SMARTER REPUBLIKANER. Der Autor Robin Lumsden (re.) im Gespräch mit dem Managing Director von Cerberus, David Knower, einem überzeugten Republikaner, über das Gerichtsurteil gegen Donald Trump.
©beigestelltNach der historischen Verurteilung von Donald Trump in New York: Wie es mit dem früheren US-Präsidenten jetzt weitergeht und was die offizielle Verkündigung des Urteils am 11. Juli für die Wahlen im November bedeuten, analysiert Robin Lumsden, der einzige in Washington zugelassene heimische Anwalt.
SCHON SEIT JAHREN habe ich als einziger in New York und in Washington, D.C., zugelassener österreichischer Anwalt in diversen TV-Shows immer wieder neutral prophezeit, Donald Trump werde am Ende einer Prozesslawine im Gefängnis landen.
Das ist kein politisches, sondern ein juristisches Statement. Diese gewagte Aussage wurde oft angezweifelt, nun könnte sie sich endgültig bewahrheiten. Allein die schiere Masse an Verfahren gegen Trump stellt für ihn ein schwer überwindbares juristisches Monstrum dar. Eine Lawine an Staatsanwälten fokussiert sich auf Trump.
Um die jüngsten Ereignisse rund um die Verurteilung von Donald Trump zu diskutieren, hatte ich das Privileg, mich mit einem der führenden Manager unserer Zeit auszutauschen: mit David Knower, dem Managing Director des Cerberus Fonds und Co-Owner des ELF American Football Teams in Frankfurt. Ich selbst bin Co-Owner der Vienna Vikings, somit gehören uns beiden Teams in der größten Football Liga Europas. Regelmäßig arbeiten wir zusammen, es ist mir stets eine Ehre, von einem so erfolgreichen Manager zu lernen.
Er kam mich auch kürzlich in Wien besuchen, auch um ein Spiel „meiner“ Vikings zu beobachten und um am Rande auch die jüngsten Ereignisse in der Causa Trump zu reflektieren.
Cerberus ist ein weltweit operierender Investmentfonds mit einem beeindruckenden Portfolio, zu dem einst auch die Bawag in Österreich gehörte, welche der Fonds auch erfolgreich an die Börse brachte. Knower ist wie viele erfolgreiche Unternehmer ein deklarierter Republikaner, wir tauschen uns regelmäßig über die politischen und rechtlichen Herausforderungen aus, denen sich Trump gegenüber sieht. Er ist für mich ein smarter Republikaner mit kulturellem Verständnis für die USA und Europa. Knower glaubt freilich, dass, wäre Trump nicht Präsident gewesen, die Justiz diesen Aufwand nicht betrieben hätte.
ZURÜCK ZU TRUMP: Die Verurteilung von Donald Trump Ende Mai in New York stellt jedenfalls ein historisches Ereignis dar. Die Entscheidung beendete Monate der juristischen Auseinandersetzungen, Wochen der Zeugenaussagen, Tage der Beratungen und einige nervöse Minuten, nachdem die Mitglieder der Jury den Gerichtssaal betreten hatten.
Der ehemalige Präsident wurde von zwölf Geschworenen einstimmig wegen 34 Fällen der Fälschung von Geschäftsunterlagen verurteilt, die im Zusammenhang mit einem Plan zur Vertuschung eines außerehelichen Verhältnisses mit der Pornodarstellerin Stormy Daniels im Jahr 2006 stehen. Diese intime Begegnung, die der ehemalige Präsident bestritt, führte zu einer Schweigegeldzahlung in Höhe von 130.000 Dollar, deren Verschleierung die 34 Anklagen wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen nach sich zog. Das Strafausmaß gegen ihn soll am 11. Juli verkündet werden, „natürlich“ legt er Berufung ein.
Hier sind fünf Erkenntnisse dieses denkwürdigen Prozesses
1. PLÖTZLICHES ENDE
Ein anfangs fast endlos scheinender Prozess endete überraschend schnell, fast plötzlich. Am Donnerstag, dem zweiten Tag der Beratungen, schien alles auf ein ruhiges Ende zuzusteuern. Dann kam plötzlich das Wort des Richters, Juan M. Merchan: Es gab ein Urteil.
