
Drei-CEO Rudolf Schrefl spricht über private 5G-Netze, treffsichere Breitbandförderungen, die Ideen hinter Wetterdiensten und Reiseversicherungen, und wer aller Verantwortung für Handy-süchtige Kinder übernehmen sollte.
Die Tech-Konzerne machen die Jugend mit ihren Apps digitalsüchtig, und Sie mit „Safe“ eine Awareness-Kampagne. Ist das wirklich Ihre Aufgabe als Telekomprovider?
Die Wirtschaft muss ihren Beitrag leisten bei kritischen Sozialthemen. Wir kriegen die Problematik in den Schulen und aus unserem privaten Umfeld natürlich mit. Unterstützen können wir mit technischen Lösungen und Beratungsleistungen. Uns war es aber ein Anliegen, sehr früh Angebote zu machen. Das Einstiegsalter für das erste Smartphone liegt mittlerweile bei neun Jahren, wie wir wissen.
Mit einem Handyverbot in Schulen reagiert der Bildungsminister im Rahmen seiner Möglichkeiten. Die Konzerne, die mit Content und Nutzerdaten Geld verdienen, sehen sich nicht in der Verantwortung, zumindest nicht in Europa.
Natürlich sollte diese Verantwortung auch von den Konzernen kommen, die die Inhalte liefern. Wir sehen unsere Rolle ein bisschen wie die der Asfinag, die im Straßenverkehr ja auch einiges macht, um die Straßen sicherer zu machen. Das ist unser Teil der Aufgabe. In den Schulen sollte der gesunde Umfang mit dem Smartphone Teil des Curriculums werden. Allein das Verbot wird nicht reichen.
Lassen Sie uns über das Firmenkundengeschäft sprechen: A1 und Magenta werben gerade intensiv um diese Zielgruppe. Wie läuft das Geschäft bei Drei? Beim Service haben Sie jüngst gute Noten bekommen.
Das Enterprise-Geschäft hat sich zuletzt gut entwickelt. Wir gehen hier immer mehr ins Lösungsgeschäft, wo wir manchmal alles aus einer Hand anbieten, manchmal auch mit Systemintegratoren zusammenarbeiten. Für das Sanatorium Döbling haben wir zuletzt ein privates 5G Campusnetz errichtet. Die europäischen Standorte eines großen österreichischen Möbelhauses haben wir auch so miteinander vernetzt, auch eine Frequentis nutzt ein privates 5G-Netz von uns. Auch im IoT-Bereich tut sich gerade viel: In einer Kärntner Gemeinde bauen wir die Sensorik auf den Straßen aus, damit die Streuwagen zum richtigen Zeitpunkt ausfahren. Mit IoT lassen sich Müllsammelrouten oder Busflotten optimieren, oder auch der Energieverbrauch bei Fernwärmeanbietern.
Die digitale Infrastruktur des Landes entwickelt sich eigentlich gut. Welche Voraussetzungen für die Infrastruktur sollte die neue Regierung denn noch schaffen?
Unsere Wünsche sind nicht so komplex. Wir brauchen nur ein sicheres Investitionsklima und Bürokratieabbau, der für uns vor allem schnellere Genehmigungsverfahren bedeutet. Um einen Mobilfunkstandort aufzubauen, dauert es noch immer bis zu 1,5 Jahre, von der Erstplanung bis zur Inbetriebnahme. Wenn sie in der Mitte eines Tales etwa nur eine Gemeinde haben, die aus unterschiedlichen Gründen dagegen ist, obwohl sie in der letzten Frequenzauktion als geförderte Gemeinde in den Ausbaugebieten eingemeldet war, können sie das ganze Projekt kippen und müssen neu planen. Wir sehen uns gerade an, wo wir Unterstützung brauchen würden und suchen die passenden Ansprechpartner in der neuen Regierung. Insofern trägt die Regierung der Vielschichtigkeit der Digitalisierung Rechnung. Digitalisierung hat ökonomische, aber auch soziale Aspekte.
Mit Auswirkungen der angespannten Budgetsituation wird aber auch die Telekombranche kalkulieren müssen, die von sich aus eine Änderung der Breitbandförderungen angeregt hat.
