Der Bestand: eine großartige Möglichkeit Geld zu verschwenden

Wie bei jeder gut geführten Management-Maßnahme ist der erste Schritt, sich einen Überblick über die aktuelle Situation zu verschaffen. Ohne eine genaue Analyse des Ist-Zustands fehlt die Möglichkeit zur Messung von Verbesserungen. In der Bestandsoptimierung ist die ABC/XYZ-Analyse ein bewährtes Instrument zur Erreichung einer solchen Transparenz. Dabei werden die Artikel nach Häufigkeit der Verwendung (ABC) und Saisonalität des Verbrauchs (XYZ) kategorisiert.

Allerdings liefert diese Methode nur einen Teil des Gesamtbildes. Ohne die Gegenüberstellung der Bedarfssituation zum tatsächlichen Lagerbestand ist keine sinnhafte Aussage zum gesamten Bestandsvolumen möglich. Erst durch die Kombination mit einer RST-Analyse – die die durchschnittliche Lagerdauer eines Artikels ermittelt – entsteht ein vollständiges Bild von Beständen, Bedarfen und Reichweiten. Diese umfassende Transparenz ermöglicht es, gezielte Optimierungsmaßnahmen abzuleiten und den Bestand strategisch zu managen.

Ein effektives Bestandsmanagement erfordert individuelle Strategien für verschiedene Artikelkategorien. Einheitliche Maßnahmen für alle Lagersegmente greifen zu kurz – stattdessen müssen Zielreichweiten und Steuerungsmechanismen je nach Warengruppe und Unternehmensbereich differenziert betrachtet werden.

Unternehmen in der Lebensmittelbranche mit „Fast Moving Consumer Goods“ (FMCG) benötigen eine andere Bestandsstrategie als ein Hersteller von Industriegütern oder Ersatzteilen. Auch die Produktionsweise spielt eine entscheidende Rolle: Ein „Make-to-Stock“-Modell (MTS) erfordert andere Dispositionsrichtlinien als „Make-to-Order“-Produktion (MTO). Die Optimierung des Lagerbestands muss daher auf unternehmensspezifischen Erfahrungswerten basieren und kontinuierlich an Marktanforderungen angepasst werden.

Leider sind derartige Bemühungen keine Selbstläufer. Nicht nur, dass es zumeist verschiedene Bedarfsträger wie Verkauf, Einkauf oder Planung benötigt. Ohne einen kontinuierlichen PDCA-Zyklus („Plan-Do-Check-Act“) können erarbeitete Verbesserungen nicht beibehalten oder ausgebaut werden. Auch die Stabilisierung der Verbesserung (zB Dispositionsrichtlinien) und die ständige Anpassung an neue Anforderungen stehen danach im Fokus des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.

Ein optimierter Lagerbestand senkt nicht nur Kosten, sondern schafft auch finanzielle und operative Spielräume:

• Reduziertes Working Capital: Kapital wird für wertschöpfende Aktivitäten frei.

• Geringere Lager- und Logistikkosten: Weniger gebundenes Inventar reduziert die Notwendigkeit zusätzlicher Lagerflächen und minimiert Abschreibungen.

• Vermeidung von Lieferengpässen: Eine strategische Bestandshaltung gewährleistet eine gleichmäßige Produktion und zuverlässige Lieferfähigkeit – ein entscheidender Faktor für Kundenzufriedenheit und Wettbewerbsfähigkeit.

Ein gut gesteuerter Lagerbestand ist nicht nur ein Kostenfaktor, sondern eine strategische Stellschraube für Profitabilität und Wachstum. Unternehmen, die ihre Bestände aktiv managen und datenbasiert optimieren, verbessern ihre Liquidität, erhöhen die Effizienz und stärken langfristig ihre Marktposition. Wer das Bestandsmanagement nicht als administrative Notwendigkeit, sondern als Wettbewerbsvorteil begreift, erschließt erhebliche Potenziale für nachhaltigen Unternehmenserfolg.