Pandemie, Energiekrise, Teuerungswelle, Arbeitskräftemangel: Unternehmer haben es in Zeiten wie diesen nicht leicht. Andreas Heindl, Geschäftsführer der Confiserie Heindl über seine Strategien zur Krisenbewältigung.
trend: Wie sehr haben die Pandemie, Lieferengpässe und Preissteigerungen Ihr Geschäft beeinflusst?
Andreas Heindl: Wir haben die „Pandemiejahre“ ganz gut überstanden. So war das Halbjahr August bis Dezember 2021 das bisher beste Halbjahr in der Unternehmensgeschichte und wir sind weiterhin profitabel.
Wie sehr setzt jetzt die Teuerung dem Unternehmen zu?
Die Situation ist für uns ein Tauziehen gegen die Preisspirale. Bei der Erzeugung unserer Spezialitäten verzeichnen wir teils verdoppelte Rohstoffpreise wie Trockenfrüchte und kämpfen zusätzlich mit Lieferengpässen. Auch die Kosten für Strom (+1583%) und Gas (+1107 %) explodieren und haben einen enormen Einfluss auf unsere Produktionskosten. Gleichzeitig steigen die Transportkosten eklatant.
Wie wirkt sich die Rohstoffknappheit auf Ihr Verfügbarkeit von Zucker und Schokolade aus?
Wir haben größtenteils regionale Lieferanten wie die Agrana in Niederösterreich, Stroh aus Kärnten und Darbo aus Tirol, daher sind wir nicht so abhängig von internationalen Lieferketten wie andere Anbieter, was sich positiv auf unser Verfügbarkeitsmanagement auswirkt. Allerdings ist es im Moment sehr herausfordernd, Verfügbarkeiten sicherzustellen. Wir müssen uns wie alle anderen nach der Decke strecken und versuchen, frühestmöglich Kontingente zu sichern. Sogar bei fixen Verträgen mit langjährigen Lieferanten hat man heute leider keine 100-prozentige Garantie mehr, dass alle Bestellungen zeitgerecht oder überhaupt abgewickelt werden.
Welche Strategien haben Sie entwickelt, um weiterhin profitabel zu sein?
Das ist uns vor allem gelungen, weil wir keine Ausschreibung des Handels ausgelassen haben. Wir haben überall mitgeboten und dadurch viele neue, erfolgreiche Produkte für den Handel kreiert. Besonders gut angekommen ist die „Festtagsserie“ im Co-Branding mit Billa. Die Liköre aus dieser Serie (Maroni- und Punschkrapfenlikör) waren innerhalb von sechs Wochen ausverkauft.
Welche Strategie verfolgen Sie bei Investitionen und Expansionen?
Wir haben immer mit Vorsicht expandiert und investiert. Zudem setzen wir auf ein breites Produktsortiment und sind nicht nur auf einen Absatzweg oder eine Kundengruppe angewiesen. Wären wir beispielsweise nur auf den Tourismus angewiesen, um unsere Produkte abzusetzen, würde die Situation jetzt viel schwieriger sein. Unsere Stammkunden haben wir größtenteils über den Kundenclub SchokoClub, der über 100.000 Mitglieder hat, anschreiben können.
Haben Sie versucht neue Absatzkanäle zu finden?
Was Vertriebswege anbelangt, versuchen wir unkonventionell zu denken und neue Absatzkanäle zu finden, so beispielsweise bei 1-2-3.t. Das ist ein bayrischer Teleshopping-TV-Sender bzw. Deutschlands größter Auktionssender, in dem wir regelmäßig unser Unternehmen und unsere Produkte präsentieren. Teleshopping für Schokolade funktioniert tatsächlich. Die Auftritte beim Sender generieren so viel wie eine durchschnittliche Heindl-Filiale, wir nennen das immer unsere 'TV-Filiale'.
Müssen Sie die Preise für Ihre Produkte erhöhen?
Wegen der stark gestiegenen Kosten und auch aus Verantwortung unseren MitarbeiterInnen gegenüber waren wir gezwungen, mit 1. Oktober die Preise anzupassen. Wir sparen nicht bei der Qualität unserer Spezialitäten und verarbeiten weiterhin hochwertige regionale Rohstoffe und 100 Prozent Fairtrade-Kakao.
Können Energiesparmaßnahmen die Kostensteigerung abfedern?
Obwohl wir schon seit Jahren großes Augenmerk auf energiesparende und nachhaltige Investitionen legen, können wir die Kostenexplosion nicht mehr abfedern. Der Energiekostenzuschuss ist aber trotz Sparmaßnahmen eine wichtige Maßnahme, um heimische Betriebe im diesem schwierigen Umfeld zumindest ein wenig zu entlasten
Mit dem nahenden Winter steigt der Druck, energieeffizient zu wirtschaften. Welche Maßnahmen hat Heindl gesetzt?
