KI-Einsatz in Unternehmen, eine strategische Herausforderung
©iStockphotoMit dem am 13. März vom EU-Parlament angenommen AI-Act schafft die EU einen gesetzlichen Rahmen für den Einsatz von KI-Technologien. Für Unternehmen ist daher jetzt die Zeit gekommen, sich mit den Bestimmungen auseinanderzusetzen und KI-Strategien zu entwickeln.
Nach langen Verhandlungen wurde der AI-Act der EU am 13. März 2024 beschlossen. Die Bestimmungen treten Anfang 2026 in Kraft. Das scheint noch weit entfern zu sein, doch das täuscht. Ab 2026 müssen nämlich alle Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen auf KI-Basis anbieten, ihre KI-Systeme kategorisieren und von den Behörden prüfen lassen. Und das werden 2026 bei den rasanten Fortschritten, die es bei der Entwicklung der Technologie gibt, dann nahezu alle Unternehmen sein.
„Mich erinnert der Status stark an die Zeit vor dem Inkrafttreten der DSGVO: Alle wussten, dass die Verordnung kommen wird. Alle wussten, dass es im Vorfeld einiger strategischer und praktischer Bemühungen bedarf, um sich entsprechend vorzubereiten – aber viele Unternehmen haben einfach den Kopf in den Sand gesteckt. Nach dem Motto: So schlimm wird’s schon nicht werden“, sagt Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy.
AI-Act konformen KI-Strategien für Unternehmen
Schlimm oder nicht - „Jedes Unternehmen braucht bis zum Inkrafttreten des AI Act eine umfassende KI-Strategie", mahnt auch der Digitalökonom Martin Giesswein. Er beschwichtigt dabei: „Das ist keine Rocket-Science, aber sie umfasst einige zentrale Kernmodule, eine Ergänzung und Optimierung der bestehenden Geschäftspläne auf der Grundlage der neuen KI-Spielregeln.“
Eine solche, umfangreiche KI-Strategie hilft Unternehmen dabei, den Einsatz von KI transparenter zu gestalten und Vertrauen bei Kunden und Stakeholdern aufzubauen.
Die Strategie schafft auch intern Transparenz, gibt Überblick über das eigene KI-Portfolio und ermöglicht Synergien bei KI-Projekten. Auch das Reporting an Aufsichtsräte oder Eigentümer wird so erleichtert.
Richtig angewandte KI hilft Unternehmen, Aufgaben zu automatisieren, Lücken in der Datenqualität zu schließen und neue Dienstleistungen zu entwickeln. Das ermöglicht Produktivitätssteigerungen, Kosteneinsparungen, die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen und dadurch auch einen Wettbewerbsvorteil.
Die folgenden 6 Punkte sollten dabei das Fundament einer umfangrechen KI-Strategie darstellen, um Unternehmen AI-Act-fit zu machen.
1. Mit KI vertraut werden
Grundlegende KI-Anwender-Kenntnisse sollten bereits heute für Führungskräfte zum Einmaleins gehören, um die Zusammenhänge die Tragweite eines KI-Einsatzes zu verstehen. Führungskräfte müssen die Herausforderungen und Vorteile eines KI-Einsatzes abschätzen können. Und sie müssen sich der Folgen ihrer Entscheidungen in einer Welt voller KI bewusst sein und
2. Ethische KI-Nutzung und Einhaltung des KI-Gesetzes
Führungskräfte sollten sich bereits jetzt den Compliance-Bestimmungen des EU AI-Acts annähern und bei der Planung und Einführung neuer Systeme die Dokumentationen für eine spätere Klassifizierung erstellen. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist:
Internes Knowhow aufbauen und gegebenenfalls externe Experten zur Beratung hinzuzuziehen.
Mit dem Risikorahmen des AI-Gesetzes und der Einteilung die Risikogruppen) vertraut werden.
Mit dem KI-Pakt der EU (https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/ai-pact) haben EU-Unternehmen bereits jetzt die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis eine Compliance herzustellen.
Für (neue) IT-Systeme Standards und Zertifizierungen verwenden, die auf die Compliance mit dem AI Act abzielen und eine ethische Dokumentation garantieren. Dazu gehören:
§ ISO/IEC/IEEE 7000-Norm: Berücksichtigung ethischer Belange bei der Systementwicklung
§ IEEE 7001 Transparenz von autonomen Systemen
§ CertifAIEd-Zertifizierung und -Zeichen
3. Die eigene KI-Richtlinie erstellen
Eine unternehmensspezifische KI-Richtlinie schafft Klarheit und Vertrauen bei Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten und anderen Partnern, wenn sie diese Punkte beinhaltet:
Wie stehen wir als Unternehmen generell zum Einsatz von KI?
