In Frankreich haben die Olympischen Spiele für einen Ruck gesorgt, in den USA die Nominierung von Kamala Harris einem erstarrten System neue Dynamik eingehaucht. Und in Österreich? Jetzt wird gewählt, dann gejammert – und dann so weitergemacht wie bisher. Das Dilemma dieses Landes: Es regiert in vielen Bereichen die Schwerkraft, die in Österreich leider nicht mit „Kraft“ übersetzt wird, sondern mit „schwer“. Das politische System leidet an Trägheit.
Doch damit werden wir die vielfältigen Herausforderungen der Gegenwart und vor allem der Zukunft nicht bewältigen können. Wie immer die neue Regierung aussehen wird: Gefragt ist Handeln. Denn von alleine wird die Erderwärmung nicht aufhören, werden sich Wetterextreme, wie wir sie gerade mit sintflutartigen Regenfällen erleben mussten, nicht eindämmen lassen. Ohne entschlossenes Anpacken und passende Rahmenbedingungen wird die Transformation der Wirtschaft nicht gelingen. Und Kreislaufwirtschaft entsteht nicht, in dem man sich im Kreis dreht.
Vor allem: Nicht-Entscheiden kostet Geld. Österreich drohen Milliardenstrafen, wenn die Klimaziele verfehlt werden, wonach es derzeit stark aussieht. Ein Bürger aus Niederösterreich klagt die Republik aktuell vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), weil die Regierung zu wenig für den Klimaschutz tue – und damit zu wenig für den Schutz seiner Gesundheit. Wie auch immer dieses Verfahren ausgeht – das Menschenrecht auf effektiven Klimaschutz wird kommen.
WIRTSCHAFT & ÖKOLOGIE VEREINT.
Die Vergabepraxis für öffentliche Aufträge zeigt exemplarisch die Last der Schwerkraft. Die Entscheidungsprozesse dauern viel zu lange. Ist dann endlich eine Entscheidung getroffen, beginnt ein Genehmigungs-Marathon, gegen den die 42 echten Marathon-Kilometer wie eine Sprintstrecke wirken. Zudem sind die Kosten nach wie vor das entscheidende Kriterium für die Auftragsvergabe. ESG-Kriterien, langfristige ökologische und soziale Folgekosten? Ja eh, schon gehört, aber zu komplex für ein Vergabeverfahren. Dabei wäre es höchste Zeit, die öffentliche Auftragsvergabe neu zu denken. Bund, Länder und Gemeinden vergeben jährlich Aufträge im Wert von rund 70 Milliarden Euro – was ein gewaltiger Hebel im Kampf gegen den Klimawandel sein könnte. Man müsste ihn nur richtig einsetzen. Und das wäre gar nicht so schwierig. Das Konzept der „Blue Economy“ weißt den Weg: Statt Verzichtsdiskussionen wird der technologische Fortschritt vorangetrieben. Nachhaltigkeit wird als Geschäftsmodell der Zukunft verstanden, das wirtschaftliche und ökologische Ziele vereint, das Mensch und Umwelt in den Mittelpunkt stellt, ohne den wirtschaftlichen Nutzen dabei aus dem Blick zu verlieren.
NACHHALTIG STATT NUR BILLIG.
Ein „Blue Public Procurement“ bedeutet dann in der Praxis öffentliche Ausschreibungen, die Zukunftsfähigkeit und wirtschaftlichen Mehrwert gleichermaßen berücksichtigen. Bei denen Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft und Lebenszyklusbetrachtungen zentrale Kriterien sind. Und bei denen innovative, klimataugliche Strategien belohnt und regionale Vorzeigebetriebe gestärkt werden. So umgesetzt, kann Blue Public Procurement zu einem Schwungrad für die Transformation der Wirtschaft werden. Denn es bedeutet langfristige Kosteneinsparungen durch Energieeffizienz, geringere Instandhaltungskosten un bessere Wertbeständigkeit. Und ganz nebenbei wird die Innovationskraft von Unternehmen aktiv. Was das für die neue Regierung bedeutet: Bitte Handeln! Es braucht klare rechtliche Rahmenbedingungen, eine verschlankte Regulatorik und Anreize für „Blue Public Procurement“. Nur so können wir die enormen Potenziale der öffentlichen Vergabe für eine nachhaltige Zukunft nutzen!
Schiefer Rechtsanwälte
Vergaberechtsexperten in ganz Österreich
50 Experten setzen österreichweit an fünf Standorten Vergaberecht erfolgreich und professionell um. www.schiefer.at