Um die technischen Möglichkeiten der KI wirklich ausschöpfen zu können, müssen Unternehmen zuerst die Voraussetzungen schaffen: technisch, juristisch und organisatorisch.
Mit ChatGPT wurde der Funke gezündet. Der Bot führte der Weltöffentlichkeit vor Augen, was mit generativer KI heute möglich ist. Seit November 2022 wird in Unternehmen intensiv darüber nachgedacht, bei welchen Arbeitsabläufen Automatisierungen Sinn machen könnten. Zudem werden Programme, die bereits im Einsatz sind, von den IT-Herstellern standardmäßig mit immer mehr KI-Optionen aufgerüstet. Besonders offensichtlich wird das derzeit in der Büroorganisation, wo Platzhirsch Microsoft mit seinem „Copilot“ viele Arbeitsschritte sparen will.
Österreichische Unternehmen sind im KI-Fieber: Quer über alle Firmengrößen setzen schon elf Prozent einschlägige Produkte ein, hat die Statistik Austria 2023 ermittelt. Bei KMU (mit bis zu 49 Mitarbeitenden) sind es erst neun Prozent, bei großen Unternehmen ab 250 Personen bereits 35 Prozent. Am stärksten verbreitet ist KI in der IT- und Kommunikationsbranche, gefolgt von Immobilienbereich, Energieversorgern und Warenherstellern.
Geschätzt wird die Fähigkeit der KI, in kürzester Zeit große Datenmengen zu analysieren und gezielte Auswertungen zu liefern. Neben automatisiertem Reporting ist KI nach entsprechendem Training auch stark darin, aus Daten Dienstleistungen und Angebote für einzelne Personen „maßzuschneidern“ und so etwa aus Kundendaten Angebots vorlagen zu liefern. Gerade im Kundenservice – einer Branche mit großem Arbeitskräftemangel – können solche Systeme stark unterstützen oder Standardanfragen bereits autonom abwickeln.
Im Unternehmensumfeld kann der „KI-Turbo“ aber nicht einfach freigeschaltet werden: Da in der Regel auch Kunden- und Mitarbeiterdaten betroffen sind, müssen die juristischen Grundlagen geschaffen werden, die Datenverarbeitung selbst muss auf sicheren – nicht öffentlichen – In stanzen passieren. „Sind sensible oder persönliche Daten im Spiel, sollten Sie vorsichtig sein, da es oft undurchsichtig ist, was mit den Daten wirklich geschieht und wo sie gespeichert bzw. verwendet werden“, sagt Daniel Fallmann, CEO von Mindbreeze, der sich seit Jahrzehnten mit KI beschäftigt.
11 PROZENT
der österreichischen Unternehmen arbeiten mit KI, bei mittelgroßen sind es 17 Prozent, bei großen 35 Prozent.
Ist die Datensicherheit technisch und juristisch sichergestellt, gilt es, die Mitarbeitenden auf diesen Wandel vorzubereiten. Manche sind technisch versiert und begeistert von den neuen Möglichkeiten, manche verunsichert und fürchten vielleicht um ihren Arbeitsplatz. Sind die Produkte identifiziert, empfiehlt es sich, mit Pilotprojekten zu starten und Schulungen anzubieten, damit vom neuen effizienten Arbeiten am Ende alle profitieren.
PRODUKT
KI FÜR AUSSCHREIBUNGEN.
Vor zwei Jahren wurde das Ökosystem Mindbreeze BDI (Business Decision Insights) geschaffen, in dem Unternehmen auf Basis von „Mindbreeze InSpire“ eigene Lösungen bauen können. Jüngstes Beispiel ist „Mindbreeze InTend“, ein KI-gestütztes Tool, mit dem Ausschreibungen extrem effzient bearbeitet werden können. Es unterstützt bei der Auswahl der passenden Ausschreibungen, trägt automatisiert die Informationen aus dem Unternehmen zusammen und schlägt personalisierte Antworten auf Ausschreibungsfragen vor.
„DER KI-NUTZEN NIMMT FORMEN AN“
KI-Experte und Mindbreeze-CEO DANIEL FALLMANN spricht über spannende Einsatzmöglichkeiten, proaktives Risikomanagement und spektakuläre 360-Grad-Einsichten in die eigenen Firmendaten.
Sie haben sich schon mit KI beschäftigt, als viele Menschen dieses Kürzel noch nicht einmal kannten. Wie ordnen Sie die aktuellen Entwicklungen ein?
