
Rita Resch und Kathrin Stern, Geschäftsführerinnen des sozialen Dienstleisters sozKom.
KATHRIN STERN und RITA RESCH, Siegerinnen in der Kategorie „Social Entrepreneur“ beim EY ENTREPRENEUR OF THE YEAR, und MARTIN BODENSTORFER, Partner EY-Parthenon, über Werte, Transparenz und Miteinander – und wo Trump und Musk falschliegen.
TREND: Die Kategorie „Social Entrepreneur“ ist die jüngste beim EY Entrepreneur Of The Year. Wie hat sie sich etabliert? Wie wird Erfolg in diesem Bereich in anderen Branchen wahrgenommen?
MARTIN BODENSTORFER: Wir verzeichnen eine Vielzahl an Bewerbungen und merken, dass der Erfolg dieses Sektors auf die gesamte Unternehmenslandschaft ausstrahlt: Unternehmen brauchen heute mehr als nur einen Geschäftszweck. Entrepreneur sein bedeutet, eine klare Vision zu haben – einen Weg, von dem man sich nicht abbringen lässt. Gleichzeitig braucht es Vertrauen zu den Mitarbeitenden. Denn eine Organisation kann erst dann nachhaltig erfolgreich werden, wenn die Mitarbeitenden von den Werten überzeugt sind, die das Unternehmen verkörpert.
KATHRIN STERN: Für uns ist die Visibilität, die der Wettbewerb bringt, sehr wichtig: Wir verkaufen ja keine Produkte, sondern setzen Maßnahmen für staatliche Auftraggeber um. Doch wir sind überzeugt davon, dass es auch für andere Unternehmen viel bringt, Teil der Wertediskussion zu werden, die von der Sozialbranche ausgeht – denn die Wirtschaft ist im Wandel.
New Work ist heute in aller Munde. Wie sollten Organisationen an dieses Thema herangehen?
RITA RESCH: Sie sollten an ihren Strukturen arbeiten, auch braucht es Werte, die nicht nur am Papier stehen, sondern zu einer spürbar sinnstiftenden Tätigkeit führen. Wir bekommen viele Bewerbungen allein aufgrund unserer Werte und unserer Unternehmensstruktur: Bei uns sind nicht Umsatz oder Gewinn im Fokus, sondern die Menschen, Mitarbeitende wie Kunden. So haben wir eine Teilzeitquote von 90 Prozent, und unsere Mitarbeitenden werden auch in die unternehmerischen Entscheidungsprozesse aktiv eingebunden. Vertrauen, Transparenz und die Vermeidung von Druck von oben sind wichtige Faktoren, um trotz Fachkräftemangel gute Leute zu bekommen.
BODENSTORFER: Die Praxis zeigt, dass Arbeitgeber auf die neuen Trends in der Arbeitswelt eingehen müssen. Klassische Anreizsysteme wie höheres Gehalt oder Dienstauto sind heute nicht der richtige Weg, um junge Menschen für die Arbeit zu begeistern. Autoritäre Chefs haben ausgedient: Partizipation ist wichtig, und das Gefühl, mitprägen und mitentscheiden zu können, ist unabhängig von der Branche oder der Unternehmensgröße für die Motivation entscheidend. Dafür muss man sich Zeit nehmen, zuhören und die Strukturen anpassen.
STERN: Unsere Türen sind immer offen: Wir wollen keine Chefinnen sein, sondern Teile eines Teams.


Martin Bodenstorfer, begleitet mit der EY-Parthenon Strategie- und Reorganisationsprojekte der öffentlichen Hand NGOs.
International wird Kritik an ESG laut – siehe Trump und Musk. Warum sollten sich Unternehmen dennoch stark mit sozialem Engagement auseinandersetzen?
RESCH: Ja, viele leben in einer Blase, wo es nur um Geld und Leistung geht. Doch wenn man nur von Leistungsträgern spricht, wird ein gesamter Bereich ausgeblendet. Dabei würde es verheerende Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben, wenn die Sozialbranche schrumpfen würde. Denn ohne Pädagogen gibt es keine Fachkräfte und ohne Pflege kein soziales Gleichgewicht.
BODENSTORFER: In der Tat ist bei ESG oft E, also die Umwelt im Schwerpunkt und S wie Soziales ein Stiefkind. Dabei trifft es uns alle, wie wir mit Mitarbeitenden und der nächsten Generation am Arbeitsmarkt umgehen. Vor 60 Jahren haben Unternehmer ganze Ferienanlagen für ihre Mitarbeitenden errichtet und eigene Sozialleistungen eingeführt – inzwischen ist das wieder verschwunden, dabei braucht es heute mehr Miteinander am Arbeitsplatz denn je.
STERN: Unternehmen, die sich entsprechend positionieren möchten, können gerne auf uns zukommen. Wir berichten gerne von unseren Erfahrungen, so haben wir einen eigenen Podcast und halten Keynotes. Denn bei der Transformation braucht es durchdachte Konzepte: Der tägliche Obstkorb für die Belegschaft allein ist zu wenig.
EY Entrepreneur Of The Year …
… würdigt herausragende unternehmerische Leistungen. Ausgezeichnet werden Unternehmerinnen und Unternehmer mit Eigeninitiative, Weitsicht und Innovationsfreude. Die österreichischen Topunternehmerinnen und -unternehmer des Jahres werden in den Kategorien „Social Entrepreneur“, „Handel“, „Dienstleistungen“, „Nachhaltigkeit & Greentech“ und „Innovation & Hightech“ ausgezeichnet. Einer der ausgezeichneten Entrepreneure in den vier Kategorien vertritt Österreich beim EY World Entrepreneur Of The Year 2025 in Monte Carlo.