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BMD-Chef Knasmüller: „Finanzminister muss einen Mittelweg finden“

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BMD-Geschäftsführer Markus Knasmüller

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Der Chef des Softwarehauses BMD, Markus Knasmüller, über die kämpfende Wirtschaft, Finanzprüfer auf den Fersen von Scheinfirmen, Lohnzettel am Handy und was er aus dem Regierungsprogramm herausliest.

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Sie kennen die Vitalwerte vieler Unternehmen ganz genau: Teilen Sie die Diagnose „Der Wirtschaft geht’s gerade schlecht“?

Markus Knasmüller

Bedauerlicherweise ja. Selbst Branchen, die in den letzten Jahren wider aller Entwicklungen zulegen konnten, wie die IT-Branche, haben derzeit Null-Wachstum. Das Jammern über fehlende Mitarbeitende ist vielerorts leiser geworden, viele bauen sogar ab. Das geänderte Kundenverhalten, gewerblich wie privat, hat viele Unternehmen massiv getroffen. Und der Aufwand, Umsätze zu halten, ist ungleich höher geworden.

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Wie stellt sich der Arbeitsmarkt in Ihrer Branche dar: Sind Buchhalter und Personalverrechner noch immer verzweifelt gesucht?

Markus Knasmüller

Aktuell würde ich die Lage als dynamisch bezeichnen. Viele Personalverrechner hat die Pandemie mit immer neuen Umsetzungsanforderungen den letzten Nerv gekostet. Da haben sich viele andere Aufgaben gesucht. Dazu kommen in vielen Betrieben pensionsbedingte Abgänge. Erfreulich aber, dass gerade mit der verstärkten Digitalisierung und neuen Arbeitsabläufen doch immer mehr Junge drauf kommen, dass diese Berufe auch etwas können.

Zur Person

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Da müssten Sie sich mit den Jungen eigentlich leicht tun: Ihr Haus setzt seit Jahren konsequent auf Digitalisierung. Mit Finmatics KI haben Sie etliche Automatisierungen eingeführt, eine App gibt’s auch. Woran arbeiten Sie gerade?

Markus Knasmüller

In der App (Anm. BMD Go) gibt es schon lange verschiedene Möglichkeiten, etwa für die Zeiterfassung. Jetzt kann darüber auch die Eingangsrechnungskontrolle erledigt werden. Ganz neu ist die Möglichkeit, den Anwenderkreis zu erweitern, damit nicht nur die BMD-Anwender aus der Buchhaltung darauf Zugriff haben, sondern alle im Unternehmen, für die es Sinn macht. Mitarbeitende können Daten direkt in der Personalabteilung einmelden, die das nur noch kontrolliert. Über diesen strukturierten Weg geht alles viel schneller. Niemand muss in Mails nach irgendwelchen Anträgen suchen. Neu ist auch, dass die Mitarbeitenden ihre Lohnzettel übers Handy abrufen können.

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Seit wenigen Wochen haben wir eine neue Regierung: Was haben Sie mit der Brille eines Steuerexperten aus dem Programm herausgelesen?

Markus Knasmüller

Sehr vieles ist noch vage formuliert. Was sich an Änderungen im Steuersystem konkretisiert, wird sich wohl erst in den kommenden Monaten zeigen. Für uns als Umsetzer steckt der Teufel oft im Detail. Wenn eine Regelung in Kraft tritt, müssen wir sie für unsere Kunden technisch unmittelbar umsetzen können. Für die zweite Jahreshälfte erwarte ich da schon sehr viel Implementierungsaufwand.

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Ein Detail hat aber schon einige mediale Aufmerksamkeit bekommen: Unter 35 Euro Umsatz könnte die Belegpflicht fallen. Sie sind einer der Experten für die Registrierkasse. Wie finden Sie das?

Markus Knasmüller

Da musste ich doch schmunzeln, dass es nun tatsächlich umgesetzt werden soll. Dieser Vorschlag ist wie das Ungeheuer von Loch Ness. Die Idee taucht seit dem Start der Registrierkassenverordnung im Jahresrhythmus auf und verschwindet wieder. Tatsächlich macht es Sinn, allerdings wird es nicht gänzlich ohne Begleitmaßnahmen gehen. Zwischen totaler Kontrolle und gar keiner, muss der Finanzminister einen Mittelweg finden.

