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Poker um die Addiko Bank

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Der Vorstand der Addiko Bank

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Zwei serbische und ein slowenischer Investor pokern um die Wiener Addiko Bank. Aber nicht alle werden hierzulande mit offenen Armen aufgenommen. Die Aufsicht ist gefordert.

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Als mittelgroße österreichische Bank steht man für gewöhnlich nicht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Und schon gar nicht im internationalen Interesse. Anderes gilt für die in Wien beheimatete und börsennotierte Addiko Bank (ISIN AT000ADDIKO0) mit einer Bilanzsumme von kaum mehr als sechs Milliarden Euro und einem Reingewinn von 41 Millionen Euro.

Die aus der insolventen Hypo Alpe Adria Bank herausgelösten Balkan-Töchter firmieren seit 2015 unter dem Namen Addiko und sind mit Filialen in Serbien, Kroatien, Slowenien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina sowie einer Zentrale in Wien vertreten. Ihr Hauptgeschäft sind Konsumentenkredite.

Bis März dieses Jahres gab es über die Bank kaum Berichtenswertes, außer dass die Addiko unter der Führung von Ex-Erste-Group-Vorstand Herbert Juranek zuletzt gut performte und seit 2022 für die Aktionäre ansehnliche Dividenden ausschüttete. Doch seit dem 25. März geht es in der Bank, gelinde gesagt, rund. An dem Tag hat der serbische Geschäftsmann Miodrag Kostic mit seinem Unternehmen Agri Europev vermeldet, 17 Prozent an der Addiko Bank zu kaufen wollen. Kaufpreis: 17,6 Euro pro Aktien. Der Oligarch, dem ein Vermögen von 500 Millionen Dollar nachgesagt wird, machte davor eher mit Zucker- und Fleischproduktion von sich reden. Erst in den letzten Jahren entdeckte Kostic sein Interesse am Finanzbusiness.

Nur wenige Tage später flatterte die nächste Beteiligungsmitteilung, ebenfalls serbischen Ursprungs, ins Haus der Addiko Bank. Die serbische Alta Pay von Davor Macura ließ wissen, dass sie 9,63 Prozent an der Bank besitze und dass sie zudem mit den heimischen Aktionären und Immobilienfirmen Jelitzka und Winegg Optionenverträge abgeschlossen habe, die ihr rund 30 Prozent an der Bank sicherten.

Diese Mitteilung ließ in der Wiener Bank die Alarmglocken schrillen, gilt Macura doch als deutlich weniger gut beleumundet als Kostic. Dem Geschäftsmann werden gute Verbindungen zur serbischen Regierungsspitze nachgesagt, die dortige Presse weiß von dubiosen Deals Macuras zu berichten. Sein Interesse an Addiko dürfte vor allem daher rühren, dass die Addiko Bank in drei EU-Ländern tätig ist und den Serben Zugang zur begehrten Eurozone verschaffen würde. Bekanntlich trägt ja Serbien die EU-Sanktionen gegen Russland nicht mit, auch Macuras Alta Pay soll Bankgeschäfte mit Russen machen. Addiko böte theoretisch die Möglichkeit, russisches Geld in die EU zu schaffen.

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Herbert Juranek ist seit dem 1. Mai 2021 CEO der Addiko Bank AG.

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Update

Inzwischen ist man nicht nur in der Bank selbst alarmiert, auch diverse Aufseher prüfen die Intention von Macura genauer: Neben der EZB sind das die FMA, die Übernahmekommission und die im Wirtschaftsministerium angesiedelte Investitionskontrolle. Das hat, so Involvierte, jedenfalls dazu geführt, dass die Alta Pay den Antrag, mehr als zehn Prozent an der Bank zu erwerben, zurückgezogen hat. Gleichzeitig ließ Macura aber via „Die Presse“ wissen, dass er nicht verkaufen werde. Auch nicht die via Optionen gehaltenen Anteile von Winegg und Jelitzka, die angeblich rund 20 Euro je Aktie dafür geboten bekommen haben sollen. Hier kommt wieder die Aufsicht ins Spiel, die prüft, ob darin nicht ein konzertiertes Vorgehen dieser Investoren und der Diplomat Pay – einer Gesellschaft mit derselben Adresse wie Alta Pay – mit Alta Pay zu sehen ist, was wiederum zu einem verschärften Eigentümerkontrollverfahren durch die Aufsicht führte. Anfragen des trend an Winegg und Jelitzka wurden unter Hinweis auf Auslandsreisen der beiden Immobilienunternehmer abgelehnt.

