"Es war die Höchststrafe für mich als Unternehmer. Man hat mir die Erwerbsgrundlage genommen und es gab keine Perspektive.“ Jürgen Hladovsky, Chef des Friseursalons kreHAARtiv im niederösterreichischen Ebreichsdorf, verstand während der COVID-19-Lockdowns oft die Welt nicht mehr: „Es wurden willkürlich dubiose Maßnahmen gesetzt. Als körpernahe Dienstleister mussten wir schließen, durften öffnen, mussten wieder schließen – das ewige Hin und Her hat es unmöglich gemacht, zu planen oder Termine zu vereinbaren.“
Die Folgen kann Hladovsky nun, nachdem der vierte Lockdown in Niederösterreich zu Ende ist, an seinem Terminkalender ablesen: „Wir haben viele Kunden verloren. Während unsere Salons geschlossen bleiben mussten durften die mobilen Friseure teilweise arbeiten. Das hat die Schwarzarbeit florieren lassen. Statt sich in einem Salon mit Sicherheitsauflagen, Test und Maske die Haare schneiden zu lassen haben die Leute in Wohnungen Friseur-Partys veranstaltet – ohne dass jemand kontrolliert hätte.“
Über den Tellerrand schauen
Er habe sich an die Innung gewandt, doch auch von dieser sei wenig Unterstützung gekommen. „Das Gespräch mit dem Bundesinnungsmeister war sehr ernüchternd“, resümiert Hladovsky. Ebenso wenig verstanden fühlt er sich von den politischen Entscheidungsträgern im Land. „Es wurden Maßnahmen beschlossen ohne über den Tellerrand zu schauen und nachzudenken, was diese Maßnahmen für die Menschen bedeuten, wohin das alles führt“, klagt der Unternehmer und Arbeitgeber von neun Mitarbeiterinnen an. „Menschen mit Schicksalen, die ihre Kredite und Mieten zahlen müssen und die sich ständig fragen, wie es weitergeht“, sagt er. Um den Mitarbeiterinnen zumindest die Geldsorgen zu nehmen und sie nicht zu verlieren hat er aus seinen Rücklagen das Kurzarbeit-Entgelt auf 100 Prozent des Normalverdiensts aufgestockt.
Der kreHAARtiv Salon in Ebreichsdorf
© kreHAARtivNun, nach dem vierten Lockdown, hofft Hladovsky nur noch, dass sich dieser Zustand nicht noch einmal wiederholt. Und falls doch, dann will er ehrliche, öffentlich geführte Gespräche und Erklärungen wenn Gesetze und Verordnungen beschlossen werden, die das Leben aller massiv beeinträchtigen: „Es fehlt in der Politik an Bürgernähe und Verständnis für die Menschen, die mit den Verordnungen leben müssen. Es kann nicht sein, dass mir als Unternehmer das Recht genommen wird, unternehmerisch tätig zu sein und dabei auch nicht zu wissen, wie lange es dauert.“
Typisch Österreich?
Auf die während der Corona-Pandemie von der Regierung getroffenen Maßnahmen ist der Inhaber des Friseursalons noch aus einigen weiteren Gründen nicht gut zu sprechen. So sei etwa auf die Lehrlinge und die Auszubildenden vergessen worden, die aufgrund der Pandemie ein ganzes Jahr verloren haben und nun am Arbeitsmarkt nur schwer vermittelbar sind. Die Entschädigungsanträge seien oft ein „typisch österreichisches Zettelwerk“ gewesen und nach sieben Monaten warte er teilweise immer noch auf Entschädigungen.
Wirklich typisch Österreich? Hladovsky auch in der schwersten Zeit seines Unternehmerlebens nicht die Schneid abkaufen lassen und hat Chancen und Möglichkeiten gesucht und genutzt, wo immer das möglich war. So hat er etwa mit der Pflege und dem Aufbereiten von Perücken begonnen, ein Click & Collect Service für Pflegeprodukte eingerichtet, Online-Schulungen angeboten und im Freien einen Lounge-Bereich für Kunden geschaffen, in dem sie Warte- oder Einwirkzeiten ohne Maske verbringen können. Auch um die Problematik der Flächenbeschränkungen nach dem Lockdown zu entschärfen. „Man wird kreativ. Versucht alles, was möglich ist“, kann der Friseurmeister dem Corona-Ausnahmezustand am Ende doch noch etwas Gutes abgewinnen. Jetzt müssen nur noch die Kunden wieder kommen.