Bei der Glasfaser ist es tatsächlich so, dass man mit Förderung die Glasfaser am Haus des Kunden vorbei gegraben hat, dieser aber die paar Hundert Euro für die letzte Meile nicht investieren möchte. Unsere Idee ist, die Förderungen in die Haushalte zu verlagern, damit diese auch die Glasfaser ins Haus bekommen. Das wäre relativ einfach, wenn man von den aktuellen Budgetnöten absieht.
Zurück zur Investitionssicherheit: Sie spielen damit auf die Verbandsklagen zur Servicepauschale an, die unter Umständen zu hohen Rückzahlen führen könnten.
Wir sind in einem hochregulierten Markt und jeder Tarif muss vom Regulator freigegeben werden. Die Servicepauschalen waren rechtskonform. Wenn in den weiteren Instanzen tatsächlich entschieden werden sollte, dass die für viele Jahre zurückgezahlt werden müssen, wäre das extrem relevant für die Investoren.
Wie haben die Eigentümer reagiert?
Die waren sehr beunruhigt. Wir produzieren ohnehin sehr kosteneffizient, aber mit solchen Belastungen ist das kein Umfeld mehr, in dem ein vernünftiger ROI zu erzielen ist.


Trotz jüngstem Nutzungsverbot in Österreichs Schulen erhalten Kinder immer früher ihr erstes Smartphone. Während die heute 14-Jährigen ihr Smartphone im Durchschnitt noch mit zehn Jahren erhalten haben, ist das Einstiegsalter seitdem auf aktuell neun Jahre gesunken, hat eine Marketmind-Umfrage Ende März ergeben.
Ein anderer Weg zu einem besseren Return ist, mehr Effizienz in die Organisation zu bringen: Wo hat die KI bei Drei schon aufgeschlagen?
Noch sind wir in einem frühen Stadium. Aber wir haben eine breite Basis geschaffen, um uns in unterschiedlichen Bereichen anzusehen, wie wir mit der KI noch bessere Qualität oder Effizienz reinbringen. Netzplanung, Wartung, Vertrieb, Marketing, Kundenservice und Verwaltung, wir sehen uns alles an. Wir untersuchen auch konzernweit, im Rahmen einer Gruppe – der International Development Opportunity Group –, welche Geschäftsmodelle mit KI möglich werden.
Ihren Kunden bieten Sie heute schon eine Reihe von Produkten an, die nichts mehr mit dem Kerngeschäft zu tun haben, etwa Versicherungen. Wohin geht die Reise?
Auf Basis unserer Technologien können wir in den Haushalten viele Bedürfnisse abdecken, weit mehr als etwa Entertainment über TV. Internetschutz, Handyversicherungen und etwa Reiseversicherungen sind naheliegend. Wir wissen, wann jemand verreist, und bieten auf Wunsch eine einfache Risikoabdeckung an. Wir haben auch schon länger Energieprodukte, und werden noch mehr Produkte anbieten in Zukunft
Als Telekomprovider haben Sie einen Echtzeiteinblick in das Kommunikations- und Bewegungsverhalten des Landes. Ein Datenschatz, mit dem sich viel machen lässt. Was tun Sie, was tun die Kunden damit?
Den nutzen unsere Kunden schon heute, DSGVO-konform anonymisiert und mit TÜV Austria-Zertifikat übrigens. Mit Motion Insights evaluieren Handelsunternehmen den Ausbau neuer Standorte oder Tourismusregionen die Besucherströme. Das ist mittlerweile ein Standardprodukt. Wir arbeiten aber auch an bodennahen Wetterstationen. In Vorarlberg haben wir das bereits ausgerollt, in NÖ und OÖ planen wir das gerade. Diese darüber gewonnenen Informationen nutzen Gemeinden und Unternehmen, die uns Standorte zur Verfügung stellen, und die sind für Versicherungen oder Energieunternehmen wertvoll, um Dienste zu koordinieren.
Zum Unternehmen
Hutchison Drei Austria ist eine 100%-Tochter des Hongkonger Mischkonzerns CK Hutchison Holdings Limited. Österreich gehört im Konzern zur Gruppe „3Scandinavia & Austria“. Drei ist seit 2003 in Österreich am Markt und hält 2024 bei 4,1 Millionen Kunden. Der Umsatz beträgt 954 Mio. Euro (-2%), das EBITDA 344 Mio. Euro (+1%). Rudolf Schrefl ist ein Mitarbeiter der ersten Stunde und seit 2021 der CEO.