Henrietta Egerth (re.), FFG-Geschäftsführerin, und Karin Tausz, Mitglied der Geschäftsführung.
©FFG / Susanne EinzenbergerHENRIETTA EGERTH und KARIN TAUSZ von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG: Ideen gibt es genug, jetzt müssen die Fördermittel steigen, damit Österreich international wettbewerbsfähig bleibt. Schwerpunkt bleibt die Unterstützung der Wirtschaft bei ihrer nachhaltigen und klimafreundlichen Transformation.
Wie hat sich die Förderlandschaft dieses Jahr entwickelt?
Nach einem absoluten Rekordjahr 2022, in dem wir so viele Fördermittel wie nie zuvor vergeben konnten, bleibt die FFG trotz leichtem Rückgang im Vergleich zum Vorjahr mit einer Mittelbindung von 1,55 Milliarden Euro für neue Ausschreibungen nach wie vor auf einem herausragenden Niveau.
Positiv ist auch, dass sich die letztjährige Rekordsumme an Ausschreibungen heuer in einem historischen Höchstwert von voraussichtlich über 1,75 Milliarden in neuen Förderverträgen widerspiegelt. Da sind wir schon sehr gut unterwegs.
Was sind die Treiber dieser Entwicklung?
Die Treiber sind vielfältig. Einerseits ist es die laufende Verbreiterung unseres Portfolios als "Innovationsdrehscheibe" zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Hinzu kommen Sonderbudgets wie der Aufbau- und Resilienzplan (RRF) der EU, zahlreiche Infrastrukturprogramme und Breitbandförderungen.
Was sind inhaltlich die Schwerpunkte der Förderungen?
Die FFG adressiert die großen Themen für die Transformation, daher fließen die Förderungen vor allem in die Bereiche Energie und Umwelt, Produktion, Mobilität, IKT und Life Sciences. Mit der schon erwähnten Klima-und Transformationsoffensive wird die österreichische Wirtschaft bei ihrem nachhaltigen und digitalen Wandel für den Zeitraum 2026 mit rund 300 Millionen Euro an Förderungen unterstützt.
Im Fokus dieser Transformationsoffensive stehen die Schlüsselsektoren Automotive, Halbleiterindustrie - auch im Hinblick auf den European Chips Act, Life Sciences und Digitalisierung. Mit diesem zusätzlichen Förderbudget sollen die Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und Unabhängigkeit heimischer Unternehmen gestärkt und nachhaltige Wertschöpfungsketten in Österreich aufgebaut werden.
Im Moment ist ziemlich viel Krise, die Stimmung eher pessimistisch. Drohen uns irgendwann die Ideen auszugehen?
Im Gegenteil. Wir sehen aktuell eine Steigerung von zwölf Prozent bei den Antragszahlen, ausgelöst vor allem durch KMU und Start-ups. Das zeigt, dass Forschung und Entwicklung nicht nur etwas für große Unternehmen und Institute ist. Allerdings konnten wir gleichzeitig leider 20 Prozent der beantragten Förderungen mangels Mittel nicht gewähren. Das sind rund 500 Projekte. Hier droht in Österreich ein Braindrain, dem wir entgegensteuern müssen.
Österreich steht international nicht schlecht da. Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung gehören wir mit einer Forschungsquote von 3,2 Prozent global zu den Spitzenreitern. Mit Platz sechs im European Innovation Scoreboard führen wir die Gruppe der "Strong Innovators" an. Allerdings muss man auch sagen: Bei der Bewältigung der großen Herausforderungen wie Klimawandel, Mobilitätswende, Technologiesouveränität läuft uns die Zeit davon. Hier wollen und müssen wir mehr Tempo ins System bringen.
Welches sind die Schwerpunkte der FFG im kommenden Jahr?
So vielfältig das Aufgabengebiet der FFG ist, die Bewältigung der Klimakrise hat Top-Priorität. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn wir zukunftsweisende Lösungen für eine nachhaltige grüne Transformation finden. Gerade der Bereich Green Mobility ist für mich eine Herzensangelegenheit, und hier passiert aktuell unglaublich viel. Als FFG fördern wir zahlreiche Projekte in diesem Bereich.
