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AT&S CEO Andreas Gerstenmayer: "Europa muss sich beeilen"

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AT&S CEO Andreas Gerstenmayer
AT&S CEO Andreas Gerstenmayer©APA/Hans Klaus Techt
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China, die Euroäische Union und die USA liefern sich einen Wettlauf um neue Chip-Produktionen. Andreas Gerstenmayer, CEO des Leiterplatten-Herstellers AT&S, beklagt die Komplexität der EU-Förderungen.

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trend: Die US-Regierung verspricht, die Produktion von Mikrochips mit 76 Milliarden US-Dollar zu fördern. China hat Ende 2022 weitere 143 Milliarden US-Dollar für diese Industrie versprochen. Wie steht die EU mit ihrem Chips Act über 43 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen in diesem Umfeld da?
Andreas Gerstenmayer: Offenbar hat man erkannt, dass Mikroelektronik eine entscheidende Technologie der Zukunft ist. Die EU hat bereits vor ein paar Jahren zwei Programme aufgesetzt, die es erlauben, Investitionen in diesem Bereich zu fördern. Das EU-Wettbewerbsrecht erlaubt sonst eigentlich nur Investitionen in Forschung und Entwicklung. Als AT&S sind wir an den zwei bisherigen Important Programmes of Common European Interest (IPCEI) auch beteiligt. Dabei zeigt sich der große Nachteil der EU: Sie ist langsam.

Liegt das an den EU-Institutionen?
Am ersten IPCEI waren zunächst nur vier Staaten beteiligt, durch großes Bemühen sind wir mit Österreich dann noch dazugekommen. Aber selbst mit nur fünf beteiligten Staaten hat es Jahre gedauert, um die Zusagen zu bekommen, damit wir mit der Umsetzung der Pläne beginnen konnten. Beim zweiten IPCEI sind 20 Staaten dabei, beim Chips Act redet die gesamte EU mit. Das ist auch nachvollziehbar, denn die Programme werden jeweils aus den nationalstaatlichen Budgets finanziert.

Die Budgets sind zu klein sind, um die in dieser Branche notwendigen, großen Investitionen stemmen zu können.

In den USA und in China kommen die Förderungen und Garantien aus einem Topf. Wäre also so etwas wie ein EU-Fonds sinnvoll?
Da wäre ich mir gar nicht so sicher, denn auch die Modalitäten, nach denen diese Gelder ausgeschrieben und vergeben werden, müssten 27 Länder miteinander abstimmen. So wie die Programme aktuell aufgesetzt sind, zeichnet es sich jedoch ab, dass außer Deutschland, Frankreich und Italien die Staaten und ihre Budgets eigentlich zu klein sind, um die in dieser Branche notwendigen, großen Investitionen stemmen zu können. Die Projekte, die wir in Brüssel eingereicht haben, würden etwa 300 Millionen Euro Förderung aus Österreich benötigen. Im Budget sehen wir aber aktuell, dass nur 175 Millionen Euro dafür vorgesehen sind.

Wie wesentlich ist der Faktor Zeit, wenn es um eine europäische Chipindustrie geht?
Wenn Europa beim Chips Act so weitermacht wie bisher, besteht die Gefahr, dass einige große Akteure ihre Investitionen in den USA tätigen werden, weil es dort einfach schneller geht. Wir haben eine sehr dynamische Industrie, die sich schnell entwickelt. Man kann nicht auf Institutionen warten, sondern geht dorthin, wo die Erfolgsaussichten am größten sind und Projekte sich am schnellsten umsetzen lassen. Europa muss mit Förderungen seine Standortnachteile wettmachen. Wenn man sich anschaut, wie viel Unternehmen gerade in einzelne US-Standorte investieren, dann fällt auch auf, dass man mit 43 Milliarden Euro nicht sehr weit kommt.

Inwiefern?
Die Energiekosten sind sehr hoch, die Lohnkosten sind sehr hoch, und es fehlt auch die Supply Chain, weil es sehr wenige Quellen für Material und Equipment gibt Wenn man eine neue Industrie hochziehen will, muss man sie entsprechend unterstützen. Manche Regionen machen das mit Förderquoten von bis zu 40 Prozent. Wenn Europa da nicht wettbewerbsfähig ist, fließen die Investitionen in andere Regionen.

Es geht um um Wettbewerbsfähigkeit. Wir sind das einzige Unternehmen in Europa, das bisher das sogenannte Backend für Mikrochips bespielt.

Sie wollen also mehr Förderungen?
Es geht nicht darum, Taschen voller Geld zu bekommen, sondern um Wettbewerbsfähigkeit. Wir sind als AT&S das einzige Unternehmen in Europa, das bisher das sogenannte Backend für Mikrochips bespielt. Alles, was um den Silizium-Chip selbst herum benötigt wird, etwa die Verbindungstechnologie, das Gehäuse und ähnliches, kommt heute aus Asien. Komplette Unabhängigkeit wird deshalb realistischerweise nicht erreichbar sein.

Man wird also weiterhin auf internationale Arbeitsteilung angewiesen sein?
Davon ist auszugehen. Backend-Investitionen sind im Chips Act zwar vorgesehen, aber bisher gibt es sie nicht. Da sieht man schon, wie dünn Europa in diesem Bereich aufgestellt ist und wie unscharf der Chips Act noch formuliert ist. Dabei wäre das eine große Chance, um auch diese Technologiebereiche nach Europa zu bringen und einen neuen Hochtechnologiesektor aufzubauen.

Intel hat eine Produktionsstätte in Deutschland angekündigt, auch TSCM, der Chip-Riese aus Taiwan, soll nun in Deutschland investieren. Sind das erste Erfolge?
Mit der Zeit wird das helfen, ein Ökosystem für diese bisher nicht präsente Hochtechnologie aufzubauen. Davon werden auch Universitäten und Forschungseinrichtungen profitieren.

Von welcher Entwicklung bei den Energiekosten gehen Sie bei AT&S momentan aus?
Wir rechnen damit, dass sie weiter steigen. In den vergangenen Monaten hat sich der Anteil der Energie an unseren Gesamtkosten verdoppelt. Wir reagieren mit Energieeinsparungen, erhöhen die Effizienz und setzen auf gute Lieferverträge.

Sind die AT&S-Werke aktuell von der Covid-Welle in China betroffen?
Der Höhepunkt ist bereits überschritten, und wir konnten trotzdem immer alle Kunden beliefern. Jetzt freuen wir uns, dass wir die Standorte und unsere Kunden in China wieder besuchen können.

ZUR PERSON

Andreas Gerstenmayer, 57, ist seit 2010 Vorstandsvorsitzender von AT&S. Der Leiterplattenhersteller mit Hauptsitz in Leoben ist Teil zweier europäischen Förderprogramme (IPCEI).

Das Interview ist der trend. PREMIUM Ausgabe vom 13. Jänner 2023 entnommen.

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