Rechtskonflikte mit Kunden können in vielen verschiedenen Formen auftreten. Es ist wichtig, sowohl präventive Maßnahmen als auch praktikable Lösungsmöglichkeiten zu kennen. Wo liegt in der Praxis das größte Konfliktpotential?
Die vertraglich geschuldete Leistung
Oft sind sich die Vertragsparteien gar nicht so einig, was denn eigentlich die geschuldete Leistung oder der Inhalt des Vertrages ist. Es ist daher sinnvoll, immer genau zu prüfen, ob die Forderung des Kunden überhaupt von der vertraglichen Vereinbarung oder dem Auftrag umfasst sein kann.
Zu prüfen sind daher stets die Vertragsunterlagen und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es empfiehlt sich, aus Beweisgründen, immer schriftliche Vereinbarungen zu treffen bzw. mündliche Vereinbarungen zu dokumentieren.
Handelt es sich um einen Konsumenten (b2c) oder um einen Geschäftspartner (b2b)? Ist der Umfang Ihrer Leistung klar definiert oder gibt es dabei Auslegungsspielraum? Zu beachten ist dabei die Unklarheitenregel des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 914, 915 ABGB): Unklare Formulierungen gehen immer zu Lasten desjenigen, der den Vertrag errichtet hat!
Praxistipp: Klare Formulierungen hinsichtlich des Auftragsumfangs und der übrigen Vertragsbestandteile helfen, den Vertragsinhalt zu umschreiben und einzugrenzen. Wichtig ist ebenso, die dazu gehörigen Dokumentationen zu den Kalkulationsgrundlagen (Verhandlungsprotokolle, Vergabeprotokolle, Terminpläne u.Ä.) für nachträgliche Unklarheiten aufzubewahren.
Mangel ist nicht gleich Mangel
Was möchte der Kunde geltend machen? Handelt es sich um einen Gewährleistungsmangel, um einen Garantiefall oder um eine Schadenersatzforderung?
Es handelt sich um unterschiedliche Begrifflichkeiten mit unterschiedlichen Rechtsfolgen für den Verkäufer oder Hersteller. Gewährleistung ist verschuldensunabhängig und kann z.B. bei Konsumenten nicht eingeschränkt werden (Ausnahme: Gebrauchtwagenkauf). Garantie ist ein freiwilliges zusätzliches Versprechen und kann individuell geregelt werden. Schadenersatz ist vom Verschulden abhängig und bedarf auch eines rechtswidrigen Verhaltens.
In diesen Fällen empfiehlt sich eine genauere rechtliche Prüfung der Kundenforderung.
Praxistipp: Geben Sie nicht voreilig mündliche allgemeine Verbesserungs- oder Austauschzusagen ab, ohne die Forderung genau auf ihre Richtigkeit und rechtliche Durchsetzbarkeit zu prüfen.
Gewährleistung neu seit 2022
Die normative Grundlage der Gewährleistung ist in den §§ 922 ff ABGB geregelt. Am 1.1.2022 ist das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) in Kraft getreten, welches für den Kauf von Waren einerseits und für die Bereitstellung digitaler Leistungen (z.B. Downloads, Streaming-Dienste, Cloud-Dienste und Social-Media-Dienste) andererseits bei Verbrauchergeschäften gilt.
Für Werkleistungen gelten allerdings die gewohnten Bestimmungen des ABGB.
Praxistipp: Was kann der Vertragspartner oder Käufer fordern? Zu beachten ist die Reihenfolge der Rechtsbehelfe:
Verbesserung oder Austausch
Preisminderung
Auflösung des Vertrages (früher: Wandlung)
Diese Rechtsbehelfe sind abhängig von der Schwere des Mangels und dessen Behebbarkeit. Nur bei schweren und unbehebbaren Mängeln kann daher vom Kunden eine Vertragsauflösung gefordert werden.
Beweislast und Fristen zur Geltendmachung der Gewährleistung im b2c-Bereich:
Für Warenkäufe bzw. die Bereitstellung von digitalen Elementen oder Leistungen (b2c) gilt eine sogenannte Beweislastumkehr von einem Jahr ab Übergabe. Für digitale Leistungen eine sogenannte Bereitstellungsdauer von mindestens zwei Jahren:
Kommt es innerhalb dieser Zeit zu einer Bemängelung durch den Kunden, dann muss der Unternehmer als Vertragspartner den Beweis der Mängelfreiheit bei Übergabe antreten.
Bei den normalen Werkleistungen gemäß ABGB gilt diese Beweislastumkehr weiterhin nur für die ersten 6 Monate ab Übergabe.
Achtung: Die Gewährleistungsfrist bei Warenkäufen oder digitalen Leistungen bzw. digitalen Elementen beträgt im b2c Bereich seit 2022 drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist! (neu: § 28 Abs 1 VGG).
Der Kunde hat also länger Zeit, seine Ansprüche außergerichtlich geltend zu machen! Eine Verjährung seiner Ansprüche tritt erst später ein.
z.B.: Kauf eines Wasserkochers, gesetzliche Gewährleistungsfrist 2 Jahre + 3 Monate = 27 Monate.
Mangelnde Fälligkeit und Zurückbehaltungsrecht
Unabhängig von der "Schikanegrenze" kann ein Werklohn vom Kunden auch bei geringfügigen Mängeln zurückbehalten werden.
Das gilt aber nicht bei ganz geringfügigen bzw. unbedeutenden Mängeln, die kein vernünftiger Mensch als Nachteil empfindet.
Praxistipp: Zu prüfen ist stets, ob die Zurückbehaltung gerechtfertigt ist – liegt ein tauglicher rechtlicher Grund vor (z.B. Mangel, Schaden) und ist die Höhe der Zurückbehaltung im Hinblick auf das Ausmaß des Mangels überhaupt gerechtfertigt?
Beschwerde auch als Chance für Verbesserung sehen
In allen Fällen ist eine proaktive und transparente Kommunikation mit dem Kunden entscheidend. Ein gut durchdachtes Beschwerdemanagement und ein klarer rechtlicher Rahmen können helfen, Konflikte schnell zu lösen und zukünftige Probleme zu vermeiden.
Weitere Rechtsinformationen und alles rund um Ihre rechtliche Absicherung finden Sie unter ergo-versicherung.at/das-rechtsschutz
Info-Hotline: 0800 224422
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ERGO Versicherung AG:
Die ERGO Versicherung AG ist mit ihrer weit über 100-jährigen Erfolgsgeschichte eines der führenden Versicherungsunternehmen auf dem österreichischen Markt. Als Tochtergesellschaft der ERGO Austria International AG ist sie Teil der ERGO Group und somit der Munich Re, einem der weltweit führenden Rückversicherer und Risikoträger. Im Rahmen strategischer Kooperationen mit den Partnern UniCredit/Bank Austria und Volksbanken sowie über den eigenen Außendienst, angeschlossene Makler, Agenturen und den Direktvertrieb bietet sie ein kundenorientiertes, bedarfsgerechtes Produktsortiment an Lebens-, Kranken- und Schaden-/Unfall- sowie Rechtsschutzversicherungen für den privaten sowie betrieblichen Bereich an.
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