Standortfaktor Personalkosten: Arbeitskräfte sind in den CEE-Staaten immer noch deutlich günstiger als in Österreich. Der Aufholprozess wird noch Jahre dauern.
©iStockphotoPersonalkosten werden wieder zunehmend zum bestimmenden Faktor für Standortentscheidungen. Die neue Untersuchung von TPA Steuerberatung und dem Personalberatungsunternehmen Kienbaum zeigt Österreich gegenüber den Nachbarländern in zunehmendem Wettbewerbsnachteil.
Zur Zeit der Corona-Pandemie haben sich die Schattenseiten der Globalisierung gezeigt. Behördlich angeordnete Werksschließungen, Rohstoffknappheit und abgerissene Lieferketten haben Unternehmerinnen und Unternehmern drastisch vor Augen geführt, wie fragil das Konstrukt einer globalen Wertschöpfungskette mit in Billiglohnländer ausgelagerten Produktionsstätten und weltweit verteilten Zulieferbetrieben ist.
Europas Wirtschaft war davon besonders betroffen, und es dauerte daher auch nicht lange, bis der Begriff des "Nearshoring" heiß diskutiert wurde. Man wolle und dürfe vor allem bei der Herstellung kritischer Produkte nicht von globalen Marktverwerfungen abhängig sein. Angesichts der aktuell herrschende Wirtschaftsflaute wird in den Unternehmen jedoch wieder vermehrt der Rechenstift angesetzt und die Frage gestellt, wie nahe ein solches Nearshoring denn sein muss.
Die Personalkosten sind ein wesentlicher Faktor bei der Beantwortung dieser Frage, und auch wenn eine Verlagerung der Produktion nach Fernost oder auf den afrikanischen Kontinent aus mancherlei Gründen kein Thema ist, setzen Unternehmen wieder vermehrt den Rechenstift an und vergleichen die Gehaltskosten in Österreich zumindest mit denen der Nachbarländer und der CEE-Staaten.
Österreich: schön, sicher, teuer
Die nun veröffentlichte dritte Auflage der Studie "Personalkosten als Faktor der Standortentscheidung" von TPA Steuerberatung und dem Personalberatungsunternehmen Kienbaum zeigt, dass Österreich in diesem Vergleich mit seinen Nachbarländern und weiteren CEE-Staaten keine besonders guten Karten hat.
Für die Studie wurden die Bruttogehälter in Albanien, Bulgarien, Kroatien, Montenegro, Österreich, Polen, Rumänien, Serbien, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn verglichen. Dabei wurden jeweils für Geschäftsführer, Führungskräfte, Angestellte und Arbeiter die Gesamtkosten, die für den Arbeitgeber anfallen, als auch die Nettobeträge, die am Monatsende auf den Konten der Mitarbeiter landen, untersucht.
Wie auch bei den beiden Untersuchungen der vorangegangenen Jahre hat sich Österreich dabei in allen Personengruppen als das Land mit den mit Abstand höchsten Personalkosten herausgestellt, gefolgt von den Nachbarländern Slowenien, Tschechien und der Slowakei.
Tendenziell zeigt sich bei dem neuen, im ersten Quartal 2024 erstellten Vergleich, dass die Personalkosten umso niedriger werden, je weiter man von Österreich wegkommt. Am geringsten sind sie in Nicht-EU-Ländern.
Problematische Entwicklung in CEE-Staaten
Allerdings darf man Personalkosten nicht isoliert betrachten und eine Standortentscheidung alleine auf diesen Faktor zurückführen. Für den Standort Österreich sprächen, so die Studienautoren Klaus Bauer-Mitterlehner, Thomas Haneder und Wolfgang Höfle von der TPA sowie Alfred Berger, Managing Director von Kienbaum Consultants, andere Faktoren wie die politische, juristische und finanzielle Stabilität und Sicherheit oder das Ausbildungs- und Qualitätsniveau der Mitarbeiter:innen.
Hinzu kommt, dass qualifiziertes Fachpersonal in den CEE-Staaten mittlerweile ebenfalls schwer zu finden ist und Recruiter mit steigenden Kosten rechnen müssen. Thomas Haneder, Partner bei TPA: „Hohe Inflationsraten und der Wettbewerb um die besten Fachkräfte führen auch in CEE/SEE zu einem starken Anstieg der Personalkosten. Der Aufholprozess wird aber noch lange andauern.“
Kienbaum Managing Director Alfred Berger betont auch: „Personalentscheidungen sollten nicht nur über die Vergütungsstruktur getroffen werden. Das Wirtschaftswachstum und die Inflation spielen eine immer größere Rolle. Ein versteckter Kostenblock kann auch in der Besteuerung der Überstunden oder der Anzahl der Urlaubstage liegen. Die variable Vergütung darf dabei jedoch nicht aus den Augen verloren werden.“
Besonders zu beachten sind bei Standortentscheidungen außerdem die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten in den Ländern, wie etwa einer Flat-Tax-Bestimmung oder Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge, die zum Beispiel in Bulgarien dazu führt, dass Geschäftsführer 85 Prozent ihrer Bruttobezüge als Nettogehalt übrig bleiben.
Klaus Bauer-Mitterlehner, Partner bei TPA: „Als international tätiges Unternehmen sind länderübergreifende Geschäfte für uns alltäglich. Die Studie ‚Arbeitskosten in Mittel- und Südosteuropa als Standortfaktor‘ liefert hochspannende Daten für die Entscheidungsfindung von Unternehmen.“