Andreas Nemeth, CEO von Uniqa Ventures
©trend / Sebastian ReichANDREAS NEMETH, CEO von Uniqa Ventures, über den heimischen Risikokapitalmarkt und die Notwendigkeit, Kapitalströme hin zu Venture-Capital-Fonds umzulenken.
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Uniqa Ventures gehört zu den Pionieren am österreichischen Risikokapitalmarkt. Was waren die wichtigsten Meilensteine?
Es war eine sehr mutige Entscheidung der Uniqa, 2016 mit Investments in Start-ups zu starten. Wir waren damals das erste börsennotierte ATX-Unternehmen, das diesen Weg eingeschlagen und dafür anfangs ein mit 50 Millionen dotiertes Programm aufgelegt hat. Dieses wurde dann einige Jahre später auf 150 Millionen Euro aufgestockt.
Bis heute haben wir rund 100 Millionen Euro in 58 Startups in ganz Europa - darunter mit Bitpanda und Wayflyer zwei Unicorns - investiert. Doch wollen wir hier nicht stehen bleiben, sondern sind dabei, zu überlegen, wie wir das in den letzten acht Jahren aufgebaute Know-how und Netzwerk für Uniqa und Partner noch besser nutzen und Uniqa Ventures zukunftssicher aufstellen können.
Wie gut ist die VC-Szene heute aufgestellt, um Innovation in Österreich und in Europa zu forcieren?
Aus meiner Sicht und im Interesse der Start-ups wäre es wichtig, für eine breitere und differenziertere VC-Landschaft zu sorgen. Denn schaut man sich die Liste der zehn größten Venture-Capital-Firmen des Landes an, fällt auf, dass 60 Prozent nur in Startups vor und kurz nach der Gründungsphase investieren, gerade für die größeren Wachstumsfinanzierungen eine Lücke aufgeht und die top drei mehr als 80 Prozent des gesamten vorhandenen Kapitals auf sich vereinen.
Die Szene ist also sehr klein und konzentriert. Auch die OECD attestiert Österreich in ihrem jüngsten Bericht Aufholbedarf, was Risiko-und Wachstumskapital betrifft.
Welche Rolle kann Uniqa Ventures hier spielen?
Als größter Corporate-Venture-Capital-Fonds des Landes versuchen wir, selbst einen Teil dazu beizutragen, innovative, wachstumsstarke Unternehmen, die in Österreich zumeist auch stark exportorientiert bzw. international ausgerichtet sind, zu finanzieren und vor allem in der Scale-up-Phase mit Wachstumskapital auszustatten.
In Österreich wurden 2023 rund 700 Millionen Euro in Start-ups investiert. Verglichen mit anderen EU-Ländern ist das aber wenig.
Die Start-up-Investments liegen hierzulande bei nur 0,22 Prozent des BIP. Um den europäischen Durchschnittswert zu erreichen, müssten es 1,5 Milliarden Euro oder 0,33 Prozent sein. Würden wir so wie in den USA 0,78 Prozent investieren, wären es 3,5 Milliarden Euro. Diese Finanzierungslücke an Innovationsund Wachstumskapital gilt es zu schließen. Andere europäische Länder wie die Schweiz oder Frankreich haben es vorgemacht, wie das unter Einbindung des privaten Sektors und großer Leitunternehmen bzw. von Banken, Versicherungen und Pensionskassen in mehreren Jahren möglich ist.
Das Wirtschaftsministerium hat einen neuen Start-up-Fonds aufgelegt, der durch privates Kapital gehebelt werden soll. Wie bewerten Sie diesen Schritt?
Wir haben gerade über die Beträge gesprochen, die notwendig wären, damit österreichische Start-ups die gleichen Rahmenbedingungen wie ihre europäischen Kollegen haben. Die 72 Millionen Euro, die über die nächsten Jahre vom aws Gründungsfonds II investiert werden, sind da gerade der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Wie der siebenfache Hebel konkret erreicht werden soll, bleibt abzuwarten. Zudem: Die Lücke, die wir in Österreich insbesondere im Bereich der späteren Finanzierungsrunden und großen Wachstumsrunden haben, wird dieser Fonds nicht ansatzweise schließen. Dafür wären ganz andere Beträge nötig.
Was ist Ihrer Meinung nach notwendig, um die Innovationskraft des Landes zu stärken?
Wir brauchen mehr als nur ein Umdenken, sondern ein Umlenken der Kapitalströme und mehr Eigenkapital, das von privaten Private-Equity-und VC-Fonds zur Verfügung gestellt wird, um nicht nur Forschung und Entwicklung bzw. innovative Geschäftsmodelle zu finanzieren, sondern gleichzeitig dadurch auch das Wirtschaftswachstum der nächsten Jahrzehnte und den Wohlstand kommender Generationen zu sichern.
Zur Person
ANDREAS NEMETH [Jahrgang 1978] ist CEO von Uniqa Ventures, dem größten Corporate-Venture-Fonds des Landes mit einem Volumen von 150 Millionen Euro. Der von der gleichnamigen Versicherungsgruppe finanzierte Fonds ist auf finanzielle Rendite ausgerichtet und bringt über seine Beteiligungen Innovation in den Uniqa-Konzern.
Der Artikel ist aus trend.PREMIUM vom 9. Februar 2024.
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