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Breitband-Internet: Nutznießer sollen zahlen

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Video-Streaming-Anbieter wie Alphabet (YouTube), Netflix oder Amazon bewegen enorme Datenmengen. Ihre Dienstleistungen bauen auf einer guten Breitband-Internetinfrastruktur auf. Die Telekommunikationsanbieter wollen dafür Finanzierungsbreiträge sehen.

©iStockphoto
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Die permanent steigende Internetnutzung lässt den Datenverkehr und die Kosten für den Breitband-Internetausbau explodieren. Eine WIFO-Analyse im Auftrag der Telekom Austria lotet Optionen aus, wie Netflix, Amazon & Co – die Nutznießer der Entwicklung – an den Investitionskosten der Telekombranche beteiligt werden können.

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Breitband-Internet: Teurer Ausbau

Rund 5,5 Milliarden Euro haben die heimischen Telekommunikationsunternehmen im Zeitraum von 2015 bis 2022 in den Ausbau der technischen Netzinfrastruktur investiert. Wobei der finanzielle Aufwand über die Jahre kontinuierlich gestiegen und zuletzt bereits bei 845 Millionen Euro lag.

Die Investitionen haben mehrere Hintergründe. Die Erschließung weißer Flecken im österreichischen Breitband-Internetnetz, die Implementierung neuer Technologien (5G) sowie die Erweiterung von Kapazitäten aufgrund des laufend steigenden Datenverkehrs.

Es ist der dritte Punkt, der bei den Netzbetreibern besonders empfindlich aufschlägt, denn es ist absehbar, dass der Datenverkehr aufgrund der sprunghaften Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz doch weiter zunehmen wird. Auch bei der Verbreitung und Nutzung von Streaming-Diensten ist noch kein Ende der Fahnenstange in Sicht.

IT-Konzerne wie Google, Meta, Amazon, Netflix und Microsoft dominieren dabei das Geschehen. Auf die Nutzung der Dienste der sogenannten Over-The-Top-Dienstleister (OTTs), denen eine gut funktionierende Netz-Infrastruktur zugrunde liegt, lässt sich der Großteil des Daten-Traffics zurückführen.

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Von 2015 bis 2022 haben die heimischen Telekommunikationsunternehmen in Summe 5,565 Milliarden Euro investiert, davon 5,465 Milliarden in die technische Infrastruktur.

 © WIFO

Fair Share: Traffic-Verursacher sollen zahlen

Die Diskussion ist nicht neu. Unter dem Titel "Fair Share" bzw. "Fair Contribution" seit geraumer Zeit EU-weit eine kontroverse Diskussion darüber geführt, ob und gegebenenfalls wie auch globale Anbieter digitaler Dienste an den massiven Kosten des Ausbaus der digitalen Netzinfrastruktur beteiligt werden können.

2022 forderte etwa die Interessenvertretung "Internetoffensive Österreich" eine "Gigabit-Abgabe". 2021 machten sich 13 Vorstandschefs europäischer Telekom-Provider für einen "fairen Beitrag" der US-Techindustrie stark. Zu den Unterzeichnern damals gehörten neben der Telekom Austria unter anderem die Deutsche Telekom, Telefonica und Vodafone.

Im Auftrag der Telekom Austria Group hat das Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) nun eine ökonomische Kurzanalyse erstellt, in deren Rahmen die weiteren Optionen zur Finanzierung der digitalen Netzinfrastruktur in Österreich und eine Beteiligung der Over-The-Top-Dienstleister ausgelotet wurden. Telekom Austria Deputy CEO Thomas Arnoldner vergleicht eine solche Beteiligung mit einer kilometerabhängigen Maut auf Autobahnen und Schnellstraßen, die dort ebenfalls für Kostenwahrheit sorge: Wer fährt, der zahlt.

Nationale Kosten, internationale Profite

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Nationale Kosten, internationale Profite

57 % des globalen Datenverkehrs gehen auf die Nutzung von Diensten zurück, die von Google, Facebook, Netflix, Apple, Amazon und Microsoft zur Verfügung gestellt werden. A1 Telekom Austria Deputy CEO Thomas Arnoldner macht sich für eine Beteiligung der Verursacher an den Errichtungs- und Erhaltungskosten der Netz-Infrastruktur stark.

 © WIFO

Die WIFO-Analyse

Das WIFO folgt in seiner Analyse der Argumentation der Netzbetreiber, auch weil der Ausbau der Breitband-Infrastruktur in Österreich und in der ganzen EU seitens der öffentlichen Hand massiv gefördert wird. Michael Böheim, Autor der Analyse, hält fest:

Drohende Finanzierungslücke beim Breitband-Ausbau

Die EU und Österreich haben das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 eine flächendeckende Versorgung mit einem symmetrischen, Gigabit-fähigen Breitband-Internet zu errichten. Alle europäischen Haushalte sollen bis dahin mit einem Gigabit-fähigem Netz versorgt sein, alle besiedelten Gebiete mit drahtlosen Hochgeschwindigkeitsnetzen der nächsten Generation abgedeckt sein.

WIFO-Ökonom Böheim kommt in seiner Analyse allerdings zum Schluss, dass es selbst bei einer konstanten Fortschreibung der zuletzt getätigten Investitionen bis zum Jahr 2033 dauern würde, um dieses Ziel zu erreichen.

Es bedürfe daher "investitionsbeschleunigender Maßnahmen", um die Investitionslücke von rund 2,5 Milliarden Euro per 2030 zu schließen. In einem "Finanzierungsbeitrag" seitens der OTTs sieht Böheim eine Option dafür, nebst privater Finanzinvestoren sowie einer Aufstockung der staatlichen Beihilfen.

Optionen für Kosten-Beteiligungen der OTTs

Um private Diensteanbieter (OTTs) an den Investitionskosten für digitale Breitbandinfrastruktur zu beteiligen, gäbe es der WIFO-Analyse zufolge vier Optionen:

  1. Errichtung eigener Netzinfrastrukturen

  2. Netzzusammenschaltungsentgelte

  3. Finanzierungsbeiträge an Telekommunikationsunternehmen (Sending Party Network Pays (SPNP))

  4. Steuern und Abgaben, die seitens der öffentlichen Hand für den Breitbandausbau verwendet werden können.

Obwohl die OTTs bereits verstärkt in eigene Netzinfrastrukturen investieren beginnen, sieht das WIFO deren Beitrag zum Ausbau der Breitbandinfrastruktur bisher in keiner angemessenen Relation zu dem auf die Anbieter zurückzuführenden immensen Datenaufkommen.

Um die Investitionsbereitschaft der heimischen Telekom-Unternehmen aufrecht zu halten müsse laut WIFO-Analyse auch die europäische Netzneutralitätsverordnung, nach der es keine Bevorzugung bestimmter Daten bei er Übertragung im Internet geben darf, überarbeitet werden. Die rechtlichen Hürden dafür werden jedoch als überwindbar angesehen

Als beste Variante, um Finanzierungsbeiträge von OTT-Anbietern in öffentliche Förderprogramme für den Infrastrukturausbau zu lenken, wird eine Fondslösung gesehen, die eine "verursachungsadäquaten Finanzierung der Netzinfrastruktur" im Sinne eines „fairen Beitrags aller digitalen Akteure“ bestmöglich entschärfen würde.

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