Wir haben bereits 2012 Investitionen in Energieeffizienz getätigt. Würden wir erst jetzt damit beginnen, wäre es problematischer, was Verfügbarkeit und Preisstabilität von Materialien und mangelnde Fachkräfte für die Montage betrifft. Bei der Erweiterung des Firmensitzes vor zehn Jahren haben wir die damals größte private Photovoltaikanlage Wiens in Betrieb genommen. Diese 127 kWh-Anlage deckt rund zehn Prozent unseres Energiebedarfs. Zusätzlich setzen wir statt einer herkömmlichen Klimaanlage auf eine energieeffizientere Lüftungsanlage. Diese ist nur aktiv, wenn die Außentemperatur höher als 20 Grad ist. In der Produktion haben wir eine Tageslichtsteuerung und Kompressoren für die Wärmerückgewinnung für die Warmwasseraufbereitung in der Produktion. Aktuell ist die Lichtsteuerung in unseren 32 Filialen so eingestellt, dass alle Lichter spätestens eine Stunde nach Geschäftsschluss abgeschaltet werden. Energiesparende LED-Lampen haben wir schon seit vielen Jahren in allen Filialen. Zusätzlich ist unser Außendienst ausschließlich mit Elektroautos unterwegs..
Lohn- und Arbeitszeitmodelle: Welche Maßnahmen hat Heindl gesetzt? Gibt es spezielle Benefits, die Sie Ihrem Team bieten?
Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit liegt bei uns bei acht bis zehn Jahren. Ein gutes Betriebsklima zählt heute mehr als zugekaufte Benefits. Gute Arbeitsatmosphäre wird geschätzt und die kann man sich im Gegenzug zu anderen Dingen nicht kaufen. Daher haben wir keine landläufigen Benefits. Allerdings berücksichtigen wir persönliche und familiäre Umstände gerne und wenn immer möglich – so etwa was Arbeitszeit und Arbeitsplatz betrifft. Wir haben viele Mitarbeiter in Pension oder Karenz, die weiterhin geringfügig bei uns beschäftigt sein möchten. Unser Ziel ist es, erfahrene, langjährige Mitarbeiter und deren Expertise im Unternehmen zu halten. Ebenso setzen wir auf flache Hierarchien und kurze persönliche Entscheidungswege. Meine Tür steht allen MitarbeiterInnen immer offen.
Welchen Prinzipien folgen Sie bei Lohnerhöhungen?
In der Produktion bekommen alle MitarbeiterInnen, die mehr als fünf Jahre dabei sind, einen Gehaltssprung von 100 Euro. Das Prinzip: Es gibt immer Fünf-Jahres-Sprünge mit jeweils 100 Euro mehr.
Setzen Sie auf neue Arbeitszeitmodelle?
Wir haben heuer nach dem Vorbild der Baubranche – die 4/5-Tage-Woche eingeführt. Sprich, wir arbeiten abwechselnd vier Tage (Montag bis Donnerstag) und dann fünf Tage (Montag bis Freitag) bei gleichbleibender Stundenanzahl, sofern es die Auftragssituation zulässt. Davon profitieren alle. Unsere MitarbeiterInnen freuen sich über einen Tag weniger Anfahrt und somit auch geringere Benzinkosten. Gerade bei weiteren Anfahrtswegen wie aus dem Burgenland. Und die Maschinen wiederum laufen nur jede zweite Woche am Freitag einen ganzen Arbeitstag, statt jeden Freitag einen halben Arbeitstag lang.
Haben sich die Kundenwünschen in den letzten Jahren geändert?
Die Nachfrage nach Qualität, Regionalität, fairem Handel und veganen Produkten ist gestiegen. Mittlerweile kommen deshalb rund 20 Prozent unseres Sortiments ohne tierische Inhaltsstoffe aus. Darunter die bekannten, ikonischen Schoko-Maroni, Rumpflaumen, Nussbeugel und die kandierten Orangenspalten. Seitdem wir unsere veganen Kreationen – die alle bereits von Anfang an und seit Jahrzehnten vegan sind – auch als solche kennzeichnen, werden sie stärker nachgefragt.
Welche Bedeutung hat Fairtrade für die Kunden?
2014 wurden wir der erste Fairtrade-Partner in Österreich. Seitdem wird in all unseren Produkten ausschließlich fair gehandelter Kakao verarbeitet. Im Schnitt ist die Schokolade dadurch zwischen drei und vier Prozent teurer. Es ist uns aber wichtig, dass bei einem guten Produkt auch der Produzent einen fairen Lohn erhält. Die Umstellung entpuppte sich als gewinnbringend. Unsere Waren wurden plötzlich stärker nachgefragt und in bestimmten Supermarktketten neu gelistet.