Mit V2X (Vehicle-to-everything) können Elektrofahrzeuge Strom ins öffentliche Energienetz zurückspeisen. Darüber hinaus kann diese Technologie das Stromnetz stabilisieren und regenerative Energien unterstützen. Hyundai testet V2X mithilfe hierfür modifizierter IONIQ 5 in den Niederlanden und Deutschland. #letfuturetalk
Auf der IAA Mobility 2021 in München hat Hyundai bekanntgegeben, bis 2045 klimaneutral zu werden. Ab 2035 wird Hyundai in Europa ausschließlich vollständig emissionsfreie Fahrzeuge (ZEV, Zero Emission Vehicle) anbieten. Eine weitere Säule dieser Unternehmensstrategie ist die Entwicklung sauberer Mobilitätslösungen und -technologien. Dazu zählt auch die Vehicle-to-Everything-Technologie, kurz V2X. Sie fasst eine Reihe technologischer Innovationen zusammen, die das Stromnetz stabilisieren und den Einsatz erneuerbarer Energiequellen unterstützen können.
Die V2X Technologie ermöglicht es, Strom aus den Batterien von BEVs in das öffentliche Stromnetz (englische Bezeichnung: grid) einzuspeisen. Durch den Einsatz von BEVs als Stromlieferanten profitiert die Energielandschaft, denn Besitzer eines E-Fahrzeugs können aktiv zur Stabilisierung ihres lokalen Stromnetzes beitragen.
Um die Auswirkungen des Klimawandels zu dezimieren, beziehen viele Staaten immer mehr erneuerbare Energiequellen in ihren Energiemix ein. Die V2G-Technologie kann diesen Prozess zusätzlich unterstützen, indem sie CO2-Emissionen reduziert und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert. Anstatt Kraftwerke mit hohem Emissionsausstoß zu betreiben, kann das Stromnetz z.B. nachts, bei Windstille oder zum Abfedern von Spitzenlasten auf in den Hochvoltbatterien der E-Fahrzeuge gespeicherten grünen Strom zurückgreifen, da dieser ursprünglich aus Sonnen- oder Windenergie stammt.
V2G zur besseren Steuerung des Energiebedarfs
Wird ein Elektrofahrzeug beispielsweise nach der Arbeit nicht unmittelbar für Fahrzwecke genutzt, sondern steht mehrere Stunden auf einem öffentlichen oder privaten Parkplatz, kann die im Akku gespeicherte Energie oder Teile davon über eine spezielle Ladesäule an das Netz zurückgegeben werden. Dieser Strom steht dann lokalen Energieversorgungsunternehmen und im nächsten Schritt wiederum anderen Nutzern zur Verfügung. In Kombination mit einer flexiblen Stromtarifgestaltung können die Besitzer ihre BEVs rechtzeitig und zu niedrigeren Kosten in den Schwachlastzeiten aufladen, sodass das E-Fahrzeug wieder über genügend Batteriekapazität verfügt. Die Netzbetreiber profitieren bei diesem System gleichzeitig von signifikant niedrigeren Betriebskosten beispielsweise durch den Wegfall von Zwischenspeichern.
Um V2G unterstützen zu können, müssen BEVs mit der richtigen Hardware ausgestattet sein. Dazu gehört ein bidirektionales Ladegerät, das sowohl das Laden als auch das Entladen der Antriebsbatterie des Fahrzeugs ermöglicht. Für die adäquate Steuerung dieser Funktionen bedarf es außerdem einer hierfür angepassten Software.
Strom aus dem BEV für Zuhause nutzen
Elektrofahrzeuge könnten darüber hinaus auch Haushalte und Gebäude mit Strom versorgen. In einem geschlossenen elektrischen Ökosystem, das unabhängig vom öffentlichen Stromnetz ist, versorgt ein BEV ein Haus mit Strom und senkt so nicht nur die Energiekosten des Haushalts, sondern reduziert auch die Nachfrage im lokalen Stromnetz. Diese Nutzung des BEV-Stroms ist unter dem Begriff Vehicle to Home (V2H) zusammengefasst oder wird als Vehicle to Building (V2B) bezeichnet, wenn die in E-Fahrzeugen gespeicherte Energie zur Versorgung eines Gebäudes, beispielsweise eines Bürokomplexes, genutzt wird.
