Wasserstoff hat als umweltfreundlicher Energieträger ein enormes Potenzial. Im Projekt H2REAL bündeln 17 Partner ihre Kräfte zur Weiterentwicklung der dafür erforderlichen Technologien.
Eine unendlich vorhandene, abgasfreie und umweltfreundliche Energiequelle: Wasserstoff hat das Potenzial, all das zu erfüllen und zum Energieträger der Zukunft zu werden, der auch noch dem Klimawandel rechtzeitig einen Riegel vorschiebt.
Die Grundidee dahinter ist, Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind-, Sonnen- oder Wasserkraft zur Wasserstoff-Elektrolyse zu nutzen. Dabei wird Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) gespalten. Für die Elektrolyse von 1 kg Wasserstoff werden dabei rund 10 Liter Wasser und rund 53 kWh Strom benötigt.
Der gasförmige Wasserstoff kann in der Folge gespeichert und in dichten Behältern auch über weite Strecken transportiert werden. Um daraus wieder Energie zu gewinnen muss der Wasserstoff wieder kontrolliert mit Sauerstoff zusammengeführt werden. Bei der dabei folgenden explosionsartigen Knallgasreaktion wird Energie frei. Als einziges Abfallprodukt entsteht dabei wieder reinstes Wasser (H2O).
Die Schlüssel für den breiten Einsatz von Wasserstoff als Energieträger liegen daher darin, ausreichend erneuerbare Energie zur Verfügung zu haben, sowie ein effizientes Elektrolyseverfahren, ein nutzbares Speichersystem sowie Verfahren zur kontrollierten Abwicklung der Knallgasreaktion zu entwickeln.
Im Rahmen des Projekts "H2REAL", bündeln nun 17 Partner ihre Kräfte, um die Forschungen auf diesen Gebieten weiter voranzutreiben und Lösungen für den Einsatz des umweltfreundlichen Energieträgers zu finden. Das Projekt H2REAL hat das Ziel, ein Hydrogen Valley als Schlüssel für die Wasserstofftechnologie und -anwendungen in der Region Ostösterreich zu entwickeln.
Zu den Partnern gehören Energieversorger, Netzbetreiber als auch Ökostromerzeuger und Elektrolyse-Anlagenbauer, aber auch Forschungseinrichtungen und Universitäten, darunter WIEN ENERGIE, AIT Austrian Institute of Technology, Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz, HyCentA Research GmbH, Technische Universität Wien Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften, Austrian Power Grid AG, Burgenland Energie AG, Linde Gas GmbH, WIENER NETZE GmbH.
Das Projektvolumen beträgt 4,5 Mio. Euro, davon fördert der Klima- und Energiefonds 2,6 Mio. Euro. Diese Förderungen seien wichtig für den Hochlauf, sagt Linda Kirchberger, die bei der Wien Energie den Bereich "Asset Dekarbonisierung und neue Technologien" leitet.
Bernd Vogl, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, unterstreicht die Bedeutung von Wasserstoff als Speicher und für die produzierende Industrie. Er stellte aber auch klar, dass mit Ökostrom produzierter Wasserstoff als "E-Fuel" in Verbrennungsmotoren von Autos "leider ein Blödsinn" sei, weil man dafür zehnmal so viele Windräder und Photovoltaikanlagen benötige wie bei batterieelektrischen Fahrzeugen. Das bedeute, "alles was elektrifiziert werden kann, wird elektrifiziert" und nur was sich nicht elektrifizieren lässt, werde auf Wasserstoff angewiesen sein, so Vogl.
Einig sind sich die Experten, dass Wasserstoff - ähnlich wie fossile Energien wie Öl und Gas - vorwiegend ein Importgut sein wird. Deutschland etwa gehe davon aus, dass nur 10 bis 30 Prozent des Bedarfs durch inländische Produktion gedeckt werden könne. Dennoch sei es wichtig, jetzt zu investieren, um eine Wertschöpfungskette aufzubauen, so Vogl.
Etwas weiter in Sachen Wasserstoff ist Oberösterreich, wo der Erdgasspeicherbetreiber RAG mit der Speicherung von Wasserstoff in ehemaligen Erdgaslagerstätten experimentiert und die voestalpine den mit 6 Megawatt (MW) Leistung bis dato größten Elektrolyseur Österreichs betreibt. Zum Vergleich: Die Anlage der Wien Energie in Simmering hat 3 MW. In Planung sind deutlich größere Anlagen im zweistelligen Megawatt-Bereich, etwa jene der OMV oder jene des Verbunds mit der Burgenland Energie mit 60 MW und 300 MW Leistung in der zweiten Ausbaustufe. Europas bisher größte Elektrolyse-Anlage betreibt Shell in Rotterdam.
Horst Steinmüller, Geschäftsführer der Wasserstoff-Initiative WIVA P&G, erklärte, dass der Transport von Wasserstoff per Pipeline günstiger sei als per Schiff. Das spreche aus europäischer Sicht eher gegen eine Massenproduktion in Chile oder Argentinien und eher für eine Erzeugung in nordafrikanischen Ländern wie Tunesien. Österreich selbst sollte jedenfalls so viel Wasserstoff produzieren, wie optimal produziert werden könne, vielleicht seien es auch mehr als 30 Prozent des Bedarfs. Die derzeitigen Projekte bieten die Chance, die Technologie zu entwickeln, seien jedoch noch keine echte Systemumstellung.
Um grünen Wasserstoff zu erzeugen, wird Ökostrom und Wasser benötigt. Auch Steinmüller betonte deshalb einmal mehr, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien, also von Windkraft und Photovoltaik, an erster Stelle stehen müsse. Ohne Windräder und großen Photovoltaikanlagen sei eine Wasserstoffwirtschaft nicht möglich.
Über die Autoren
Peter Sempelmann
Peter Sempelmann, geb. 1968, arbeitet seit 1997 als Journalist mit Fokus auf Wirtschaft und Technologie und leitet seit 2013 die trend. Online-Redaktion. Stationen in der journalistischen Karriere: trend, FORMAT, profil, WirtschaftsBlatt, Report Verlag.
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