Norbert Winkelmayer mit dem Sans-Souci-Hotelmanagerinnen
©PHOTO SIMONIS www.photo-simonis.com PHILIPP SIMONISDer Immobilienentwickler Norbert Winkelmayer lebt hinter den unscheinbaren Fassaden von zwei Bauernhäusern ausgesprochen geschmackvoll. Seine Sammlung von frühen Roy Lichtensteins ist sensationell.
Die Gasse ist unscheinbar. Das Haus fast zu übersehen. Weder ragt es hoch über die Umgebung hinaus, noch strahlt es in elitärem Sichtbeton-Glasgrau. Auch die Türgriffe sind nicht aus echtem Gold. Alles ganz normal! Die Fassade ist brav verputzt, unspektakulär. Wohnt so ein gut bestallter Immobilienmensch?
Roy-Lichtenstein-Bild und Riesenspiegel an der Wand
Natürlich ist, nach dem Schritt über die Schwelle, alles ganz anders. Norbert und Martina Winkelmayer genießen diesen speziellen Moment, diesen Überraschungseffekt bei ihren Gästen jedes Mal wieder. Das noble Understatement von draußen gilt hier herinnen nicht mehr. Man steht in einem riesigen Wohnraum. Eine Glasfront, die sich zum park-ähnlichen Garten öffnet - und tatsächlich fast vollständig geöffnet werden kann. Dabei eine Architektur, die keine Sekunde das Gefühl aufkommen lässt, in einer seelenlosen, überdimensionierten Museumshalle zu stehen. - Wo soll man zuerst hinschauen? Wo soll man anfangen? Bei den riesigen Roy-Lichtenstein-Bildern, die einen Gutteil der Wandfläche einnehmen? Bei den Lego-Lokomotiven, Lastautos und Kränen, die auf der zweiten Ebene geparkt sind und in dieser Umgebung auch schon wieder etwas Skulpturales an sich haben? Oder doch beim an die Wand geklebten Riesen-Spiegelei von Klaus Wanker?
Früher lebten die Winkelmayers etwas beengter, im halben Haus, noch dazu mit Büro im Erdgeschoß. Vor zehn Jahren aber war es so weit. Das alte Bauernhaus - direkt neben dem ihren - wurde verkauft, die Gelegenheit wurde optimal genützt: Der Hausherr zeichnete die Pläne, Frau Winkelmayer segnete sie ab. Ein alter Nussbaum und eine Tanne standen im Weg. Was tun? Man ließ sie leben, baute die Fassade ganz einfach um sie herum - was dem Anwesen spürbar gut tut, Charme und Freundlichkeit und letztendlich auch Demut vor Mutter Natur vermittelt.
Glitzerkugeln und Buddhaköpfe in Ecken und Nischen
Es gibt in diesem Haus viele Winkel und Ecken, Nischen und Kammern, die alle ihre Wurzeln in der früheren Bauernhausepoche haben. Es gibt viele kleine, feine, verspielte Details, es gibt Glitzerkugeln und Buddhaköpfe und dennoch ein klares, postmodernes Konzept. Die Säulen an den Wänden und in der Halle sind rostrosa gefärbt, ebenso die mächtige Treppe in die obere Wohnzimmerebene. Die dazugehörigen Glasgeländer wurden erst montiert, als der ältere der beiden Söhne begann, mutig die Stufen hochzukraxeln.
Salon mit riesiger Glasfront gibt Blick auf Indoor-Pool und Nobelgarage mit Jaguar frei
Transparent ist hier ziemlich viel. Dachflächenfenster und Gaupen spenden üppig Tageslicht. Die Front zum Garten ist im Sommer (wenn es nicht gerade schüttet) sowieso geöffnet. Eine Glasfront trennt den Indoor-Swimmingpool vom Salon. Und eine zweite, riesige Glasscheibe bietet Einblick in die Garage. Dort parkt in der Regel (wenn nicht gerade in Reparatur) ein hübsch anzusehender Jaguar, Baujahr 1958. Derzeit lugt allerdings ein Mini ins Wohnzimmer. Kommt auch ganz gut!