Weniger als eine Stunde später begannen die Schlagzeilen mit „schuldig“ zu erscheinen. Die Entscheidung kam nur wenige Stunden, nachdem die Jury darum gebeten hatte, die Aussagen des ersten Zeugen noch einmal zu hören: David Pecker, des ehemaligen Verlegers des berühmt-berüchtigten Tratsch- und Skandalmagazins „National Enquirer“, vor allem seinen Bericht über ein Treffen 2015 mit Trump in dessen Tower.
Dabei hatte sich Pecker nach eigenen Angaben verpflichtet, nur positive Geschichten über Trumps Kandidatur zu veröffentlichen und negative zu unterdrücken. Auch die Aussage von Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen wollten die Geschworenen erneut hören. Diese beiden Zeugen dürften das Schicksal von Trumps Verteidigung besiegelt haben.
2. TRUMPS ANHÄNGER SIND NACHHALTIG WÜTEND
Und sogar mehr wütend noch als ihr 77-jähriges Idol. Trump gab sich unmittelbar bei der Urteilsverkündung relativ gefasst, wenn auch mit düsteren Gesichtsausdruck.
Nachdem er den Gerichtssaal verlassen hatte, äußerte er schon im Flur Kritik am Urteil und deutete an, dass die Wähler die Demokraten an der Wahlurne bestrafen würden. „Das wahre Urteil wird am 5. November von den Menschen gesprochen“, tobte er: „Und sie wissen, was hier passiert ist.“
Charlie Kirk, der Gründer von Turning Point USA, einer konservativen Gruppe, schlug vor, dass republikanische Bezirksanwälte sofort irgendwelche Demokraten untersuchen sollten. „Wie viele republikanische District Attorneys haben Mut, jetzt gegen Demokraten vorzugehen?“
Viel wichtiger ist aber die Frage: Wie weit werden aber die radikalen Trumpisten gehen? So weit wie jener Mob am 6. Jänner 2021, der nach der von ihm nicht anerkannten Abwahl Trumps das Parlament der USA zu stürmen versuchte?
3. STAATSANWALT ALVIN BRAGG WURDE GERECHTFERTIGT
Alvin L. Bragg, der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, riskierte seinen Ruf, indem er eine Verfolgung wieder aufnahm, die von einigen als „Zombie-Fall“ verspottet wurde.
Jetzt hat Bragg seinen Platz in der Geschichte als erster Staatsanwalt zementiert, der einen ehemaligen Präsidenten verurteilte. Seine eigene Rolle definierte er knapp: „I did my Job.“ Republikaner sehen das durchaus anders, vielleicht auch berechtigt?
4. TRUMP GILT FORMAL EINIGE WOCHEN ALS VERBRECHER
Vor seiner Verurteilung am 11. Juli wird Trump dieselbe Erfahrung machen wie jeder andere Verurteilte im New Yorker Gerichtssystem. Die Bewährungsabteilung der Stadt New York wird ein Interview führen und eine Empfehlung zur Verurteilung für Richter Merchan erstellen.
Während des Interviews kann ein Verurteilter gemäß dem New York State Unified Court System „versuchen, einen guten Eindruck zu hinterlassen und zu erklären, warum sie oder er eine leichtere Strafe verdient“.
Es drohen bis zu vier Jahre Gefängnis. Es ist unwahrscheinlich, dass über seine Berufung vor dem Wahltag entschieden wird.
5. DIE NATION BETRITT UNBEKANNTES TERRAIN
Es ist zu früh, zu wissen, wie sich das Urteil auf die Präsidentschaftskampagne weiter auswirken wird. Nichts in der Verfassung verhindert, dass auch ein Verurteilter Präsident wird.
Eines ist sicher: Trumps Verurteilung wird die Treue der amerikanischen Nation zur Rechtsstaatlichkeit auf eine harte Probe stellen.
Meine jahrelange rein juristische Beurteilung, dass Trump am Ende im Gefängnis landen könnte, scheint nicht mehr ganz unrealistisch zu sein.
Die Analyse ist der trend. edition+ vom Juni 2024 entnommen.
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