Homeoffice boomt. Bei der Absetzbarkeit von Arbeitszimmern ist der Fiskus wieder großzügiger geworden. Eine neue Erkenntnis ermöglicht Häuslbauern und Wohnungskäufern auch die Rückerstattung der Umsatzsteuer.
Manche erinnern sich noch an die seligen Zeiten vor 1996, wo es geradezu eine Frage der (steuerlichen) Ehre war, dem Finanzamt zumindest einen Raum der Wohnung als steuersparendes Arbeitszimmer zu „verkaufen“, wollte man nicht als absoluter Steueranfänger gelten. Bis dann Finanzminister Klima mit dem Sparpaket 1996 durch radikale Steuereinschränkungen zum Gegenschlag ausgeholt hat. Nach dem immer häufiger werdenden Motto „Der Finanzminister denkt, die Höchstgerichte lenken“ wurde die Einschränkung bei der Einkommensteuer in den letzten Jahren allerdings von der Judikatur deutlich aufgeweicht. Bei der Umsatzsteuer könnte sich das Arbeitszimmer unter Umständen sogar wieder zum „Steuerzuckerl“ des Jahres entwickeln.
Einkommensteuerersparnis. Aber auch bei der Einkommensteuer wurden die Beschränkungen für im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer in den letzten Jahren gelockert. Schon seit jeher hat der Verwaltungsgerichtshof für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitszimmers vor allem zwei Voraussetzungen verlangt:
Das Arbeitszimmer muss für die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen unbedingt notwendig sein (die bloße Aufbewahrung beruflicher Unterlagen oder die nur gelegentliche Verwendung für berufliche Zwecke genügt jedenfalls nicht).Der als Arbeitszimmer genutzte Raum wird tatsächlich (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt.Der Begriff „Wohnungsverband“ ist nach Ansicht der Finanzverwaltung im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit zu interpretieren. Ein Arbeitszimmer liegt daher im Wohnungsverband, wenn es zur privaten Miet- oder Eigentumswohnung des Steuerpflichtigen gehört oder sich im privaten Wohnhaus bzw. auf demselben Grundstück befindet. Auch ein vom Stiegenhaus separat begehbares Arbeitszimmer oder ein im separaten Gartenhaus befindliches Arbeitszimmer gilt daher als im Wohnungsverband gelegen und ist damit steuerlich unter verschärfter Kontrolle. Wie der Verwaltungsgerichtshof vor kurzem bestätigte, liegt auch ein Arbeitszimmer mit einem eigenen Außeneingang im „Wohnungsverband“, wenn es eine Verbindungstür zum Wohnbereich hat, die nicht dauerhaft geschlossen ist, sondern nur durch Vorstellen von Schränken versperrt wird.
Liegt ein nach den dargestellten Kriterien im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer vor, muss es den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bilden, damit die darauf entfallenden Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung steuerlich abgesetzt werden können. Dies ist dann der Fall, wenn
a) ein beruflich verwendetes Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen unbedingt notwendig ist und
b) das Arbeitszimmer erstens tatsächlich und zweitens (fast) ausschließlich beruflich genutzt wird.
Großzügigere Auffassung. Ursprünglich hat die Finanzverwaltung die Meinung vertreten, dass das Arbeitszimmer nur dann den „Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit“ bildet, wenn jene Tätigkeiten, die überwiegend im Arbeitszimmer ausgeübt werden, mehr als 80 Prozent des Gesamteinkommens ausmachen. In das Gesamteinkommen wären dabei aber alle Einkünfte, ausgenommen Vermietungs- und Kapitaleinkünfte sowie bestimmte sonstige Einkünfte (Renten, Veräußerungsgewinne), einzubeziehen gewesen. Mit dieser Ansicht hat aber der Verwaltungsgerichtshof bereits 1999 aufgeräumt, sodass nunmehr nur mehr auf die konkrete einzelne Tätigkeit abzustellen ist.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung, die bereits teilweise von den Höchstgerichten bestätigt wurde, liegt aber bei folgenden Berufen der Mittelpunkt der Tätigkeiten jedenfalls außerhalb eines Arbeitszimmers: Lehrer, Richter, Politiker, Berufsmusiker, Dirigent, Schauspieler, Vortragender, Vertreter sowie „Freiberufler mit auswärtiger Betriebsstätte“ (also eigener Kanzlei oder Ordination). In diesem Fall wird das Arbeitszimmer generell nicht anerkannt.
