Vor kurzem kam ein Ehepaar in Reute in Tirol bei einer Attacke einer Kuh auf der Alm noch glimpflich davon. Eine Kuh rannte auf die Wanderer zu und stieß beide zu Boden. Die Frau kam mit einer Platzwunde davon, der Mann blieb unverletzt. Doch eine solche Begegnung kann auch anderes ausgehen. Schwere Körperverletzungen wie Rippenbrüche oder Verletzungen von Becken oder Wirbeln, auch mit Dauerfolgen, können die Folgen sein. So eine Kuh bringt schließlich um die 800 Kilo auf die Waage. Das Tier „verteidigt“ sich mit seinem ganzen Gewicht und seinen Hörnern. Auf der anderen Seite sind die Hundehalter nicht selten selbst daran schuld, weil und wenn sie sich – oft in Begleitung ihres Hundes – gegenüber Kühen und Kuhherden falsch verhalten.
Hohes Konfliktpotential, wenn Hund und Kühe aufeinander treffen
Wird ein Wanderer von einer Kuh angegriffen, ist zunächst der konkrete Sachverhalt entscheidend. Es macht einen Unterschied, ob das Tier gereizt oder provoziert wurde, beispielsweise durch unbedachtes Streicheln der Jungrinder. Besonders kritisch kann es werden, wenn ein Wanderer mit einem Hund eine Almwiese mit Kühen überquert. Denn ein solches Zusammentreffen ist der häufigste Grund, dass Kühe letztlich auf Menschen losgehen. Kühe sehen im Hund ein Raubtier, das ihren Nachwuchs bedroht. Hund und Kühe gemeinsam auf der Alm bergen immer ein Konfliktpotential, auch wenn dieser angeleint ist. So kann auch Hunde bei Gefahr an die Leine zu nehmen nicht ungefährlich sein, weil bei Kuhattacken der Wanderer zum Ziel wird, wenn sich der Hund hinter dem Wanderer versteckt. In diesem Fall sollte der Hund rechtzeitig von der Leine gelassen werden.
Tierhalter droht Alleinverschulden
Als Tierhalter sind Hundehalter selbstverantwortlich. Die D.A.S. Juristen: „Wer mit einem Hund durch eine Kuhherde marschiert, trifft an einer dadurch provozierten Kuhattacke eventuell ein Alleinverschulden“. Oft wird es vernünftiger sein, mit dem Hund umzukehren, anstatt blindlings durch die Kuhherde zu wandern.
Kuhattacke trotz angeleintem Hund: Bauer kein Fehlverhalten vorzuwerfen
Rechtlich gesehen haben die Angegriffenen, mit oder ohne Hund, keine guten Karten, wie jüngste Urteile zeigen. 2014 starb im Tiroler Stubaital sogar eine Frau nach einer Kuhattacke, nachdem sie mit ihrem angeleinten Hund auf einem Wanderweg eine Weide mit Kühen überquerte. Der Hund soll sich laut einem Zeugen zuvor nicht einmal aggressiv gegenüber den Kühen verhalten haben. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck konnte dennoch keine Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes, fahrlässiges Fehlverhalten des Landwirtes erkennen. Die D.A.S. Juristen: „Neben dem Strafrecht ist die zivilrechtliche Haftung praktisch bedeutsam. Relevant ist hier die Tendenz der Gerichte, dass an die almbewirtschaftenden Betriebe keine überzogenen Sorgfaltsanforderungen gestellt werden. Der Kuhhalter haftet nicht automatisch. Praktisch scheidet in vielen Fällen eine Haftung aus“.
Landwirt und Almbesitzer trifft keine Haftung
Auch 2015 wurde eine Frau, nachdem sie mit ihren beiden Jagdhunden eine Almweide überquerte, von einer Kuh angegriffen und verletzt. Der Weg war mit Warnschildern „Achtung Mutterkühe! Mitführen von Hunden auf eigene Gefahr“ gekennzeichnet. Die Frau forderte dennoch Schadenersatz, sowohl vom Bauern als auch vom Almbesitzer. Diese hätten ihrer Meinung nach der Pflicht zur sicheren Verwahrung der Kühe durch Aufstellung eines Warnschilds nicht ausreichend entsprochen und die Kühe mit einem Zaun vom Wanderweg fernhalten müssen. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof. Der gelangte zur Auffassung, dass keine Verpflichtung besteht, einen Weg, der durch eine Kuhweide führt, durch Zäune vom Weidegebiet abzugrenzen.
Aggressive Tiere sollen gesondert verwahrt werden
Der OGH stellte außerdem fest, dass aggressive Tiere gesondert zu verwahren sind und nach einem Vorfall, bei dem Mutterkühe auf Hunde aggressiv reagierten, zumindest eine Warnung durch Aufstellen eines Schildes geboten ist – in der Praxis sind solche Warnschilder auf den meisten Almen zu finden. Außerdem darf man laut OGH von Hundehaltern verlangen, dass diese über die mit dem Halten von Hunden typischerweise ausgehenden Gefahren Bescheid wissen.
Warnschilder für Almbesitzer empfehlenswert
Tierhalter sind gemäß den Tierhalterpflichten des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches verantwortlich, wenn diese nicht nachweislich für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung sorgen. „Um Zwischenfälle und daraus resultierende Haftungsfragen zu vermeiden, sind Almbesitzer und Landwirte gut beraten, aggressive Mutterkühe oder Stiere nicht auf die Alm treiben oder bei erkennbaren Verhaltensauffälligkeiten von der Alm zu nehmen“, empfehlen die Juristen der D.A.S.
Haftpflichtversicherung für Landwirte
Warnschilder sind jedenfalls erforderlich, wenn es bereits in der Vergangenheit zu Kuhattacken auf Wanderer gekommen ist. D.A.S. Juristen: „Aus juristischer Sicht ist es ratsam, Wanderer durch entsprechende Warnschilder auf das Risiko und Gefahrenpotential durch das Mitführen von Hunden auf Almweideflächen hinzuweisen“. Der Hinweis „Achtung Mutterkühe, Mitführen von Hunden auf eigene Gefahr“ ist dabei sinnvoller, als der Hinweis „Hunde an die Leine.“ Um für den Ernstfall gewappnet zu sein, ist jedoch für Landwirte eine Haftpflichtversicherung ratsam, die abhängig von den konkreten Umständen gegebenenfalls den Schadensfall abwickelt.
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