Wie nutzen und kontrollieren wir KI? Streben wir eine Arbeitsplatzreduktion durch Optimierung bzw. Prozessautomatisierung an oder setzen wir vermehrt auf menschliche Kundeninteraktion, wenn Routineaufgaben von der KI übernommen werden?
Wie stellen wir Datenschutz und Fairness beim Einsatz von KI sicher?
4. Die Folgen der KI-Nutzung abschätzen
Gibt es für die Branche durch den Einsatz von KI neue Wettbewerber und Herausforderer aus anderen Industrien?
Sind neue Nachfragemuster seitens der Kunden zu erwarten?
Ändern sich die traditionellen Wege eines Geschäftsabschlusses durch den Einsatz von KI-Interaktionen?
Ist KI ein Treiber des gesellschaftlichen Wandels und erzeugt sie neue Bedürfnisse, die das Unternehmen decken kann?
"Es wäre möglicherweise sogar sinnvoll, eine strategisch vorausschauende Stabstelle der Geschäftsführung zu schaffen, die aus unterschiedlichen Bereichen wie Recht, Technik, Controlling und Compliance zusammengesetzt ist und so das Potential der KI für das gesamte Unternehmen hebt“, empfiehlt Martin Giesswein.
5. Produktivitätssteigerungen durch KI sicherstellen
Die Befürworter des Einsatzes von KI im Unternehmen argumentieren in der Regel mit großen Produktivitätssteigerungspotenzialen. Aber nur wenn die Technologie auch richtig eingesetzt wird, kann sie auch die Produktivität eines Unternehmens verbessern. Um das zu ermöglichen, sollten folgende Schritte gesetzt werden:
Manager und Mitarbeiter im Einsatz von KI-Tools schulen.
Bereiche im Unternehmen definieren, wo KI sinnvoll eingesetzt werden kann. Etwa in der Logistikoptimierung, beim Forecasting und bei Budgetsimulationen, bei der Automatisierung manueller Tätigkeiten im Büroalltag, oder beim Marketing und der Agentursteuerung.
Eine firmenspezifische KI-Umgebung, abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse schaffen. Unter dem Stichwort „CompanyGPT“ bieten Anbieter wie etwa die Linzer Firma 506.ai, die deutsche Aleph-Alpha oder auch Microsoft entsprechende Lösungen an.
Erstellen Sie einen langfristigen Plan zu Steigerung Ihrer KI-Produktivität. Quick Wins sind auch mit KI nur selten nachhaltig.
6. Die nationale Umsetzung des AI-Acts beobachten
„Für die Wettbewerbsfähigkeit Europas ist es notwendig, dass die jeweiligen nationalen AI Offices gut abgestimmt sind und den AI Act einheitlich in ganz Europa verwalten“, sagt Barbara Stöttinger.
Mit dem AI Act und seinem strikten Regelwerk wird die EU weltweit zum Vorreiter, was wiederum europäischen Unternehmen aktiv als Asset nutzen sollten. Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung in der betrieblichen Praxis ist aber eine unbürokratische und einheitliche Vorgehensweise der lokalen Behörden. „Hier kann für Unternehmen viel Potential entstehen, aber auch einiges auf der Strecke bleiben“, betont die WU Executive Academy Dekanin.
WU Executive Academy
Die WU Wien, eine der weltweit führenden Business-Hochschulen, bündelt in der WU Executive Academy ihr Programmportfolio im Bereich „Executive Education“. Zu diesen zählen MBA, Master of Laws und Professional Master Programme, das Universitätsstudium Diplom BetriebswirtIn, Universitätslehrgänge, kompakte Weiterbildungsprogramme und Custom Programs. KI ist an der WU Executive Academy bereits in vielen Lehrangeboten ein wichtiger Teil der Digitalökonomie, der auch konkret angewandt wird. Mit durchschnittlich 750 Graduate Students und ca. 900 Führungskräften, Fachleuten und High-Potentials aus über 75 Ländern, die jährlich an den Programmen teilnehmen, gehört die WU Executive Academy zu den führenden Weiterbildungsanbietern in Zentral- und Osteuropa.