Plastik-Pionier. Werner Kruschitz hat rund um Völkermarkt ein Cluster für Kunststoffrecycling aufgebaut. Jüngstes Projekt: ewige Nutzung dank chemischem Recycling.
©RMKKärnten hat sich zu einem Hotspot der Green Economy entwickelt. Eines der Erfolgsrezepte: Kooperationen zwischen Unternehmen sowie mit Schulen und Forschungseinrichtungen.
Anfang August wird der Schalter umgelegt: Dann startet bei der Firma SynCycle Operations in Völkermarkt eine Pilotanlage zum chemischen Recycling von Kunststoffen. Der große Vorteil der neuen Technologie: Im Gegensatz zum herkömmlichen mechanischen Zerkleinerungsverfahren müssen die Kunststoffverpackungen nicht sortenrein getrennt sein. Auch Verschmutzungen stören nicht, da beim chemischen Verfahren praktisch neuwertiger Kunststoff gewonnen wird, der dann auch für Pharma- und Lebensmittelverpackungen verwendet werden kann, was bisher nicht möglich war.
„Besser als neu“, so preist Werner Kruschitz lachend sein neues Recyclingprodukt an. Er ist Initiator und Kopf hinter der 3,9 Millionen Euro teuren Pilotanlage. Sein Ziel: „Kunststoffe vor den Flammen zu retten“. Seine neue Anlage ermögliche es, Kunststoffe unendlich oft zu recyceln, statt sie wie bisher zur Energiegewinnung schlicht zu verbrennen.
Zusammenarbeit mit HTL.
Seit 40 Jahren beschäftigt sich Kruschitz mit Kunststoffen und hat im Laufe der Jahrzehnte eine ganze Reihe von Recyclingfirmen in Völkermarkt gegründet, sodass dort ein informelles Cluster entstanden ist. Jüngster Coup des umtriebigen Pioniers: eine Kooperation mit der HTL Ferlach. Ab dem Schuljahr 2022/23 wird das Bildungsangebot dort um eine Fachschule für Kunststoff- und Recyclingtechnik erweitert. Für Kruschitz ein wichtiger Schritt, um die für die Kärntner Green-Tech-Unternehmen notwendigen Facharbeiterinnen und Facharbeiter zu bekommen.
Das Völkermarkter Recycling-Mekka ist nur ein Beispiel für die starke Aktivität von Green-Tech-Unternehmen im südlichsten Bundesland. Längst hat sich Kärnten auch international als Green-Economy-Region etabliert. Das Erfolgsgeheimnis dahinter sind neben unbeirrbaren Pionieren wie Werner Kruschitz vor allem Kooperationen zwischen Unternehmen, aber auch die enge Verbindung mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen, wie sie im Klagenfurter Lakeside Park und dem High Tech Campus Villach täglich praktiziert werden.
Gutes Zusammenspiel.
„Die extrem hohe Kooperations- und Forschungsintensität der Beteiligten und das gute Zusammenspiel von Unternehmen, Forschungseinrichtungen und öffentlicher Hand“, so beschreibt auch Bernhard Puttinger die Kärntner Erfolgsformel. Das von ihm geleitete Green Tech Valley ist dafür ein exzellentes Beispiel. Ursprünglich in der Steiermark gegründet, hat sich Kärnten 2005 dieser Initiative angeschlossen, um die vorhandene Kompetenz durch Austausch und Kooperationen weiter auszubauen. Eine gute Entscheidung: Denn mittlerweile sind über 300 Unternehmen und Forschungseinrichtungen Teil dieses Netzwerks und beschäftigen sich intensiv mit Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft, Recycling und Kreislaufwirtschaft. Rund 20 Betriebe davon sind globale Technologieführer – und das im Umkreis von nur einer Fahrstunde. Und durch die Eröffnung des Koralmtunnels rücken die Kärntner und die steirischen Green-Tech-Betriebe geografisch noch näher zusammen. „Gemessen an der Wirtschaftskraft Kärntens gibt es im Green-Tech-Bereich eine starke Konzentration, die dem Wirtschaftsstandort eine exzellente Ausgangsposition in der grünen Transformation bietet“, betont auch Valley-Manager Puttinger.
