CCS - Carbon Dioxide Capture and Storage soll auch in Österreich per Gesetz erlaubt werden und es der Industrie ermöglichen, prozessbedingte schwer oder nicht vermeidbare CO2-Emissionen abzuscheiden und das Treibhausgas in der Folge langfristig und sicher zu speichern.
©Elke MayrDas Abscheiden von CO2 aus Industrie-Abgasen und Speichern im Boden (CCS) kann eine wichtige Maßnahme zur Decarbonisierung der Industrie und Standortsicherung sein. Von der Bundesregierung kommt nun die Empfehlung, den gesetzlichen Rahmen dafür zu schaffen.
Österreich hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu sein. Dafür müssen zuerst die Treibhausgasemissionen soweit wie möglich gesenkt werden und schließlich bilanziell durch natürliche und technische Senken ausgeglichen werden („NettoNull“).
Mittels technischer Senken soll es aber auch „hard-to-decarbonize“-Sektoren möglich werden, ihre Restemissionen abzuscheiden und dauerhaft zu speichern (CCS) oder dauerhaft weiter zu nutzen (CCU). CCS (Carbon Dioxide Capture and Storage) ist ein Verfahren, bestehend aus Prozessen zur Abscheidung von Kohlenstoffdioxid (CO2), dessen Transport und der Einbringung in geologische Formationen zur sicheren, langfristigen Speicherung. Unter CCU versteht man die Abscheidung von CO2 zur späteren Nutzung (Carbon Dioxide Capture and Utilization), wofür allerdings noch die Anwendungen fehlen.
In Österreich ist das Abscheiden und die folgende Speicherung von CO2 aktuell noch verboten, im neuen Evaluierungsbericht der Bundesregierung zum Bundesgesetz über das Verbot der geologischen Speicherung von Kohlenstoffdioxid wird jedoch empfohlen, die geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid zuzulassen und das entsprechende Bundesgesetz zu ändern. Die entsprechende bundesgesetzliche Regelung soll bis Mitte 2025 getroffen werden.
CO2-neutrale Industrie durch Carbon Capture
Die gesetzliche Bestimmung zielt auf besonders auf industrielle Emissionen ab, die etwa in der Zement- oder Stahlindustrie in großen Mengen anfallen und prozessbedingt schwer oder nicht vermeidbar sind. Unter strengen Sicherheits- und Umweltauflagen soll die Abscheidung und Speicherung von CO2 gestatte werden und so auch einen strategischen Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität Österreichs leisten.
Die Richtlinie 2009/31/EG (CCS-RL) des europäischen Parlaments und des Rates regelt die geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid. Für die dauerhafte geologische Speicherung von CO2 kommen demnach tiefliegende, poröse, durchlässige Gesteinsschichten in Frage, die von undurchlässigen Gesteinsschichten (sogenannten Deckschichten) überlagert werden, die ein Wiederaustreten des zuvor eingebrachten CO2 verhindern. Grundsätzlich kommen als Speichergesteine ausgeförderte Lagerstätten von Erdöl und Erdgas und salzwasserführende tiefe Gesteinsschichten – sogenannte salinare Aquifere – in Betracht.
Österreich verfügt laut Bericht über derartige Speichermöglichkeiten. Es sind zurzeit ca. 200 ausgeförderte beziehungsweise teilweise ausgeförderte Erdöl- und Erdgasfeldkomplexe sowie etwa 30 salinare Aquifersysteme bekannt. Einige davon werden bereits seit Jahrzehnten für die Speicherung von Erdgas verwendet.
Internationale Pilotprojekte
Kommerzielle CCS-Projekte in salinaren Aquifersystemen sind sowohl als Festlandspeicher (zB Quest, Kanada) als auch als untermeerische Speicher (zB Sleipner, Norwegen) zum Teil seit mehr als 20 Jahren erfolgreich in Betrieb.
Weltweit waren laut Global CCS Institute mit Stand September 2022 bereits 30 CCS-Anlagen (Abscheidung und Speicherung) in Betrieb, weitere elf Anlagen waren in Bau und sollen bis Ende 2026 in Betrieb genommen werden. Das gesamte CO2- Abscheidungspotenzial dieser 41 Anlagen liegt bei ca. 51 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr.
78 weitere Projekte mit einem kumulativen CO2-Abscheidungspotenzial von 100 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr beträgt sind im „fortgeschrittenem Entwicklungsstadium“. 75 Projekte mit einem CO2-Abscheidungspotenzial von ca. 95 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr befanden sich in einer frühen Planungsphase.
Technische Voraussetzungen sind erfüllt
Von technischer Seite sieht der Evaluierungsbericht die Voraussetzungen zur Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung derartiger Projekte in Österreich gegeben. Laut dem technischen Beratungsgremium für die EU-Kommission zum Thema CCS (ZEP – Zero Emissions Platform) ist die Nachfrage nach Speichermöglichkeiten bereits heute größer als die angestrebten Ausbaupläne der Speicherstätten (ECCSEL, 2022).
Das heißt auch für Österreich, dass der Bedarf zur Speicherung schwer vermeidbarer CO2-Emissionen signifikant über die derzeit erlaubte speicherbare Menge von 100 000 t hinausgeht. Aktuelle Analysen des wissenschaftlichen Beirats zur österreichischen Carbon Management Strategie (CMS) gehen davon aus, dass selbst 2040 die CO2-Emissionen der Industrie, je nach Szenario, zwischen 4,4 und 12,1 Mio. Tonnen pro Jahr betragen werden.
Speicherung als Teil der Carbon Management Strategie
Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Carbon Management Strategie (CMS) wird weiter festgehalten:
Kosteneffektive nationale Maßnahmen zur Minderung und Vermeidung von Treibhausgasemissionen und zur Effizienzsteigerung haben weiterhin absolute Priorität.
Für schwer bzw. nicht vermeidbare, prozessbedingte Emissionen (Rest- bzw. Residualemissionen) in ‚hard to abate‘- Sektoren und unter strengen Sicherheits- und Umweltauflagen, kann die Abscheidung und geologische Speicherung von CO2 jedoch einen wichtigen strategischen Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität leisten.
Der Weltklimarat IPCC nennt u.a. die dauerhafte Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre durch technische und natürliche Verfahren als eine der Säulen im Kampf gegen den anthropogenen Klimawandel.
Damit der Einstieg Österreichs in die geologische Speicherung von CO2 gelingt und die Technologie einen Beitrag zur Klimaneutralität und zum Fortbestand einer wettbewerbsfähigen nationalen Industrie leisten kann, wird CCS in die nationale Carbon Management Strategie (CMS) aufgenommen. Die Kriterien dafür sollen auf Basis unabhängiger, wissenschaftlicher Analysen erfolgen. Als Grundlage für die Bewertung sind u.a. die Klimaziele und die langfristige Transformation des Energiesystems heranzuziehen.
Für einen effizienten Hochlauf der CCS-Technologie in Österreich müssen Studien, Pilot- und Demoprojekte durchgeführt und Reallabore über die gesamte Wertschöpfungskette aufgebaut werden.