Amundi Austria lud am 21. Oktober zum ESG-Event in das Palais Niederösterreich in Wien, um das besagte Spannungsfeld „Wirtschaft-Investieren-Klima“ auszuloten. Ebenso prominent wie das Thema auch die Besetzung und die Expertise der Veranstaltung: Neben Christoph Badelt für die Sicht des Wirtschaftswissenschafters und Marcus Wadsak aus der Sicht des Meteorologen und Bestseller-Autors zum Klimawandel, kamen renommierte Anlageexperten aus dem In- und Ausland zu Wort. Amundi brachte geballte Investment-Expertise auf die Bühne des Palais Niederösterreich, zur wohl wichtigsten Frage unserer und der folgenden Generationen.
Gastgeber Gabriele Tavazzani, CEO Amundi Austria, skizzierte in seiner Begrüßung, dass wir gerade erst am Beginn eines massiven strukturellen Wandels der globalen Wirtschaft stehen. Bis 2050 müsse laut dem Weltklimarat das Ziel einer „Net Zero“-Economy erreicht werden und dafür seien Investitionen im Ausmaß von schätzungsweise 50 bis 150 Billionen Dollar erforderlich. Amundi hat Nachhaltigkeit von Anfang an zu einer tragenden Säule seines Geschäftsmodells gemacht und ist heute führend bei verantwortungsvollem, nachhaltigem Investieren. Jeder Euro, der in nachhaltige Investments fließt, hat nicht nur das Potenzial, zu einer besseren Welt beizutragen sondern bietet auch die Chance auf attraktive Erträge.
Jean-Jacques Barbéris, Head of Institutional and Corporate Clients Division & ESG bei Amundi, kam in einer Videobotschaft zu Wort: „Die Covid-Krise hat den Trend zur Nachhaltigkeit weiter beschleunigt. Zuflüsse in ESG-Investments gibt es in allen Regionen, allen Asset-Klassen und Investmentstilen. So machten im Jahr 2020 ESG-Investments rund 80 Prozent der Mittelzuflüsse in Fonds von Amundi aus.“
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Keynote von Christoph Badelt
"Was macht die Klimakrise mit Wirtschaft, Finanzmärkten und der Gesellschaft aus Sicht des Wirtschaftswissenschafters?", dieser Frage ging em. o. Univ. Prof. Dr. Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrats, nach. Über das erforderliche Investitionsvolumen in Österreich zur Erreichung der Klimaziele sagte Badelt: „Eine Schätzung von 2020 geht von 166 bis 173 Milliarden Euro bis 2030 aus, das wären 16 bis 17 Milliarden pro Jahr. Mittlerweile muss dieses Volumen höher sein, denn das Ziel lautet nun 55 statt 50 Prozent Reduktion der Treibhausgase bis 2050.“ Zweifellos erfordert die Bekämpfung der Treibhausgas-Emissionen gravierende Neuorientierungen bei Produktion und Konsum. Und damit werde, laut Badelt, eine massive Veränderung des Kapitalstocks der Wirtschaft einhergehen.
Er wies in seiner Keynote auch auf wichtige gesellschaftliche und politische Aspekte hin: „Man könnte als Ökonom sagen, dass die Klimaproblematik ein Beispiel für ein öffentliches Gut – oder eigentlich ein „bad“ – ist. Was der Einzelne tut, wird nicht sichtbar im Ergebnis. Das ist eine Gefahr, gerade für kein kleines Land, zu sagen, was bewirkt es schon, wenn wir perfekt sind.“ Das sei zwar nicht ganz falsch, zeige aber, dass jede Form des Kampfes gegen den Klimawandel auf Solidarität aufbaue und nicht auf Eigennutz. „Das führt zu politischer Auseinandersetzung: Worauf müssen wir verzichten, wer muss verzichten? Wie reagieren wir? Das hat politisches Konfliktpotenzial, das sich dann oft woanders äußert. Wenn man sich etwa die Ursachen der Migration ansieht – oft sind das Krieg oder Not – zeigt sich, dass diese durch den Klimawandel massiv verstärkt werden, so hat Trockenheit oft Hunger als Folge.“ Klimawandel sei nur mit Umstrukturierung des Kapitalstocks bewältigbar, es werden auch neue Green Jobs entstehen, „die Fachkräfte müssen aber oft noch von den Unternehmen selbst ausgebildet werden“, bedauert Badelt.