Andererseits gibt es Tätigkeiten, deren Mittelpunkt typischerweise in einem Arbeitszimmer liegt, wie es etwa bei Schriftstellern, Gutachtern, Komponisten, Dichtern, Malern, Heimarbeitern und Teleworkern der Fall ist. In diesen Fällen kann sich das Umgestalten des nicht mehr benötigten Kinderzimmers schon auszahlen. Voraussetzung ist im Zweifel aber, dass mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Arbeitszimmer verrichtet wird. Dabei wird aber nicht auf die gesamte Tätigkeit abgestellt, sondern auf jede einzelne Einkunftsquelle, wie zum Beispiel die selbstständige Nebentätigkeit eines Angestellten. Ein Angestellter ohne Nebentätigkeit kann daher sein Arbeitszimmer nur dann absetzen, wenn er mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit als Angestellter im Arbeitszimmer verbringt, wie beispielsweise ein Teleworker, nicht jedoch ein Lehrer, der zu Hause Schularbeiten und Hausübungen verbessert und sich für den Unterricht vorbereitet. Auch wer mehrere Berufe hat, muss jede Einkunftsquelle gesondert betrachten. Nur für jene Tätigkeiten, die mehr als zur Hälfte im Arbeitszimmer erledigt werden, kann das Arbeitszimmer abgesetzt werden.
Vorsicht ist allerdings bei scheinbar unproblematischen Kombinationen geboten: Wenn ein Angestellter beispielsweise nebenberuflich selbstständiger Gutachter und Vortragender auf seinem Gebiet ist und für beide Tätigkeiten sein Arbeitszimmer in der Wohnung benutzt, sind die Einkünfte aus der Tätigkeit als Gutachter und als Vortragender als eine Einkunftsquelle (Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit) zu betrachten, und es ist auf das Überwiegen abzustellen. Wenn nun die Vortragshonorare die Einnahmen aus der Tätigkeit als Gutachter übersteigen, ist die gesamte Einkunftsquelle (überwiegend Vortragstätigkeit) als eine solche zu betrachten, deren Mittelpunkt außerhalb eines Arbeitszimmers liegt. Das Arbeitszimmer ist in diesem Fall – weil Vortragstätigkeit – nicht abzugsfähig!
Umsatzsteuerersparnis. Speziell bei der Umsatzsteuer könnte es für Häuslbauer einen neuen Steuersegen durch die Absetzbarkeit des Arbeitszimmers geben. Vonseiten der Finanzverwaltung wurde ursprünglich die Meinung vertreten, dass der Vorsteuerabzug für ein Arbeitszimmer nur dann zusteht, wenn nach den oben dargestellten Kriterien ein einkommensteuerlich anerkanntes Arbeitszimmer vorliegt. Diese Interpretation hat aber der Verwaltungsgerichtshof inzwischen verworfen, da die einschränkenden Bestimmungen zum Arbeitszimmer in Österreich erst nach dem EU-Beitritt beschlossen wurden, ab diesem Zeitpunkt aber national beschlossene Einschränkungen beim Vorsteuerabzug EU-rechtlich nicht mehr zulässig waren. Dies bedeutet, dass lediglich nachgewiesen werden muss, dass das Arbeitszimmer samt Einrichtung unternehmerisch (sprich für eine selbstständige, umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit) genutzt wird, um die Vorsteuern (anteilig) vom Finanzamt zurückzubekommen.
Besondere steuerliche Brisanz hat die Sache aber erst durch ein vor wenigen Monaten ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) für jene Fälle bekommen, bei denen das Arbeitszimmer in einem eigenen Haus oder in einer Eigentumswohnung begründet wird, und zwar vor allem dann, wenn Haus oder Wohnung neu gebaut, gekauft oder renoviert wurden. In diesen Fällen muss die Finanz nämlich aufgrund des viel beachteten Urteils des EuGH vom 8.5.2003 in der Rechtssache „Seeling“ für die Investitionskosten auch des privat genutzten Gebäude- bzw. Wohnungsteils zunächst den vollen Vorsteuerabzug gewähren.
