Die 2021 beschlossene globale Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne greift noch nicht.
©iStockphotoDie Steuerexperten des EU Tax Observatory zeigen im neuen Global Tax Evasion Report 2024 auf, dass die globale Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne noch nicht greift. Sie empfehlen unter anderem, die Mindeststeuer auf 25 Prozent anzuheben und eine Milliardärssteuer einzuführen.
Die EU und die USA haben sich 2021 zusammen mit fast 140 anderen Ländern auf eine ehrgeizige internationale Steuerreform geeinigt, um die Verlagerung von Unternehmensgewinnen in Steueroasen zu verhindern. Kern dieser Einigung war die globale Mindeststeuer von 15 Prozent für international agierende Unternehmen mit mehr als 750 Mio. Euro Jahresumsatz unabhängig von ihrem Sitz.
Die Steuerexperten des EU Tax Observatory, dem Forschungszentrum zu internationaler Besteuerung mit Sitz in Paris, haben im neuen Global Tax Evasion Report 2024 nun zu einer Erhöhung der internationalen Mindeststeuer für Unternehmen auf 25 Prozent geraten. Mit einem solchen Mindestsatz würden sich die Steuereinnahmen fast verdreifachen.
Mindeststeuer greift noch nicht
Die Steuerexperten kritisierten auch, dass der globale Mindeststeuersatz von 15% für multinationale Unternehmen die Hoffnungen bisher nicht erfüllt hat: "Es sieht derzeit so aus, als würde die globale Mindessteuer nur einen Bruchteil der Steuereinnahmen generieren, die auf Grundlage der Prinzipien von 2021 erwartet werden könnten."
Ursprünglich sollte er die globalen Unternehmenssteuereinnahmen um fast 10 % erhöhen, aber eine wachsende Liste von Schlupflöchern habe die erwarteten Einnahmen stattdessen halbiert.
Eine anhaltend hohe Summe an Gewinnen wird in Steueroasen verschoben: Eine Billion US-Dollar im Jahr 2022. Das entspricht 35% aller außerhalb ihres Ursprungslandes erzielten Gewinne von multinationalen Unternehmen. Die Steuerausfälle aufgrund dieser Gewinnverlagerung sind erheblich und entsprechen fast 10 % der weltweit erhobenen Unternehmenssteuererträge. Multinationale Unternehmen aus den Vereinigten Staaten sind für etwa 40% der weltweiten Gewinnverlagerung verantwortlich, die öffentlichen Kassen in Kontinentaleuropa scheinen am stärksten von dieser Steuerhinterziehung betroffen zu sein.
"Eine sogenannte “Substance Economic Exemption”, ermutigt multinationale Unternehmen dazu, ihre tatsächliche Produktion in Länder mit sehr niedrigen Steuersätzen zu verlagern, wiederum ein Anreiz für Steueroasen, ihre Steuersätze niedriger als 15% zu halten."
Schlupflöcher schließen, Milliardäre besteuern
In dem Bericht wird außerdem empfohlen, Schlupflöcher in den aktuellen Regelungen zu schließen, da sie die erwarteten Einnahmen halbierten und das Instrument drastisch schwächten. Internationale Verhandlungen sollten dafür wieder aufgenommen werden.
Die Expertinnen und Experten schlagen in dem Bericht zudem eine weltweite Mindeststeuer für Milliardäre von zwei Prozent vor. Diese haben weltweit effektive Steuersätze von 0 bis 0,5 % ihres Vermögens, aufgrund der häufigen Verwendung von Scheinfirmen zur Vermeidung der Einkommensteuer. "Bisher wurden keine ernsthaften Versuche unternommen, diese Situation zu lösen, was die gesellschaftliche Akzeptanz bestehender Steuersysteme gefährdet", kritisieren die Steuerexperten.
Eine weltweite Mindeststeuer auf das Vermögen der Milliardäre würde beträchtliche Summen einbringen. Auch wenn die Anzahl der Steuerzahler, die von dem Vorschlag betroffen wären, äußerst gering ist, und der Steuersatz mit 2% sehr bescheiden wäre. Das EU Tax Observatory rechnet mit Einnahmen von rund 250 Milliarden US-Dollar jährlich, die von weniger als 3.000 Einzelpersonen stammen würden.
Steuerhinterziehung geht zurück
Positiv wird angemerkt, dass die Steuerhinterziehung von vermögenden Einzelpersonen zurückgegangen ist. Dank des automatischen Austauschs von Bankinformationen seit die die Steuerhinterziehung im Ausland in den letzten zehn Jahren um rund zwei Drittel gesunken. Dieser Erfolg zeigte, dass erhebliche Fortschritte bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung möglich sind, wenn der politische Wille vorhanden ist.
Aufgrund von zwei Hauptproblemen bleibt ein Teil der Steuerhinterziehung in Steueroasen jedoch trotz dieser Fortschritte bestehen. Erstens ist es nach wie vor möglich, finanzielle Vermögenswerte nicht zu melden, sei es aufgrund von mangelnder Durchsetzung bestehender Regeln durch Offshore-Finanzinstitute, oder aufgrund von Lücken in der Ausgestaltung des automatischen Informationsaustauschs von Bankdaten. Viele Offshore-Finanzinstitute erfüllen ihre Verpflichtungen gewissenhaft, andere könnten es versäumen etwa aus Angst, ihre Kunden zu verlieren oder in der Annahme von ausländischen Steuerbehörden nicht wirklich gefährdet zu sein. Zweitens sind nicht alle Vermögenswerte vom automatischen Austausch von Bankinformationen erfasst. Neueste Untersuchungen zeigen, wie einige Personen, die früher finanzielle Vermögenswerte in Offshore-Banken versteckten, ihr Kapital in nicht erfasste Vermögenswerte verlagerten, insbesondere in Immobilien.
"Steuerhinterziehung ist kein Naturgesetz ist, sondern eine politische Entscheidung", heißt es in dem Bericht. "Als miteinander verbundene Nationen können wir uns für eine Politik entscheiden, die Steuerhinterziehung ungehindert zulässt, oder wir können uns für Koordinierung entscheiden, um sie einzudämmen."
6 Vorschläge für globale Steuersysteme
Eine Reform des internationalen Abkommens zur Mindestbesteuerung von Unternehmen, um einen Satz von 25 % einzuführen und die Lücke zu schließen, die den Steuerwettbewerb fördert.
Die Einführung einer neuen weltweiten Mindestvermögenssteuer für Milliardär*innen in Höhe von 2%.
Die Implementierung von Mechanismen zur Besteuerung wohlhabender Personen, die langfristige Bewohner eines Landes waren und Länder mit niedrigen Steuern umsiedeln.
Die Implementierung einseitiger Maßnahmen zur Erhebung eines Teils der Steuerdefizite von multinationalen Unternehmen und Milliardär*innen im Falle eines Scheiterns globaler Abkommen zu diesen Fragen.
Weitere Schritte zur Schaffung einem weltweiten Vermögensregisters um die Bekämpfung von Steuerhinterziehung effektiver zu gestalten.
Stärkung der Durchsetzung von Regeln zur wirtschaftlichen Substanz und zur Bekämpfung von Missbrauch.