An sich wäre der Serben-Poker um die Bank schon kompliziert und aufgeladen genug, doch da kommt noch ein dritter Player ins Spiel: Die slowenische NLB Banka, die, anders als jedenfalls die serbische Alta Pay, von der EZB beaufsichtigt wird, hat ein Angebot über den Kauf von 75 Prozent an der Addiko zu 22 Euro je Aktie geboten. Das Angebot läuft bis 16. August. Die NLB ist so etwas wie der weiße Ritter in dem ganzen Spiel, der das schlimmste Schicksal der Bank verhindern soll. Die Bank ist nicht nur präferierter Bieter der Aufseher, sondern bekam kürzlich auch die Zustimmung des Addiko-Managements. Dies, obwohl das Angebot von 22 Euro deutlich unter dem Buchwert der Bank mit 42 Euro liegt. Andere Interessenten an Addiko wie die Erste Bank und Raiffeisen sollen dem Vernehmen nach wieder zurückgezogen haben, weil sie in keinen Fight mit Macura verwickelt werden wollten.

Dieser reagiert nun auf den Widerstand aus Österreich mit einer Charmeoffensive: So präsentierte sich die Alta Bank in Spielberg kürzlich als Sponsor der Formel 4, und Macura berichtete via Aussendung stolz vom Besuch bei einem US-Kongressabgeordneten in Washington, der ihm als Belohnung für sein Engagement zur Stärkung der Beziehungen zwischen den USA und Serbien einen „Next-Gen Leader Award“ überreichte.

Nervosität in der Addiko Bank

Je näher der 16. August rückt, an dem die Angebote von NLB und Agri Europe auslaufen, desto größer wird die Nervosität in und um die Addiko Bank. Denn obwohl die NLB mehr als Macura bietet, hat sie mit ihrem Anbot wohl kaum Chancen auf Erfolg. Denn sie hat sich eine Mindestschwelle von 75 Prozent der Anteile gesetzt. Diese ist aber ohne Entgegenkommen der Serben – wo Kostic in dem Pokerspiel steht, ist nicht bekannt – aktuell nicht erreichbar. „Ich verstehe nicht, warum sich NLB mit dieser Schwelle so von den Serben abhängig macht“, kritisiert Anlegervertreter Florian Beckermann.

Etwas Klarheit bringt hier Archibald Kremser, österreichischer Finanzchef bei NLB, hinein: „Wir sind nur an einem strategischen Investment interessiert, und gemäß Statuten der Addiko sind für strategische Entscheidungen wie Kapitalmaßnahmen 75 Prozent der Stimmrechte erforderlich. Addiko passt gut in unsere Strategie, und wir haben gezeigt, dass wir Übernahmen gut verdauen können“, so Kremser, „desperat sind wir aber nicht.“ Soll heißen: Das bereits nachgebesserte Angebot wird vermutlich nicht mehr aufgestockt, und wenn weder die Serben noch die österreichischen Immobilienmagnaten verkaufen, wird die angestrebte Übernahme wohl scheitern. „Das wird ausgehen wie das Hornberger Schießen“, vermutet ein involvierter Banker. Sprich: Die NLB erreicht nicht die geplanten 75 Prozent, und Alta Pay darf ihre Anteile an der Bank nicht aufstocken.

Die Hoffnungen der Macura-Gegner ruhen nun auf der Aufsicht, die in dessen undurchsichtigem Vorgehen eine Stimmrechtsverletzung sehen könnte. Sieht der Serbe keine Chance auf eine Übernahme, könnte er seine Anteile vielleicht doch noch an die NLB verbieten, so das Kalkül. Doch dafür müssten EZB und FMA noch vor dem 16. 8. entscheiden, hofft ein Involvierter: „Denn wir wollen unbedingt, dass unsere Bank nicht in die falschen Hände gerät.“

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