Spannende Diskussion
Das Panel der anschließenden Diskussion „Nachhaltiges Investieren im Spannungsfeld von regulatorischen Anforderungen, Performanceerwartungen und der Transparenz für Investoren“ bildeten neben Christoph Badelt: Mag. Andreas Ittner, Chief Senior Advisor Amundi Austria und ehemaliger Vize‐Gouverneur OeNB; Thomas Wiedenmann, Head of ETF Indexing and Smart Beta Germany, Austria & Eastern Europe, Amundi; Dr. Robert Schredl, Head of Legal, Amundi Austria; Mag. Jörg Moshuber, Head of Multi Asset Balanced, Income and Real Return ESG Solutions, Amundi. Durch die Diskussion wie auch den ganzen Abend führte Hanno Settele als Moderator.
Thomas Wiedenmann berichtete dabei von „einem Boom wie noch nie bei ESG-ETFs, auch beim Endkunden“, anschließend wurde versucht, Begriffe zu definieren. So betonte Jörg Moshuber, dass man die ESG-Kriterien nicht ausschließlich mit Klimaschutz gleichsetzen dürfe, weil es ganz wesentlich auch um Soziales und Governance gehe. Die Definition von Nachhaltigkeit sei immer eine Herausforderung, die Erwartungen der Kunden unterschiedlich, was Andreas Ittner wie folgt ergänzte: „In vielen Bereichen werden exakte Nachhaltigkeitskriterien im Moment erst definiert, hier gibt es noch viel zu tun.“
Robert Schredl wies darauf hin, dass „neben dem finanziellen Anlageziel auch das ideelle Anlageziel der Nachhaltigkeit“ für die Anleger immer wichtiger werde, also nicht nur der Ertrag eines Investments, sondern auch, welche Auswirkungen auf die Umwelt damit einhergehen. Badelt appellierte an die europäische Politik: „Man muss sich trauen, entsprechende Maßnahmen zu setzen, etwa mit Steuern und Zöllen bei Importen, wenn Waren aus Ländern mit wenig Klimaschutz kommen.“ Einen Blick in die nahe Zukunft gab Thomas Wiedenmann: „Ab Mitte 2022 muss jeder Kunde gefragt werden, ob er in nachhaltige Produkte investieren will, ich persönlich rechne mit zwei Drittel Zustimmung.“ Daher müsse man die Kriterien der Nachhaltigkeit objektiv definieren und diese Regulatorien würden gerade festgelegt. „Die ganze Finanzindustrie wird in diesem Bereich nur erfolgreich sein, wenn sie das verkaufen kann, was sie behauptet, zu verkaufen. Das ist eine große Herausforderung für alle Markteilnehmer“, ergänzte Ittner.
Schluss-Referat und Closing Remarks
Über den „Klimawandel und was er für jeden von uns bedeutet" referierte anschließend Marcus Wadsak, Meteorologe und Sachbuchautor. Gehe man nach der aktuellen Temperaturkurve als Trend, so würde das 1,5-Grad-Ziel bereits 2030 oder 2040 verfehlt, „wir müssen also jetzt die entsprechenden Maßnahmen umsetzen, um ein drohendes exponentielles Wachstum der Temperaturkurve zu verhindern und die Kurve abzuflachen.“ Klimaschutz beseitige zudem soziale Ungerechtigkeiten, bringe mehr Lebensqualität, eine gerechtere, gesündere, saubere Welt für alle. „Wenn wir es ernst nehmen, sind die Klimaziele von Paris noch zu schaffen.“
In seinen Closing Remarks wies Christian Mathern, Deputy CEO Amundi Austria, noch einmal auf den großen politischen Konsens und die starken Veränderungen bei den Unternehmen hin, sowie dass es in der Wissenschaft längst keinen Zweifel am Klimawandel oder dessen Ursachen mehr gibt. Und: „Der Klimawandel ist auch für die Bürger ein Thema geworden, besonders auch für jüngere Generationen, wir sehen es aber auch faktisch bei den Investitionen: In Europa gingen 2021 bisher zwei Drittel der Netto-Zuflüsse in ESG-Fonds.“