Die Bepreisung von Treibhausgasemissionen und die Verpflichtung zum Kauf von CO2 Zertifikaten soll die Industrie dazu bringen, CO2-Emissionen zu reduzieren.
©Getty Images/iStockphotoCO2-Zertifikate wurden als wirtschaftspolitische Lenkungsinstrumente erfunden, um die Treibhausgasemissionen von Industriebetrieben zu bepreisen und die Unternehmen zu bewegen, Emissionen einzudämmen. Was dahinter steht.
Was sind CO2-Zertifikate?
CO2-Zertifikate sind Instrumente, um den Treibhausgas-Ausstoß zu bewirtschaften - mit dem Ziel, diesen zu reduzieren. Unternehmen können sich freiwillig für die Zertifikate entscheiden oder werden gesetzlich dazu verpflichtet. Das trifft im Besonderen jene Unternehmen, die sehr viel CO2 ausstoßen. Dazu gehören unter anderem Energieversorger, Strom- und Wärmeproduzenten, die Energie aus nicht nachhaltigen Quellen herstellen sowie Betreiber großer Industrieanlagen.
Besonders hohe CO2-Emissionen fallen prozessbedingt unter anderem bei Stahlwerken, in Raffinerien oder in Zementwerken an. Die Treibhausgasemissionen dieser sogenannten ETS-Sektoren (Strom- und Wärmeerzeugung, energieintensiven Industriezweige wie z.B. Ölraffinerien, Stahlwerke usw.) unterliegen dem europäischen Emissionshandelsystem (EU-EHS).
Europaweit waren im Jahr 2020 von der Verpflichtung zum Kauf von CO2-Zertifikaten laut Europäischer Umweltagentur (EEA) rund 12.300 Unternehmen betroffen, in Österreich um die 200 Firmen. Die Top-3-Unternehmen mit den meisten CO2-Emissionen in Österreich sind laut Agentur die Voestalpine, OMV und Wien Energie.
Wer muss CO2-Zertifikate kaufen?
CO2-Zertifikate geben dem Inhaber dieser Zertifikate das Recht, eine bestimmte Menge Kohlenstoffdioxid in die Umwelt zu emittieren. Durch die Preisgestaltung für diese Emissionszertifikate soll die Freisetzung von CO2 so teuer werden, dass es sich für Unternehmen lohnt, in Technik zu investieren, die weniger oder gar kein CO2 ausstößt. Damit soll der Klimawandel durch klassische Marktmechanismen bekämpft werden.
Dabei soll sich der Preis idealerweise durch Handel mit diesen Zertifikaten bilden. Unternehmen, die weniger CO2 ausstoßen, können Zertifikate verkaufen. Firmen, die mehr Verschmutzungsrechte benötigen, können sie kaufen. Die ersten Versuche einen Handel mit diesen CO2-Zertifikaten zu etablieren war leider nicht erfolgreich, weil viel zu viele Zertifikate auf den Markt kamen. Erst deren Begrenzung und ständige Verknappung im Lauf der Jahre brachten einen spürbaren Erfolg.
Was ist der Nationale Emissionshandel?
Auf europäischer Ebene gibt es diese Emissionszertifikate seit dem Jahr 2005. Seit dem Jahr 2021 gibt es zusätzlich in Deutschland ein nationales Emissionshandelssystem. Es bezieht auch Firmen ein, die CO2 produzieren oder damit handeln. Dies sind beispielsweise Kraftstoff- oder Heizstoffhändler.
Mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 wurde in Österreich ein weiterer wichtiger Schritt hin zu Kostenwahrheit von CO2-Emissionen gewagt. Das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 (NEHG 2022) soll einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten, indem ein ökologischer Lenkungseffekt herbeigeführt und der Einsatz innovativer, emissionsarmer Technologien attraktiver gemacht werden soll. Das heute noch nicht erreichte Endziel besteht darin, die Emission von CO2 so teuer zu machen, dass es für Unternehmen wesentlich wirtschaftlicher ist, in Forschung, Prozesse und Technik zur Vermeidung von CO2 zu investieren als das Treibhausgas zu emittieren.
Das NEHG 2022 umfasst energetische Treibhausgasemissionen, die in den sogenannten Non-ETS Sektoren (Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und kleine Industrieanlagen) verursacht werden. Davon sind im Wesentlichen folgende fossile Energieträger betroffen: Benzin, Gasöl (Diesel), Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle und Kerosin (Anlage 1 des Gesetzes).
Die ursprünglich ab dem 1. Juli 2022 angesetzte Bepreisung von CO2-Emissionen wurde im Rahmen des Teuerungs-Entlastungspakets für ein Quartal ausgesetzt werden und soll nun mit 1. Oktober 2022 beginnen.
Wofür gilt ein CO2-Zertifikat?
Ein CO2-Zertifikat gilt für eine Tonne CO2.
