Heiße Drähte, aber nur wenig Bewegung - Österreichs Stromanbieter bleiben weiterhin abwartend vorsichtig.
©iStockphotoSTROM ist noch immer teuer. Umso mehr sollten sich Verbraucher mit alternativen Angeboten beschäftigen. ÖGVS-Test hat 22 ANBIETER geprüft und einen neuen Testsieger gefunden.
Einfach den Stecker ziehen ist keine Option, auch wenn die Energiekosten vielerorts schwer auf das Haushaltsbudget drücken. Ende Juni kritisierten Bundeswettbewerbsbehörde und Regulator, dass der Wettbewerb 2022 "zum Erliegen" gekommen sei. Ein Wechsel habe sich kaum rentiert, weil sich die meisten Anbieter auf ihr regionales Gebiet zurückgezogen haben, so die Aufseher. Ein rückläufiges Angebot beobachtet auch die Gesellschaft für Verbraucherstudien ÖGVS, die für den trend Anbieter getestet hat.
Am Prüfstand waren 22 Anbieter in zwölf Netzgebieten. 1.700 Tarifdaten wurden für den Test herangezogen, der über Mai und Juni lief. Berechnet wurden die Konditionen anhand dreier Verbrauchsszenarien: 2.000 kWh, 3.500 kWh, 5.000 kWh pro Jahr. Neukundenboni wurden nur geringfügig gewichtet, auch die Energiepreisbremse nicht berücksichtigt. Mit den reinen Tarifen konnten die Anbieter 50 Prozent am Gesamtergebnis erreichen, mit dem Service 25 Prozent, der Angebotsbreite 15 Prozent und dem Internetauftritt zehn Prozent.
Bei den Konditionen wurden ausschließlich Neukundentarife bewertet, und die haben sich im Jahresvergleich kaum verändert. "Die reinen Energiepreise lagen nur geringfügig unter denen des Vorjahrs", sagt der ÖGVS-Projektleiter Henrik Peperkorn. 2.000 kWh kosten knapp 500 Euro, 3.500 kWh gut 900 Euro und 5.000 kWh rund 1.300 Euro. "Erst durch die staatliche Unterstützung mit maximal 30 Cent pro Kilowattstunde kann bei geringem Verbrauch ein spürbarer Preiseffekt erreicht werden. Alles, was über die 2.900 kWh hinausgeht, schlägt voll zu Buche," sagt Peperkorn, der Verbrauchern generell rät, die Energiesauger im Haushalt im Blick zu haben.
Der Preiskampf um die Neukunden
Die besten Neukundenpreise offeriert die Energie Steiermark, gefolgt von der Österreich-Tochter der deutschen ENSTROGA und der Zwettler Firmengruppe Eigl mit der Marke AVIA, die viele vom gleichnamigen Tankstellennetz kennen. "Auch wenn größere regionale Preisschwankungen nicht erkennbar sind, bleiben die Preisunterschiede zwischen den Anbietern nach wie vor spürbar und sind auch kurzfristigen Änderungen unterworfen", sagt Peperkorn. "Wer wechselwillig ist, sollte sich auch tagesaktuell informieren."
Erste Adresse ist der Tarifkalkulator auf der E-Control-Website. Preise sind das eine, zum guten Angebot zählten im Test aber auch die Möglichkeiten darüber hinaus: In wie viele Netzgebiete liefert er? Wie viele Stromarten gibt es? Wie flexibel gibt er sich in der Vertragsgestaltung? "Die Erwartungshaltungen der Verbraucher sind unterschiedlich: Manche wollen unmittelbar von sinkenden Preisen profitieren, andere legen Wert auf Ökostrom", sagt Peperkorn.
Gleich fünf Anbieter konnten sich mit ihrer Bandbreite einen Spitzenplatz sichern: Drei Energie, Energie Steiermark, go green energy, Lidl Energie und Unsere Wasserkraft. Positiv aufgefallen ist, dass 16 der 22 Anbieter eine integrierte Gesamtrechnung (Netz+Strom) anbieten.
Die Nagelprobe: Service
Wie bei den jüngsten ÖGVS-Tests zu Direktbanken und Reiseversicherungen war der Kundenservice auch diesmal eine "besondere Nagelprobe", so Peperkorn. Die Anbieter sind seit 2022 mit hohem Kommmunikationsaufkommen konfrontiert: "Dass auch Anbieter mit günstigeren Strompreisen im Service mit den besten mithalten konnten, ist nur mehr bedingt der Fall. Von den zehn günstigsten Anbietern schafften es gerade einmal drei unter die Top Ten", resümiert der Experte.
Wer den günstigsten Preis will, muss sich beim Kundenkontakt auf Abstriche einstellen, etwa kostenpflichtige Hotlines, längere Wartezeiten, und damit rechnen, nicht immer kompetente Antworten auf komplexe Sachverhalte zu bekommen. Service-Testsieger war auch heuer wieder die go green energy GmbH mit ihren Submarken.
Der Internetauftritt war bei der Hälfte der 22 Anbieter "Sehr gut"
Tarifrechner, Informationen zu Wechsel und zu staatlichen Fördermaßnahmen werden gut kommuniziert. Fünf Anbieter kratzten sogar an der 100-Prozent-Marke: Drei Energie, und E.ON Energie Österreich, go green energy, Lidl Energie und Unsere Wasserkraft. "Das ist eine wirklich erfreuliche Entwicklung", so der Experte.
Mit Energie Steiermark gab es bei der diesjährigen Überprüfung einen neuen Sieger. Peperkorn bilanziert: "Mit den besten Konditionen und sehr überzeugenden Leistungen in allen anderen Kategorien konnte der steirische Landesversorger am stärksten überzeugen, gefolgt von Enstroga und Avia".
Letztere konnte den Platz drei aus dem Vorjahr halten. Das Anbieterfeld ist zwar kleiner geworden. Nun aber zeichnet sich ab, dass sich Wechsel bald wieder lohnen könnten. Die Energieallianz -bestehend aus Wien Energie, EVN und Burgenland Energie - bietet ihren 1,3 Millionen Stromkunden seit 6. Juli neue Preise an, sowohl für Bestands-als auch für Neukunden.
Die Bewertung
Getestet wurden gesamt 22 Anbieter:
Energie Steiermark
ENSTROGA
AVIA Energy Austria
MyElectric, MAXENERGY,
go green energy
Lidl Energie
Drei Energie
Voltino
Gutmann
oekostrom AG
Unsere Wasserkraft
smartENERGY
KELAG
VERBUND AG
Switch NUR Energie
Wüsterstrom E-Werk
MONTANA
AAE Naturstrom Vertrieb
goldgas
Grünwelt Energie
E.ON Energie Österreich.
12 Netzgebiete waren im Test:
Wiener Netze,
Netz Bgld
Netz NÖ
Netz OÖ
Linz Netz
Sbg Netz
Energie Klagenfurt
Kärnten Netz
Energienetze Stmk
TINETZ
IKB
Vorarlberger Energienetze.
Die ausführlichen Testergebnisse mit allen Details sind gegen 1.640 Euro zuzüglich USt. unter info@qualitaetstest.at erhältlich.
Der ÖGVS-Test ist aus trend.PREMIUM vom 7. Juli 2023.