In Österreich ist das Angebot an günstigen Stromtarifen ist groß - der Wille zum Umstieg ist aber noch gering.
©Elke MayrDas Sparpotenzial durch Wechsel des STROM-ANBIETERS nutzen die meisten Verbraucher nicht. Dabei ist das Angebot groß wie nie, die Preise attraktiv wie selten, zeigt die aktuelle ÖGVS-Studie.
Hohe Energiekosten bleiben eine finanzielle Belastung für Betriebe wie Haushalte. Energiesparmaßnahmen sind ein Weg zu niedrigen Stromrechnungen, der gezielte Anbieterwechsel ein anderer. Immerhin stieg die Wechselwilligkeit der Österreicherinnen und Österreich von 2022 auf 2023 um rund einen Prozentpunkt auf 3,2 Prozent. Das ist immer noch erstaunlich wenig angesichts eines offenbar steigenden Angebots.
Die ÖGVS – Gesellschaft für Verbraucherstudien – führt jährlich eine Studie zu den nationalen Stromanbietern durch und fand heuer gleich zwölf neue Marken vor. Gesamt 34 Anbieter (siehe auch Info-Box unten) flossen in die im Mai durchgeführte Studie ein.
Hauptanteil am Testergebnis liefern mit 50 Prozent die Konditionen. Herangezogen wurde der günstigste Tarif über verschiedene Netzgebiete. Neukundenboni wurden zu fünf Prozent in die Bewertung einbezogen. Mit dem Service konnten die Anbieter 25 Prozent erringen: Hier ging es vorrangig um die Leistung am Telefon (Mystery Calls), aber auch Kontaktmöglichkeiten wie Formulare oder Chats wurden berücksichtigt.
15 Prozent gab’s mit Angebotsvielfalt zu holen, etwa mit Preisgarantien, Mindestlaufzeiten oder Ökostromangeboten. Belohnt wurde auch die integrierte Rechnung. Weitere zehn Prozent war ein funktioneller und benutzerfreundlicher Internetauftritt wert. Verglichen wurden drei Szenarien mit 2.000, 3.500 und 5.000 kWh pro Jahr, berechnet anhand der an Regulator E-Control gemeldeten Tarife.
Billig und Boni
Wie bereits in den vergangenen Jahren fiel die große Bandbreite bei den Preisen auf. ÖGVS-Projektleiter Henrik Peperkorn: „Beispielsweise bot die oekostrom AG mit einem Netto-Energiepreis von gut 270 Euro für einen Verbrauch von 3.500 kWh in den untersuchten Netzgebieten den günstigsten Preis mit einem Floater-Tarif an und erzielte eine 98-Prozent-Bewertung bei den Konditionen.“
Positiv aufgefallen war dem Testteam, dass „einige Anbieter trotz niedriger Preise auch noch attraktive Neukundenboni anbieten“. Die gelten zwar meist nur ein Jahr, eröffnen aber eben noch mehr Spielraum für eine niedrigere Stromrechnung.
Bei der Angebotsvielfalt überzeugte go green energy mit einer „annähernd perfekten Bewertung“ – mit breiter Auswahl, flexiblen Modellen und langfristigen Preisgarantien kommt der Anbieter anscheinend wirklich allen nur denkbaren Verbraucherbedürfnissen nach. „Den unterschiedlichen Erwartungshaltungen der Verbraucher versuchen zahlreiche Anbieter bestmöglich Rechnung zu tragen“, sagt Peperkorn, „egal, ob bestimmte Stromarten wie Ökostrom oder dynamische Preisanpassung gewünscht werden.“ Generell eine erfreuliche Entwicklung: 24 der 34 untersuchten Anbieter haben integrierte Abrechnung.
Mit Bestleistungen beim telefonischen Support fiel E.ON Energie auf, und das mit gleich 96 Prozent. Projektleiter Peperkorn: „Die E.ON-Teams zeigten sich bei allen Testanrufen als besonders freundlich und kompetent, die Anfragen wurden schnell und überwiegend umfassend beantwortet.“
Erfreulich und außergewöhnlich zugleich, ist doch der Service, wie sich mittlerweile in zahlreichen ÖGVS-Studien gezeigt hat, oft verbesserungswürdig. Immerhin: Elf der 34 Stromanbieter überzeugten die Anrufer mit „sehr guten“ Leistungen.
Beim Internetauftritt gab es wirklich wenig zu beanstanden: Im Gegenteil, gleich sechs Anbieter (siehe Grafik unten) schafften sogar ein 100-Prozent-Ergebnis. Bis auf eine Handvoll Ausreißer waren alle Auftritte sehr gut oder gut.
Die Stockerlplätze gehen heuer an die oekostrom AG, die mit wirklich starken Konditionen überzeugte. Auf Platz zwei folgt go green energy, die mit Angebotsvielfalt und Internetauftritt glänzte, gefolgt von AAE Naturstrom, die mit sehr guten Konditionen und zuverlässigem Service auffiel.
Sind deklarierte Grünstromanbieter etwa am Vormarsch? „Diese Entwicklung ist nicht neu“, sagt Experte Peperkorn: „Grün- und Naturstrom haben am österreichischen Strommarkt immer eine bedeutende Rolle gespielt. Auch in den Vorjahren war klimaneutral erzeugte Energie prominent vertreten.“
Das jüngste Ergebnis ist für Peperkorn Anlass für einen Appell: „Es lohnt sich für Verbraucher wirklich, regelmäßig die Stromanbieter zu vergleichen und gegebenenfalls zu wechseln. Die Besten bieten nicht nur günstige Konditionen, sondern auch hervorragenden Service und eine große Tarifvielfalt.“
Servicetipp zum Schluss: Mit dem Tarifkalkulator von E-Control und AK (e-control.at) lässt sich der Bestanbieter für das eigene Verbrauchsverhalten leicht ermitteln. Wechseln zahlt sich aus.
Die ausführlichen Testergebnisse mit allen Details sind gegen 1.640 Euro zuzüglich USt. unter info@qualitaetstest.at erhältlich.
Der Test
Getestet wurden gesamt 34 Anbieter:
AAE Naturstrom, Auri, AVIA Energy, disk.energy, Drei Energie, E-WERK FRANZ, E.ON Energie, Elektrizitätswerke Bad Radkersburg, Energie AG OÖ, Energie Klagenfurt, ENERGIE Ried, Energie Stmk, fairnando, go green energy, Goldgas, Grünwelt Energie, Gutmann, KELAG, Lidl Energie, MAX-ENERGY, MONTANA, MyElectric, Naturkraft, oekostrom, redgas, smartENERGY, Stadtwerke Mürzzuschlag, Switch NUR ENERGIE, Unsere Wasserkraft, VERBUND, Voltino, W.E.B. grünstrom, wüsterstrom E-Werk, X-POWR 12 Netzgebiete waren im Test: Energie Klagenfurt, Energienetze Stmk, KNG-Kärnten Netz, IBK und TI-NETZ, Salzburg Netz, Vorarlberger Energienetze, Linz Netz, Netz Bgld, Netz NÖ, Netz OÖ und Wiener Netze.
Der Artikel ist aus trend.edition+ vom Juni 2024.
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