Das in Fachkreisen als „Seeling-Entscheidung“ des EuGH inzwischen allgemein bekannte Urteil bedeutet nämlich im Ergebnis, dass das Finanzamt bei Gebäudeinvestitionen auch dann den vollen Vorsteuerabzug gewähren muss, wenn dieses nur in geringem Ausmaß für unternehmerische (betriebliche) Zwecke (eben zum Beispiel als Arbeitszimmer) und weitaus überwiegend für Privatzwecke genutzt wird. Im Gegenzug zum Vorsteuerabzug ist dann für den privat genutzten Gebäudeteil lediglich ein so genannter „Verwendungs-Eigenverbrauch“ zu versteuern, der aber laut letztem Interpretationsstand aus dem Finanzministerium nur dem begünstigten zehnprozentigen Steuersatz für die Wohnungsvermietung unterliegt. Als Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch sind die anteiligen Kosten der privaten Nutzung (laufende Betriebskosten, Abschreibung, Instandhaltung und Ähnliches) anzusetzen. Kosten, für die kein Vorsteuerabzug möglich ist (beispielsweise Zinsen für Finanzierung), sind für umsatzsteuerliche Zwecke nicht zu be- rücksichtigen.
10-Jahres-Frist. Wird das mit Vorsteuerabzug erworbene Objekt (Haus, Wohnung) vor Ablauf von zehn Jahren (umsatzsteuerfrei) veräußert, muss der Vorsteuerabzug innerhalb eines zehnjährigen Vorsteuer-Berichtigungszeitraumes anteilig an das Finanzamt zurückbezahlt werden. Nach dem letzten Stand der Diskussion tritt diese Konsequenz auch bei einer Beendigung der unternehmerischen Nutzung, also zum Beispiel der Nutzung eines Arbeitszimmers, ein (so genannter „Entnahme-Eigenverbrauch“, für den vom BMF zunächst eine zeitlich unbefristete volle Umsatzsteuerpflicht vom Verkehrswert angenommen wurde). Wird daher das Arbeitszimmer nach zehn Jahren aufgegeben, so ist keine Vorsteuer mehr an das Finanzamt zurückzuzahlen! Unterm Strich verbleibt daher ein fetter Steuervorteil im Ausmaß des vollen Vorsteuerabzugs abzüglich der zehn Jahre lang bezahlten Umsatzsteuer für den privat genutzten Haus- bzw. Wohnungsteil.
Um den zu befürchtenden Umsatzsteuerausfall aus dieser neuen Rechtslage einzudämmen, hat die Finanzverwaltung verschiedene Maßnahmen überlegt, und zwar – neben der erwähnten, zeitlich unbefristeten vollen Umsatzsteuerpflicht des Entnahme-Eigenverbrauchs mit dem Normalsteuersatz von 20 Prozent und der Besteuerung des Verwendungs-Eigenverbrauchs für die private Nutzung ebenfalls mit 20 Prozent – auch eine Verlängerung des zehnjährigen Vorsteuer-Berichtigungszeitraumes auf 20 Jahre. Nach langem Hin und Her wurden diese für Dezember 2003 geplanten Gesetzesänderungen allerdings im letzten Augenblick wieder zurückgezogen.
Somit verbleibt derzeit (Stand 1.1.2004) die Situation, dass bei Anschaffung, Errichtung und Erhaltung von Liegenschaften, insbesondere von Gebäuden, durch den vollen Vorsteuerabzug trotz einer weitaus überwiegenden Privatnutzung ein erheblicher finanzieller Vorteil erzielt werden kann. Wird die (geringe) unternehmerische Nutzung nach Ablauf des zehnjährigen Vorsteuer-Berichtigungszeitraumes beendet, ist nach derzeitiger Rechtslage bzw. Interpretation des BMF der dann noch verbleibende Steuervorteil (also die Differenz aus dem vollen Vorsteuerabzug abzüglich der zu zahlenden zehnprozentigen Umsatzsteuer für die Privatnutzung) endgültig.
Realistischerweise muss man allerdings damit rechnen, dass die Finanzverwaltung neue Wege suchen wird, um die im beträchtlichen Um-fang drohenden Vorsteuergutschriften für überwiegend privat genutzte Gebäude so weit als möglich zu verhindern. Nach Meinung vieler Experten die einzig haltbare Lösung: eine Änderung der Umsatzsteuer-Richtlinie der EU, die allerdings wohl einige Zeit dauern wird!