Auf Kooperation setzen auch die sechs Kärntner Unternehmen, die sich im Lavanttal zur „Competence Group for Clean Production“ zusammengeschlossen haben. Der Startschuss dafür fiel bei einem Entwicklungsprogramm für Lieferanten des Landes Kärnten. „Wir haben dieses Förderprogramm besucht und schnell festgestellt, dass die sechs Unternehmen ähnliche Ansätze haben, um innovativ die Zukunft zu gestalten“, schildert Franz Grünwald, als Eigentümer und Geschäftsführer des Elektro- und Automatisierungsspezialisten PMS Mitglied des Clusters, die Entstehungsgeschichte.
Vordergründig geht es dem Unternehmensbündnis darum, gemeinsam Aufträge an Land zu ziehen und gemeinsam größere Projekte zu stemmen. Doch dahinter steckt noch mehr: „Voneinander lernen, gemeinsam innovative Lösungen und Projekte entwickeln, gemeinsam Türen zu öffnen, die jedem Einzelnen verschlossen blieben, weil vielleicht Kontakte und Referenzen fehlen“, so beschreibt Unternehmer Josef Ortner wesentliche Aspekte der Zusammenarbeit – ein Netzwerk von KMU, die so gemeinsam auf Augenhöhe mit ihren Kunden aus der Großindustrie auftreten können.
Im Fokus der Competence Group, zu der neben PMS und Ortner Reinraumtechnik auch die Anlagenbauer SMB und M. Wulz, Oswald Gebäudetechnik und G+H Ziviltechniker gehören, stehen die Themen Mikroelektronik, Automatisierung und Reinraumtechnik für industrielle Kunden.
KMU-Netzwerk für große Ideen.
Ein erstes gemeinsames Projekt der Gruppe war die Idee eines Servicecenters für Lieferanten und Dienstleister des Pharmawerks von Sandoz im Tiroler Kundl. Das dreigeschoßige Gebäude mit einer Gesamtfläche von 1.200 Quadratmetern umfasst Büro- und Besprechungsräume sowie 1.000 Quadratmeter Lager und Werkstätten. Ein besonderer Fokus lag bei Planung und Errichtung des Gebäudes und speziell bei der Energieversorgung auf ökologischen Aspekten. So wurde das Gebäude in Fertigteil-Holzbauweise errichtet, für Energie sorgt eine eigene Photovoltaikanlage. Ein ähnliches Projekt wird gemeinsam gerade in Villach umgesetzt, der Mikroelektronik-Servicepark in Nachbarschaft zu Infineon.
Weiteres praktisches Kooperationsbeispiel ist die Errichtung einer biopharmazeutischen Produktionsanlage für Boehringer Ingelheim in Wien, die SMB Pharmaservice und Wulz Anlagenbau gemeinsam ausgeführt haben. Gewisse Basismaterialien und Werkzeuge, vom Gerüst bis zur Leiter, werden gemeinsam angeschafft und genutzt.
Auch das Competence-Sextett setzt auf Kooperationen mit Bildungseinrichtungen: Seit vier Jahren gibt es im Lavanttal in den Räumen des Unternehmens PMS eine Außenstelle der Fachhochschule Villach, über die berufsbegleitend Systems Engineering studiert werden kann. Ab Herbst 2024 wird dieses Angebot um die Bachelor-Studiengänge Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen erweitert.
Das nächste Projekt der engagierten sechs: ein erweitertes Nutzungskonzept für den Verschiebebahnhof Fürnitz. „Wir haben Ideen gesammelt und eine Machbarkeitsstudie mitfinanziert“, sagt Ortner, „und dabei die Stärkefelder Holz als Werkstoff sowie Lebensmittel identifiziert.“ Also Regionalentwicklung statt immer nur Reinräume – für innovative Unternehmen keine Hürde.
Weitere Informationen zum Standort Kärnten finden Sie unter www.carinthia.com
Ausbau der Innovationszentren
Rund 200 Millionen Euro sollen bis 2028 in den Ausbau des High Tech Campus Villach investiert werden. Auf zusätzlichen 40.000 Quadratmetern werden Start-ups, Spin-offs von Hochschulen sowie Forschungsinstitute Platz finden. Der Fokus liegt auf dem Thema Mikroelektronik. Erst im vergangenen Sommer hatte der High Tech Campus für Schlagzeilen gesorgt, als dort für Silicon Austria Labs (SAL) ein imposanter, neuer Forschungsreinraum eröffnet wurde, mit 1.100 Quadratmetern der größte Österreichs. Erweitert werden soll auch der Lakeside Park Klagenfurt. Der Technologiepark soll um vier Gebäude mit insgesamt 16.000 Quadratmetern vergrößert werden, Investitionsvolumen 48 Millionen Euro.
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