Es freut mich, dass das Thema von der rein technischen zu einer recht nutzenorientierten Diskussion geworden ist. Dadurch ist das Bewusstsein für KI in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen und jeder Einzelne überlegt, wie und wofür er diese Werkzeuge nutzen kann. Denn die globale Verfügbarkeit von Tools wie ChatGPT hat dazu geführt, dass der Nutzen von KI inzwischen sehr konkrete Formen annimmt. Breite Einsatzgebiete wie zum Beispiel in der Bildung, in der Wirtschaft und in der Medizin sind extrem spannend.
Experten wie Sie waren vom technischen Fortschritt weniger überrascht als vom daraus folgenden Hype, richtig?
In Wirklichkeit begleiten uns KI-Technologien schon viele Jahre. Insbesondere die Fähigkeit, strukturierte und unstrukturierte Daten zu verarbeiten und Fakten zu extrahieren, ist nicht neu. Zum Beispiel ist unsere KI-basierte Posteingangsklassifizierung und automatisierte Weiterleitung an die zuständigen Personen bei einem großen Finanzdienstleister seit mehr als einem Jahrzehnt im Einsatz.
Genau dieser professionelle Einsatz und wie er aussehen kann, beschäftigt Unternehmen, die noch nichts im Einsatz haben, zurzeit sehr stark. Worauf sollten diese achten?
Es kommt natürlich darauf an, wofür die KI eingesetzt wird. Sind sensible oder persönliche Daten im Spiel, sollten Sie vorsichtig sein, da es oft undurchsichtig ist, was mit den Daten wirklich geschieht und wo sie gespeichert bzw. verwendet werden. Etwaige datenschutzrechtliche Risiken muss man betrachten und diese auch proaktiv managen, anstatt sie passiv in Kauf zu nehmen. Dabei müssen Unternehmen zusätzlich beachten, dass ö entlich zugängliche KI-Tools wie ChatGPT ihre Antworten nur aus jenen Daten generieren, mit denen sie trainiert wurden, und diese keinerlei Detailkontext zum eigenen Unternehmen und Unternehmensgegenstand haben.
Wie können Unternehmen das wettmachen? Wie können große Sprachmodelle Antworten aus eigenem Firmenwissen generieren?
Stark im Kommen ist eine Kombination aus faktenbasierten Fachinformationen, dem spezifischen und oft hochsensiblen „Know-how“ des Unternehmens und dem allgemeinen Sprachverständnis eines LLMs. Technologisch geht es hier um eine Kombination von LLM und Insight Engine, die unter dem Fachbegriff Retrieval Augmented Generation (RAG) bekannt ist. Eine Insight Engine verbindet, versteht und vernetzt dabei existierende Unternehmensinformationen aus allen relevanten Datenquellen des Unternehmens, das LLM generiert aus diesen bereitgestellten Informationen Antworten.
Können Sie den Einsatz mit einem praktischen Beispiel illustrieren?
Unternehmen setzen eine solche Kombination etwa im Kundensupport ein, um automatisierte Antworten auf Basis vorangegangener Supporttickets zu generieren. Diese Automatisierung ermöglicht eine effiziente und schnelle Kommunikation 24/7 und erspart dem Supportteam viel Arbeit. Noch interessanter für Unternehmen finde ich jedoch eine andere Funktion von Insight Engines: die Generierung von interaktiven 360-Grad-Sichten auf Informationen. Dabei handelt es sich um eine Rundumsicht auf jedes beliebige Objekt im Unternehmen, etwa auf Kunden, Produkte, Personen oder ein Bauteil.
Die Sicht ist unterschiedlich, je nach Abteilung und Position. Wie sieht so eine individuelle Sicht aus?
Die Sichten sind tatsächlich auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten, je nach Abteilung, Tätigkeitsbereich und Rolle im Unternehmen. Zum Beispiel unterstützen 360-Grad-Sichten im Engineering dabei, alle relevanten Informationen zu einem bestimmten Flugzeugteil oder einer anderen Anlage zu sammeln, einschließlich Handbücher, Firmware-Updates und Produktlebenszyklus-Informationen. Das ermöglicht eine effiziente Wartung und Instandhaltung. Für eine Kundenansicht enthalten diese Informationen neben den allgemeinen Kundendaten auch die Bestellhistorie, Supporttickets und Ansprechpartner. Im Bereich Einkauf und Beschaffung liefern 360-Grad-Sichten Informationen zum Lagerbestand, zu Lieferanten und zu zertifizierten Ersatzteilen.