Anzeige von Rechtsverstößen sind absolut unzulässig
Muss der Betriebsrat dem Meldesystem zustimmen?
Die Einrichtung eines internen Meldesystems kann den Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat erforderlich machen. Dies ist rechtlich aber noch umstritten und hängt vom Einzelfall bzw. vom vorgesehenen Geltungsbereich ab. Beispielsweise, ob nur Verstöße, die vom HSchG umfasst sind, oder auch darüberhinausgehende Themen gemeldet werden können. Gibt es im Unternehmen keinen Betriebsrat, sind Einzelvereinbarungen mit jedem Arbeitnehmer notwendig.
Whistleblowing: Was das 3-stufige Meldesystem beinhalten muss
Das Hinweisgeberschutzgesetz erfordert ein hierarchisches 3-stufiges Meldesystem, das Folgendes beinhalten muss:
Interne Meldekanäle: Als Ansprechpersonen kommen natürliche Personen, aber auch Abteilungen in Betracht. Auch eine externe Auslagerung ist möglich (z.B. an Beratungsfirmen)
Externer Meldekanal (an Behörden): Im Regelfall ist das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) zuständig. Im Finanzbereich jedoch auch die Finanzmarktaufsicht (FMA).
Die Möglichkeit der Offenlegung: Wenn das interne und das externe Meldesystem nicht funktionieren oder es einen Grund für den Hinweisgeber gibt, davon auszugehen, dass ein Verstoß das öffentliche Interesse unmittelbar oder offenkundig gefährden kann, dürfen die Informationen auch öffentlich zugänglich gemacht werden. Der Whistleblower kann direkt an die Medien gehen respektive diese darüber informieren.
Hinweisgeber müssen nach dieser Reihenfolge vorgehen. Als letzte Möglichkeit steht die Veröffentlichung der erlangten Informationen offen. Umgehende Veröffentlichung ist jedoch auch möglich, wenn es sich um eine Information handelt, die im großen öffentlichen Interesse ist.
Beispiele für Verstöße, die gemeldet werden sollen
Typische Verstöße gegen das Gesetz sind Datenmissbrauch, Diskriminierung, Korruption oder Insiderhandel, aber auch durch das Unternehmen verursachte Gefahren für Umwelt oder Personen.
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Das interne Meldesystem muss Arbeitnehmer/innen verpflichtend zur Verfügung stehen. Kann auch freiwillig Dritten (Kunden oder Geschäftspartnern) zugänglich gemacht werden.
Die Form der Hinweisweitergabe ist freiwillig. Hinweisweitergabe kann schriftlich und/oder mündlich (über eine Hotline) erfolgen. Die Identität des Dritten muss streng vertraulich behandelt werden. Hinweisgebern muss es möglich sein Rechtsverstöße einer unparteiischen Person oder Abteilung melden zu können.
Eine unparteiische Abteilung/Person ist für den Kontakt mit Hinweisgebern, dem Untersuchungsverfahren und möglichen Folgemaßnahmen zu betraut.
Der Whistleblower muss binnen einer 3-monatigen Frist über Untersuchungen und mögliche Maßnahmen informiert werden.
Die Möglichkeiten für Unternehmen ein Whistleblowing-System zu installieren
Empfohlen wird ein digitales System. Dies hat den Vorteil, dass Arbeitnehmer völlig anonym und einfach Rechtsverstöße melden können. Für die Ausgestaltung gibt es jedoch verschiedene Möglichkeiten. Beispiele: E-Mail-Postfach, Telefon-Hotline Briefkasten für Beschwerden oder Intranet.
Die Einrichtung eines elektronischen Meldesystems gilt in der Regel als sicher und anonym und ist deshalb auch praktikable.
Vertiefende Informationen über das Hinweisgeberschutzgesetz finden Sie hier.