Frisch gekärcherte Maria-Theresien-Büste im Durchguckfenster
Aus dem Salon führt eine uralte Tür Richtung Kabinett und Badezimmer. Diese Tür stammt aus einem alten Barockhaus in der Wiener Tigergasse, das Herr Winkelmayer vor einiger Zeit gekauft und saniert hat. Das ist nämlich eines seiner Hobbys: Aus allen Immobilien, die er von hässlichen Entleins zu wunderhübschen Schwänen verwandelt, wandern Erinnerungsstücke in sein Privatdomizil. In der oberen Etage spenden zwei ehemalige Deko-Leuchten aus der Licona-Textilfabrik mildes Licht. Im Durchguckfenster vom Salon zum Kabinett steht eine frisch gekärcherte Maria-Theresien-Büste, die verdreckt und verwachsen ebenfalls in einem der Winkelmayer'schen Sanierungsobjekte gefunden worden war. Ein riesiger alter Reisekoffer aus einer ehemaligen Ledermanufaktur steht gleichberechtigt neben moderner skulpturaler Kunst.
Kunstsammler seit Kindesbeinen
Die Kunstwerke an den Wänden freilich sind keine Fundstücke aus Abbruchhäusern. Inspiriert von seiner Mutter sammelt der Hausherr seit zartem Knabenalter. Das erste Bild, das er jemals selber kaufte, war ein kleiner Hundertwasser, der immer noch seinen Ehrenplatz im Haus hat. Seitdem sind viele, viele Bilder dazugekommen - so viele, dass der Sammler jetzt in seinem "Boutique-Hotel" im siebten Wiener Bezirk etliche seiner Schätze jetzt präsentieren kann, die er im Privathaus bisher nur mehr gestapelt hat. Bemerkenswert übrigens, dass sich seine frühe Hundertwasser-Neigung bis heute erhalten hat. Vor nicht allzu langer Zeit - 2010 - kaufte Winkelmayer Hundertwasser en gros, nämlich das ganze vom legendären Phantastischen Realisten gestaltete Kunsthaus Wien.
Kein Kunstwerk wird wieder hergegeben
Seine Herangehensweise an das Thema Kunst ist übrigens eine sehr einfache, sympathische: Es muss gefallen, Spaß machen, man muss mit den Werken leben wollen - oder es bleiben lassen. Kunstsammeln als reines Investment, das kann gut gehen, aber auch nicht. Sagt der Experte. Bei ihm passt alles zusammen. Seine liebsten Werke haben ihm bislang nicht nur optisch Freude bereitet, sondern ihren Wert in den vergangenen Jahren auch vervielfacht. Hergeben, mit Gewinn verkaufen, will er freilich keinen einzigen Lichtenstein, keinen Rizzi, überhaupt nichts. Gehandelt wird mit Häusern, aber nicht mit Bildern! Im Übrigen hängen im Stiegenhaus, und nicht nur da, auch echte Winkelmayers. Damit sind nicht nur süße Kinderzeichnungen gemeint, sondern Werke von Frau Winkelmayer, die, wie sie sagt, in früherer Zeit, vor den Kindern, viel und gerne selber produzierte.
Ein Immobilienmensch sieht natürlich ständig Neues. Sieht wunderbare Palais, imposante Objekte, baut Penthäuser, die, sagen wir mal, in Lage und Qualität an solche von ehemaligen Finanzministern durchaus heranreichen. Noch hat Winkelmayer, hat seine Frau kein Verlangen nach Tapetenwechsel, schon wegen der Kinder, und überhaupt ist die Stadtrandlage optimal.
Aber: Ein Mann wie er darf niemals nie sagen. Irgendwann im Lauf des Gesprächs erzählt Herr Winkelmayer von einem reizenden Schlösschen, nicht weit von Wien entfernt. Das er derzeit prüft, eventuell kaufen und restaurieren, "entwickeln" möchte, wie man so sagt. "Und da denkt man dann schon nach. So etwas würde mir auch als Wohnobjekt gefallen."
Zur Person
Norbert Winkelmayer, Jahrgang 1968, ist CEO der Sans Souci Group. Schwerpunktmäßig widmet er sich mit seinen Unternehmen dem Erwerb von Liegenschaften in guter Lage – und deren Entwicklung zu Luxusdomizilen. Winkelmayer baut nicht neu, er legt allerdings, wie er sagt, große Sorgfalt auf Architektur und Design, auf behutsame Restaurierung von erhaltenswerten Beständen, jedenfalls aber auf die Schaffung von "hervorragenden" Wohneinheiten.
Ehefrau Martina Winkelmayer war lange Jahre bei Henkel beschäftigt und ist später in die Unternehmensgruppe ihres Mannes eingestiegen.