Dem kann ich nur zustimmen! Die Relevanz des Themas spiegelt sich auch in den Förderungen wider: 64 Prozent der FFG-Förderungen werden jetzt schon in Technologien zur Reduktion des CO2-Ausstoßes investiert. Neben Klimaund Umweltschutz ist die Digitalisierung das zweite große Fokusthema. Jeder zweite Fördereuro im vergangenen Jahr wurde in Digitalisierungsprojekte investiert. Klar ist, dass man hier dranbleiben muss, damit Österreich international wettbewerbsfähig bleibt.
Wie wird sich die FFG weiter entwickeln?
Die FFG feiert nächstes Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. In diesen zwei Jahrzehnten hat sich die FFG, stark weiterentwickelt - von einer reinen Förderagentur als "bloße Verwalterin" von Forschungsgeldern hin zu einem umfassenden Beratungs- und Kompetenzzentrum, das mittlerweile als unverzichtbarer Knotenpunkt zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik agiert. Unser Ziel ist es, unsere Funktion als "Innovationsdrehscheibe" noch stärker zu betonen und insbesondere unsere eigenen Dienstleistungen weiter auszubauen. Gerade im Bereich Beratung bzw. Coaching möchten wir Unternehmen, Institutionen, Forscherinnen und Forscher erfolgreich durch den "Förderdschungel" führen. Wir werden auch die kommenden 20 Jahre Zukunft gestalten.
Grundsätzlich gilt es, die Erfolgsgeschichte der FFG weiter fortzuschreiben und das jetzt schon sehr effiziente System noch weiter zu optimieren. Dabei möchten wir verstärkt die Wirkung der Förderungen - nicht als Einzelprojekte, aber des Gesamtportfolios - in den Fokus rücken und evaluieren. Große Ziele wie "Klimawende schaffen" müssen auf eine messbare, überprüfbare Ebene übersetzt werden, um sicherzustellen, dass wir als Wirtschafts- und Innovationsstandort sowie als Gesellschaft unsere Ziele erreichen.
Und neben höherer Effizienz und Wirkung ist es natürlich immer ein Ziel, noch mehr zu erreichen als bisher. Daher ist eine weitere Erhöhung der Forschungsgelder - unter Berücksichtigung der derzeit schwierigen Rahmenbedingungen durch Inflation und Teuerung - unbedingt notwendig! Ohne deutliche Budgeterhöhung verlässt die Forschung sonst den gesetzlich vorgegebenen Wachstumspfad. Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können und Wachstum und Arbeitsplätze zu sichern, braucht es gerade jetzt Unterstützung für weitere Investitionen in die angewandte Forschung und Entwicklung.
Zu den Personen
HENRIETTA EGERTH ist seit 2004 Geschäftsführerin der FFG. Die Handelswissenschaftlerin war zuvor in Brüssel tätig, dann für die Industriellenvereinigung in Wien und für das Wirtschaftsministerium. Sie ist auch Mitglied des Wissenschafts-und Forschungsrats (Stmk., OÖ, Sbg.) und darüber hinaus in diversen Kuratorien und Aufsichtsräten vertreten, u. a. der Erste Bank Group.
KARIN TAUSZ ist seit September 2023 Mitglied der FFG-Geschäftsführung. Sie studierte Volkswirtschaft an der WU Wien und war als Managerin in der Stadt-und Regionalentwicklung sowie im Mobilitätssektor in Forschungs-, Industrie-und Bahnunternehmen tätig.
Sie ist Aufsichtsratsvorsitzende der Austro Control und Aufsichtsrätin im AIT Austrian Institute of Technology.
Das Interview ist aus trend. edition+ vom Dezember 2023.
Zur Magazin-Vorschau: Die aktuelle trend. Ausgabe
Zum trend. Abo-Shop