Wenn jemand stirbt, kommen auf Angehörige aus rechtlicher Sicht einige Entscheidungen zu, vor allem wenn ein Erbe vorhanden ist. Die Experten der D.A.S. Rechtsberatung der ERGO Versicherung AG erklären, wie ein dafür nötiges Verlassenschaftsverfahren abläuft. Plus: Checkliste für den Notar-Termin.
- Zweck eines Verlassenschaftsverfahrens
- So läuft ein Verlassenschaftsverfahren ab
- Checkliste für Unterlagen, die zum Notar mitzubringen sind
- Verlassenschaftsverfahren: Wozu der Notar berechtigt ist
- In welchen Fällen das Verlassenschaftsverfahren abgekürzt werden kann
- Verlassenschaft: Welche Wahlmöglichkeiten Erben haben
- So wird ein Verlassenschaftsverfahren abgeschlossen
Der Tod eines Angehörigen ist nicht nur ein trauriges Ereignis, es kommen auf die Hinterbliebenen auch mehrere Verpflichtungen zu, bevor sie das Erbe - falls vorhanden - antreten können. In jedem Fall wird jedoch ein Verlassenschaftsverfahren durchgeführt.
Zweck eines Verlassenschaftsverfahrens
Die Verlassenschaft unter Aufsicht des Gerichts dem rechtmäßigen Erben zu übergeben,
die Rechte minderjähriger Beteiligter zu sichern und
zu überwachen, dass der letzte Wille des Verstorbenen erfüllt wird.
So läuft ein Verlassenschaftsverfahren ab
1. Verlassenschaftsgericht übermittelt die Sterbeurkunde
Um ein Verlassenschaftsverfahren einzuleiten, müssen Angehörige nicht selbst tätig werden. Nach dem Tod eines Menschen wird der Staat automatisch aktiv. Das zuständige Standesamt verständigt das Bezirksgericht des letzten ordentlichen Wohnsitzes des Verstorbenen über das Ableben und übermittelt eine Sterbeurkunde. Das zuständige Bezirksgericht wird auch als Verlassenschaftsgericht bezeichnet. Es sendet in weiterer Folge dem nach einer bestimmten Verteilungsordnung zuständigen Notar die Sterbemitteilung.
2. Notar leitet Verlassenschaftsverfahren ein
Der Notar ist im Fall einer Verlassenschaft als Gerichtskommissär tätig und wickelt für die Gerichte die dafür nötigen Amtshandlungen ab. Das Gesetz in Österreich ermächtigt Notare, als Gerichtskommissäre, ein Verlassenschaftsverfahren durchzuführen. Ein Gerichtskommissär muss den Beteiligten unparteiisch bei der Abwicklung des Verfahrens zur Seite stehen und diese umfassend über ihre Rechte und Pflichten aufklären. Der Notar ist durch den Justizminister mit diesem öffentlichen Amt betraut und unterliegt der Aufsicht des Gerichts und der Notariatskammer.
3. Vermögen des Toten: Erstbesprechung mit dem Notar
Der Gerichtskommissär erhebt zunächst alle Umstände, die für die Verlassenschaftsabhandlung erforderlich sind. Dieser erhebt alle persönlichen und vermögensrechtlichen Daten des Verstorbenen. Der Notar lädt dazu jene Personen, von denen angenommen wird, dass sie über die persönlichen und vermögensrechtlichen Belange des Verstorbenen Bescheid wissen, zu einer Erstbesprechung ein.
Checkliste für Unterlagen, die zum Notar mitzubringen sind
Auflistung der nächsten Angehörigen (Ehegatten, Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister) mit Namen, Adressen, Geburtsdaten, Telefonnummern
Testamente im Original, Eheverträge, Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge (falls vorhanden)
Adoptionsurkunden, Gerichtsbeschlüsse über die Bestellung zum Sachwalter
Kostenaufstellung betreffend den Todesfall Rechnungen etwa von Bestattungsunternehmen, Grabstein (Auftragsbestätigung), Trauermahl, Blumen und Grabschmuck, Grabpflege, Todesanzeigen, Trauerbillets
Lohn/Pension: Arbeitgeber/Versicherungsanstalt und Sozialversicherungsnummer
Sparbücher im Original; Bankinstitute und Sparbuchnummern
Gehalts/Pensionskonten (letzte Auszüge): Bankinstitute und Kontonummern
Bausparverträge (letzter Auszug) mit Bausparinstitut und Vertragsnummer
Sonstige Konten, Depotkonten, Wertpapiere (letzte Auszüge): Bankinstitute und Kontonummern
Schließfächer und Safes: Bankinstitute und Fachnummern
Lebens-, und Sterbeversicherungen: Versicherungsunternehmen und Polizzennummern
Schulden: etwa offene Pflegekosten, Krankenhausbeiträge, Kredit und Darlehensschulden, Bürgschaften
Bei Faustfeuer-Waffen: Waffenpass, Waffenbesitzkarte und Waffennummern
Liegenschaften: Grundbuch und Einlagezahl, Einheitswertbescheid des Finanzamtes
Fahrzeuge: Zulassungsschein bzw. Typenschein und Versicherung
Verlassenschaftsabhandlung: Notar stellt die Erbberechtigten fest
Der Notar stellt im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung fest, welche Personen sowohl gesetzlich als auch testamentarisch erbberechtigt sind. Dann wird geklärt, ob die erbberechtigten Personen die Erbschaft ausschlagen oder das Erbe antreten.
