
Statt eines 100-Tage-Mittelfristplans hangeln sich die Regierungsspitzen Andreas Babler, Christian Stocker und Beate Meinl-Reisinger (von links nach rechts) von Projekt zu Projekt.
©APA/HANS KLAUS TECHTDie Dreierkoalition hat sich Trippelschritten statt großen Würfen verschrieben – auch in Sachen Wirtschaft. Wo Türkis-Rot-Pink erste Pflöcke einschlagen will und was weiter warten muss.
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Es war kurz nach 19 Uhr, als Alexander Van der Bellen an einem trüben Mitte-März-Tag das Camineum der Österreichischen Nationalbibliothek am Wiener Josefsplatz mit einem kleinen Begleittross betrat. In den Räumen des Camineums gingen vor Kurzem bisweilen hochdramatische U-Ausschuss-Sitzungen im Gefolge des Ibiza-Skandals in Sachen Korruption über die Bühne.
An diesem Abend war alles andere als Wühlen in den Untiefen der heimischen Politik angesagt. Es sollte vielmehr ein Abend werden, wie er nach Jahren des Grabenkampfes und der vertieften Spaltung selten geworden ist. Der Einladung der bestens vernetzten Nationalbibliothek-Generaldirektorin Johanna Rachinger zu einer der regelmäßigen Ausstellungen im Prunksaal waren diesmal besonders viele prominente Vertreter aus Wirtschaft, Kultur, Zivilgesellschaft und Politik gefolgt. Der Saal war zum Bersten voll, am Rednerpult ein außergewöhnlich gut gelauntes Staatsoberhaupt. Van der Bellen nutzte die Eröffnung der historischen Foto- und Dokumentenschau „Ein Jahrhundert in Bildern. Österreich 1925–2025“ demonstrativ zu einer Feierstunde des politischen Zusammenhalts.
Den lautesten Lacher hatte zuvor der Kurator der Ausstellung, Hans Petschar, eingeheimst, als er als eines der Highlights der Ausstellung ein ikonisches Bild aus dem Jahr 2000 auf die Leinwand beamen ließ. Es zeigt, wie Bundespräsident Thomas Klestil mit eisiger Miene vollzieht, was er vergeblich zu verhindern suchte: die Angelobung von Wolfgang Schüssel als Bundeskanzler der ersten schwarz-blauen Regierung, eingefädelt von Jörg Haider. Der damalige FPÖ-Obmann gratuliert mit schelmischem Grinsen dem frohlockenden ÖVP-Chef, im Hintergrund das Staatsoberhaupt, zu einer Salzsäule erstarrt.
Den größten Applaus heimst Van der Bellens Vorredner ein, als er schlussendlich ein eineinhalb Jahrzehnte später anstehendes zeitgeschichtliches Ereignis anspricht: die knappe Kür von Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten 2016. „Ich darf sagen, dass ich das als Staatsbürger außerordentlich begrüßt habe und weiterhin begrüße.“
Der vermeintliche Routineabend einer zeitgeschichtlichen Ausstellungseröffnung wurde so zu einem sehr aktuellen politischen Akt: Erleichterung und Dankbarkeit, dass es 2025 zu keiner Neuauflage von 2000 in der Regierung kam. Aber zugleich auch ein Appell, es dabei nicht bewenden zu lassen, sondern die Chance für eine Renaissance des politischen Miteinanders zu nutzen. Alexander Van der Bellen pries in einer ausnehmend launigen Rede mit vielen historischen Beispielen den Wert des Miteinanders und der heimischen Sozialpartnerschaft an (...)
Lesen Sie den Artikel in ganzer Länge in der trend.EDITION vom 21. März 2025.
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