Zwischen totaler Kontrolle und gar keiner, muss der Finanzminister einen Mittelweg finden.

Markus Knasmüller
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Natürlich macht auch steuerliches Kleinvieh Mist, und der Kampf gegen Finanzbetrug ist im Sinne aller Steuerzahler. In den letzten Jahren hat sich das Finanzministerium aufmuntioniert im Kampf gegen Steuerbetrug, hat bessere Digitalwerkzeuge und Manpower in Stellung gebracht. Woran merken Sie das besonders stark?

Markus Knasmüller

Den Scheinunternehmen ist die Finanz ambitioniert auf den Fersen. Sie identifizieren heute ungleich mehr Unternehmen, die es so gar nicht gibt oder die nur Rechnungen stellen, um über nicht bezahlte Vorsteuer zu kassieren. Waren das vor ein paar Jahren eine Handvoll große Unternehmen, die anderen paar große Rechnungen gestellt haben, wie mir eine Person aus dem Ministerium berichtete, sind das heute fast 1.000 Unternehmen. Ich bin erschrocken, wie umfangreich die Liste mittlerweile ist.

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Funktioniert das wie das Cum-Ex-Betrugsmodell, halt für KMU? Was steckt dahinter?

Markus Knasmüller

Zum einen sind das leere Firmenhülsen, zum anderen echte Unternehmen, die teils konkrete Geschäfte machen. Überprotional viele sind dem Baugewerbe zuzuordnen, aber nicht nur. Die Finanzpolizei sieht sich mittlerweile an, ob die tatsächlich Baustellen betreuen. Viele dieser Scheinunternehmen haben Kunden, die aber nichts davon wissen, dass sie mit einem Scheinunternehmen zusammenarbeiten. Wer deren Rechnungen bezahlt, kann sicher sein, dass er im Fokus der Finanzprüfer landet und früher oder später Besuch bekommt. Unsere Software prüft für unsere Klienten laufend, ob ihre Kunden oder Lieferanten auf dieser Liste stehen.

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Finanzprüfer bedeuten für viele Unternehmen großen Stress? Worauf achten die gerade besonders?

Markus Knasmüller

95 Prozent der Prüferinnen und Prüfer sind fachlich gut ausgebildet und fair. Die haben Augenmaß und Feingespür, und erkennen, ob im konkreten Fall bewusst manipuliert oder vielleicht ein banaler Programmierfehler vorliegt, was öfter vorkommt als man glaubt. Als Gutachter werde ich immer wieder zu strittigen Fällen hinzugezogen.

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Steuerbetrug einzudämmen ist gerade auch in der EU ein großes Thema und soll mit der Mehrwertsteuerreform ViDA gelingen. Was steckt hier dahinter?

Markus Knasmüller

Die technische Umsetzung bedeutet, dass Rechnungen im EU-Raum in einem strukturierten Format (XML statt PDF) erstellt, und grenzüberschreitend digitalisiert werden. Nicht nur für exportierende Unternehmen hätte das einen großen Vorteil, weil bei der Verbuchung massiv Arbeit eingespart werden könnten, weil das automatisiert geht.

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Ab wann sollten sich Unternehmen in Österreich damit beschäftigen? Die Klagen über zuviel Bürokratie sind gerade omnipräsent.

Markus Knasmüller

Der von der EU ausgegebene Zeithorizont ist mit 2030 doch noch weit. Deutschland ist allerdings vorgeprescht und führt ViDA (VAT in the Digital Age) ab 2027 verpflichtend ein. Wer mit Deutschland Geschäfte macht, sollte sich langsam damit auseinander setzen. Wann Österreich aktiv wird, bleibt abzuwarten. Erfahrungsgemäß sind Fristen relativ: Alle Experten raten zur Vorbereitung. Heiß wird die Umsetzungsphase immer sechs Monate vor dem Stichtag. In der aktuellen Wirtschaftslage noch mehr nachvollziehbar. Viele Unternehmen haben einfach andere, existenziellere Sorgen.

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