Modifizierte Hyundai IONIQ 5 in zwei V2X-Pilotprojekten
Hyundai führt derzeit in den Niederlanden und in Deutschland zwei vielversprechende V2X-Pilotprojekte mit modifizierten Hyundai IONIQ 5 durch: jeweils eines mit dem Fokus auf V2H und V2G.
Hyundai unterstützt in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Mobilitätsanbieter “We Drive Solar” die Stadt Utrecht dabei, die erste bidirektionale Stadt der Welt zu werden. Im Rahmen des Projekts wird “We Drive Solar” zunächst eine Flotte von 25 Hyundai IONIQ 5 für eine Carsharing-Lösung bereitstellen, die Bewohnern jüngst entstandener Wohnsiedlungen angeboten wird. Im nächsten Schritt soll die von Hyundai in den modifizierten IONIQ 5 eingesetzte V2G-Technologie über die von “We Drive Solar” hierfür entwickelten öffentlichen Ladesäulen getestet werden.
Das V2H-Pilotprojekt in Deutschland wird von Hyundai CRADLE (Centre for Robotic-Augmented Design in Living Experiences) Berlin durchgeführt. Dabei wird die Möglichkeit getestet, innerhalb eines geschlossenen Energiesystems den Strom mit dem Haus zu teilen. Mehrere modifizierte Hyundai IONIQ 5 sind dabei mit demselben bidirektionalem On-Board Charger ausgestattet, der bereits jetzt in den Serienmodellen zum Einsatz kommt. Allerdings verfügen die Pilotfahrzeuge über eine spezifische Software, um die V2H-Technologie unter Alltagsbedingungen zu erproben.
Hyundai setzt auf V2G-Technologie in seinen Fahrzeugen
Bereits heute erlaubt die von Hyundai entwickelte Electric Global Modular Platform (E-GMP) des IONIQ 5, externe elektrische Geräte aufzuladen und mit Strom zu versorgen. Hiermit lassen sich während der Fahrt oder im Stand beispielsweise E-Bikes, E-Scooter oder Notebooks mit bis zu 230-Volt-Wechselstrom speisen. Diese Technologie wird Vehicle to Load (V2L) genannt und liefert eine Leistung von bis zu 3,6 Kilowatt. Diese reicht aus, um beispielsweise eine mittelgroße Klimaanlage oder einen 55-Zoll-Fernseher bis zu 24 Stunden lang zu betreiben.
V2L und V2G sind technisch verwandt, arbeiten jedoch mit unterschiedlichen Softwarelösungen. Für den Austausch der Energie mit dem Stromnetz im Rahmen von V2G muss zunächst ein Kommunikationsprotokoll zwischen dem BEV und dem Netz definiert werden. Hyundai plant, den für bidirektionales Laden geeigneten On-Board Charger, der auch in den Serienmodellen des IONIQ 5 verbaut ist, zu einem späteren Zeitpunkt auch für die V2G-Technologie nutzbar zu machen. Darüber hinaus wird Hyundai in naher Zukunft ein neues Elektrofahrzeug vorstellen, welches bereits ab Werk über die V2G-Technologie verfügt.
Über CRADLE
Hyundai CRADLE (Centre for Robotic-Augmented Design in Living Experiences) ist das Corporate Venturing- und Open-Innovation-Unternehmen der Hyundai Motor Company. Die Unternehmenstochter wurde gegründet, um die Entwicklung fortschrittlicher Zukunftstechnologien zu beschleunigen. Dafür wird in globale Start-ups investiert, die zum Beispiel künstliche Intelligenz, Robotik, Mobility-as-a-Service (MaaS), intelligente Energielösungen und Smart Cities entwickeln. CRADLE hat weltweit Zentren an fünf Standorten: Berlin, Silicon Valley, Tel Aviv, Seoul und Peking.
Über “We Drive Solar”
“We Drive Solar” mit Sitz in den Niederlanden ist ein führender lokaler Mobilitätsanbieter, der Lösungen für Mobilität und Energiesysteme der Zukunft integriert. Das Unternehmen baut derzeit ein neues Energiesystem mit Tausenden von Solarzellen sowie Hunderten von Elektrofahrzeugen und intelligenten Ladestationen auf. Die Autos von “We Drive Solar” werden mit lokal erzeugter Solarenergie von 25 Schuldächern betrieben. Ziel des Unternehmens ist es, E-Fahrzeuge, Energieerzeugung und lebenswerte Städte für eine nachhaltige Zukunft zu kombinieren.