Bei Streitigkeiten vor Gericht oder bei außergerichtlichen Angelegenheiten vertritt Klienten derzeit noch ein Anwalt aus Fleisch und Blut. Das könnte sich in Zukunft ändern. Der rechtliche Beistand könnte, für jene, die das möchten, in Zukunft in Form künstlicher Intelligenz kommen. In welchen Bereichen das am wahrscheinlichsten ist, welche Anbieter es gibt und wie die Österreicher zur Digitalisierung der Rechtsbranche stehen.
- Digitaler Anwalt: IBM mit Computerprogramm namens Ross
- Der digitale Anwalt: Daten sammeln, Inhalte prüfen und Lösungen finden
- Realistische Anwendungen für "Roboter-Anwälte"
- Software-Anbieter für Robo-Advisory
- Umfrage: Anwaltsgehilfen in wenigen Jahren überflüssig
- Future-Law.at: Innovationsplattform in Österreich
- Fast drei Viertel der Österreicher würden digitale Rechtsbereitung in Anspruch nehmen
Digitaler Anwalt: IBM mit Computerprogramm namens Ross
Anwaltlicher Rat könnte in Zukunft rasch und einfach zu bekommen sein, ohne je eine Kanzlei betreten zu müssen. Anwälte könnten durch künstliche Intelligenz ersetzt werden. Man gibt eine juristische Frage in ein Softwareprogramm eine und das spuckt automatisch die Antworten aus. IBM hat ein solches Computerprogramm namens Ross bereits entwickelt. Als Basis dient die Software IBM Watson, die in ersten Versuchen bereits erfolgreich getestet wurde. Künstliche Intelligenz kann aber auch dafür genutzt werden, die Arbeit der Anwälte zu unterstützen und deren Entscheidungsprozesse zu vereinfachen.
Der digitale Anwalt: Daten sammeln, Inhalte prüfen und Lösungen finden
Einzelne Visionäre glauben gar, dass bis zu 80 Prozent der heute von Juristen ausgeführten Arbeiten in den nächsten Jahren besser durch künstliche Intelligenz erledigt werden könnte. Wenn diese Ansicht auch als utopisch eingestuft wird, juristische Sachverhalte könnten vereinzelt bereits von Softwareprogrammen analysiert werden, Daten aus unterschiedlichsten Quellen können mit enormer Geschwindigkeit verarbeitet werden, die Inhalte abgewogen und auf konkrete Fragen Lösungsvorschläge und die dazu passenden Argumente geliefert werden. Heraus kommen sollen fundierte rechtliche Entscheidungsgrundlagen. Entweder für Anwälte oder direkt für den Klienten.
Realistische Anwendungen für "Roboter-Anwälte"
Einfache Scheidungsfälle oder Verkehrsunfälle
Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, erklärte er könne sich gut vorstellen, einfache Scheidungsfälle oder Verkehrsunfälle von einem Computer lösen zu lassen. Großbritannien etwa plant ein Online-Gericht, bei dem keine Anwälte nötig sind. Nach Einschätzung von LexisNixis in ihrem Whithepapier über die Digitalisierung der Rechtsbranche ist der automatisierte Rechtsbeistand für Konsumenten vor allem für die Durchsetzung von Verbraucherrechten geeignet. "Systeme, die standardisierte Rechtsprobleme lösen, sind realistisch", so Alberto Sanz de Lama, Geschäftsführer von Lexis Nexis.
Software-Anbieter für Robo-Advisory
Schon heute gibt es neben Watson, Start-ups wie die US-Firma Neota Logic, die rechtliche Antworten liefern, die zuvor von Anwälten in eine Softwareprogramm eingepflegt wurden. In Deutschland verfolgt die Firma Lexalgo.com einen ähnlichen Ansatz. Auch da soll mit intelligenten Algorithmen rechtliche Entscheidungsprozesse vereinfacht und beschleunigt werden. Die Module können Anwälte oder von diesen auch direkt ihren Klienten zur Verfügung gestellt werden. Lexalgo stellt dafür die Nutzeroberfläche bereit.
Umfrage: Anwaltsgehilfen in wenigen Jahren überflüssig
Bei einer großen Umfrage unter Kanzleipartnern in den USA, der Altman Weil Survey 2015, waren fast 50 Prozent davon überzeugt, dass ein auf Jus spezialisierter „Watson“ in fünf bis zehn Jahren juristisch geschulte Anwaltsgehilfen ersetzen wird. Immerhin 35 Prozent das Konzipienten von künstlicher Intelligenz ersetzt werden. So ein intelligentes Softwareprogramm funktioniert, laut einem Whitepaper des auf Recht und Technologie spezialisierten Verlags LexisNexis über die Digitalisierung der Rechtsbranche, wie eine Suchmaschine, die passende Literatur zum jeweiligen Thema, Rechtssprechung und sekundäre Quellen herausfiltert. Ein Softwaresystem wie sie bereits auch von LexisNexis entwickelt wurde. Solche Systeme seien damit kein Ersatz.-Anwalt, würde aber in die selbe Kerbe schlagen wie die aufkommende Revolution bei Rechtsdatenbanken.
Future-Law.at: Innovationsplattform in Österreich
Auch in Österreich kommt Bewegung in die Sache. Um künstliche Entscheidungsintelligenz für Anwälte weiterzuentwickeln, wurde die unabhängige Plattform Future-Law.at ins Leben gerufen. Dort sollen Technologien und Innovationen entwickelt werden, die die Rechtsbranche vorantreiben.
Fast drei Viertel der Österreicher würden digitale Rechtsbereitung in Anspruch nehmen
Die Österreicher geben sich jedenfalls offen für solche neuen Wege in der Rechtsberatung. Laut einer Umfrage unter 500 Österreichern von LexisNexis und dem Online MarktforschungsgmbH können sich 68 Prozent der Befragten vorstellen, eine automatisierte Rechtsberatung zu nutzen. Die Beratung wird auf diese Weise ausschließlich anhand ihrer Eingaben von einem intelligenten Softwareprogramm generiert. Vor allem Männer stehen dieser Innovation positiv gegenüber. 74 Prozent der befragten männlichen Umfrageteilnehmer würden eine solche Beratung befürworten.
Wie stark klaffen Potential und Vision auseinander?
Noch dürfte der digitale Anwalt für breite Anwendungsgebiete aber nicht reif sein. Laut einer Studie der Professoren Dana Remus und Frank Levy soll nur für 13 Prozent der juristischen Arbeiten eine hohe Chance für Automatisierbarkeit bestehen.