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Verlassenschaftsverfahren: Wozu der Notar berechtigt ist
Anhand der Ergebnisse der Aufnahme des Todesfalls stellt der Notar fest, welche Vermögenswerte (Aktiva und Passiva) des Toten vorhanden sind.
Aufgrund der besonderen Stellung als Beauftragter des Gerichts ist der Notar befugt,
Auskünfte über Bankguthaben und Wertpapierdepots bei den jeweiligen Stellen einzuholen,
eine Bestätigung zur Vertretung und Nutzung des Nachlasses zu erteilen,
Bankguthaben zur Bezahlung der Begräbniskosten freizugeben,
letztwillige Urkunden im Zentralen Testamentsregister (ZTR) der österreichischen Rechtsanwälte oder das ZTR der Notariatskammer zu erheben und
Abfragen im Grundbuch nach dem Namen des Verstorbenen durchzuführen.
In welchen Fällen das Verlassenschaftsverfahren abgekürzt werden kann
Der Notar hat auch die Möglichkeit, das Verlassenschaftsverfahren deutlich abzukürzen. Wenn kein Antrag auf Fortsetzung gestellt wird, endet das Verfahren durch Beschluss und es gibt keine weiteren Termine mit dem Gerichtskommissär.
Ein Verfahren kann abgekürzt werden, wenn
kein Vermögen vorhanden ist
die Hinterlassenschaft weniger als 5.000 Euro beträgt
der Nachlass überschuldet ist.
Andernfalls kommt es zu einer sogenannten Verlassenschaftsabhandlung.
Verlassenschaft: Welche Wahlmöglichkeiten Erben haben
Die Erbberechtigten müssen vom Notar über die Haftung im Erbfall aufgeklärt werden. Rechtlich wird zwischen einem „bedingten“ und einem „unbedingten“ Erbantritt unterschieden.
Erbe ausschlagen
Stirbt jemand und hat zu diesem Zeitpunkt Schulden angehäuft, wie ein noch nicht abbezahltes Auto, Hypotheken oder überzogene Konten, stellt sich die Frage der Haftung der Erben. Erben sind nicht verpflichtet, die Verbindlichkeiten des Erblassers zu übernehmen und können das Erbe ausschlagen.
Bedingter Erbantritt: begrenzte Haftung
Gerade wenn Schulden vorhanden sind oder deren Höhe nicht genau feststeht, ist ein bedingter Erbantritt sinnvoll. In diesem Fall wird die eigene Haftung auf den Wert der Erbschaft beschränkt. Doch Vorsicht: Wird die Erbschaft nur bedingt angenommen, ist in manchen Fällen eine Schätzung der Höhe der Erbschaft durch einen Sachverständigen notwendig. Dieses Verfahren kann teuer und zeitaufwändig sein.
Unbedingte Erbantrittserklärung: Erbe haftet unbegrenzt
Sind keine oder nur geringe Schulden vorhanden, kann der Erbe eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben. Achtung: In diesem Fall haftet der Erbe mit dem eigenen Vermögen und das unbegrenzt.
So wird ein Verlassenschaftsverfahren abgeschlossen
Notar erstellt Protokoll über Anträge der Erben
Vom Notar wird ein Protokoll erstellt in dem alle Anträge der Erben verzeichnet sind. Je nach Art der Erbantrittserklärung (bedingt oder unbedingt) wird vom Gerichtskommissär ein Inventar aufgelistet oder mit den Erben die Vermögenserklärung erstellt.
Einantwortung: Erben erhalten Befugnis den Besitz zu übernehmen
Das Verlassenschaftsverfahren wird durch den sogenannten Einantwortungsbeschluss beendet. Dieser gerichtliche Beschluss wird den Erben vom Verlassenschaftsgericht zugeschickt. Darin wird festgehalten, wer zu welcher Quote Erbe ist. Durch den Einantwortungsbeschluss erhalten die Erben die rechtliche Befugnis, über den Nachlass, wie Liegenschaften und Konten zu verfügen.
Wann die Vorlage eines Einantwortungsbeschlusses notwendig ist:
Für den Grundbuchseintragung, wenn in der Verlassenschaft Liegenschaftsvermögen (z.B. Eigentumswohnung) vorhanden war
Betriebsauflösung durch Tod eines Unternehmers oder Gesellschafters für die Beendigung beim Finanzamt und Löschung aus dem Firmenbuch.
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Die ERGO Versicherung AG ist mit ihrer weit über 100-jährigen Erfolgsgeschichte eines der führenden Versicherungsunternehmen auf dem österreichischen Markt. Als Tochtergesellschaft der ERGO Austria International AG ist sie Teil der ERGO Group und somit der Munich Re, einem der weltweit führenden Rückversicherer und Risikoträger. Im Rahmen strategischer Kooperationen mit den Partnern UniCredit/Bank Austria und Volksbanken sowie über den eigenen Außendienst, angeschlossene Makler, Agenturen und den Direktvertrieb bietet sie ein kundenorientiertes, bedarfsgerechtes Produktsortiment an Lebens-, Kranken- und Schaden-/Unfall- sowie Rechtsschutzversicherungen für den privaten sowie betrieblichen Bereich an.
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