Seit 2021 werden zu Beginn des Jahres die CO2-Zertifikate zu einem Festpreis ausgegeben. Dieser betrug 2021 pro Tonne CO2 25 Euro. Seitdem steigt der Preis schrittweise bis zum Jahr 2025 auf 55 Euro pro Tonne. Für das Jahr 2026 ist ein Preiskorridor von 55 Euro bis 65 Euro pro Tonne geplant.
Ab dem Jahr 2026 sollen die CO2-Zertifikate dann versteigert werden. Das sind aber nur die Ausgabepreise. Wie sich die Preise im Lauf des Jahres im Emissionshandel entwickeln, ist nicht unbedingt vorhersehbar und hängt von mehreren Faktoren ab. Ein Beispiel hierfür ist das Wetter – je kälter es ist, desto mehr wird geheizt, desto mehr CO2 wird ausgestoßen. Rutscht die Wirtschaft in eine Rezession, sinkt dadurch meist der CO2-Ausstoß. Auch die politische Lage kann den Preis der CO2-Zertifikate stark beeinflussen.
Im Rahmen des NEHG 2022 wird das Inverkehrbringen der Energieträger bepreist. Auf den tatsächlichen Einsatz durch den Verbraucher kommt es nicht an. Beim Tanken von Benzin in einen PKW ist daher auch nicht nicht der Autofahrer an der Zapfsäule als Emittent zur Abgabe von Emissionszertifikaten verpflichtet, sondern jenes Unternehmen, dass das Benzin hergestellt oder nach Österreich verbracht hat und damit letztlich in den steuerrechtlich freien Verkehr gebracht hat.
Diese sogenannten Handelsteilnehmer sind durch das NEHG 2022 verpflichtet, für die in den Verkehr gebrachten Energieträger Emissionszertifikate zu erwerben. Ein Emissionszertifikat entspricht dabei einer Tonne CO2. Der Erwerb eines nationalen Emissionszertifikats ist Voraussetzung für das Inverkehrbringen von Energieträgern.
Für das Inverkehrbringen wurden in der ersten Fixpreisphase (1. Oktober 2022 – 31. Dezember 2025) folgende Preise festgesetzt:
Kalenderjahr | Preis / t CO2 |
---|---|
2022 | 30 € |
2023 | 35 € |
2024 | 45 € |
2025 | 55 € |
In der Marktphase ab 2026 sollen die nationalen Emissionszertifikate auf einem freien Markt gehandelt werden. Da diese Phase von den Entwicklungen auf EU-Ebene abhängig ist, sollen nähere Regelungen erst zu einem späteren Zeitpunkt geschaffen werden. Insbesondere Entwicklungen im Rahmen des Fit for 55 Pakets können auf EU-Ebene zu einer möglichen Ausweitung des EU-ETS auf die bisherigen Non-ETS Sektoren Gebäude und Verkehr führen, was Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Marktphase des NEHG 2022 haben würde.
Wie funktionieren CO2-Zertifikate?
Im Jahr 2005 trat das Kyoto-Protokoll in Kraft, in dem die Menge CO2 festgelegt ist, die noch emittiert werden darf, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Sie bestimmt die Anzahl der verfügbaren Zertifikate. Diese Menge wird pro Jahr um 2,2 % reduziert. Stellt sich am Ende des Jahres heraus, dass das jeweilige Unternehmen mehr CO2 emittiert hat, als es auf Grund der vorhandenen Emissionszertifikate dürfte, muss es eine entsprechende Menge Zertifikate nachkaufen. Hat es weniger CO2 produziert bzw. emittiert, kann es Zertifikate verkaufen.
Unternehmen können aber auch CO2-Zertifikate erhalten, etwa wenn sie Klimaschutzprojekte finanzieren. Das muss nicht im Inland passieren, sondern kann auch in Entwicklungs- oder Schwellenländern geschehen, etwa im Rahmen von Aufforstungsprojekten. Die dort durch diese Projekte eingesparten Tonnen CO2 werden dem Unternehmen in Form einer entsprechenden Menge von CO2-Zertifikaten gutgeschrieben. Das kann doppelt lohnend sein – der notwendige technische Aufwand zur Vermeidung einer Tonne CO2 ist dort oft günstiger als der Kauf eines CO2-Zertifikats in Europa.
Fließt das Geld, das für die Zertifikate gezahlt wird, in Projekte, in deren Rahmen CO2 wiederum reduziert wird, verfallen diese projektgebundenen Zertifikate mit dem Kauf. Sie werden "stillgelegt" und können nicht weiter gehandelt werden.
CO2-Zertifikate: Pro & Contra
Die Hauptargumente gegen die CO2-Zertifikate lauten: Durch die Zertifikate selber wird nicht wirklich CO2 vermieden. Die Zahl der offiziell ausgegebenen Zertifikate ist zwar begrenzt, die Grenze liegt aber viel zu hoch. Die Reduzierung der Anzahl der Zertifikate erfolgt viel zu langsam, um das im Kyoto-Protokoll festgelegte Klimaziel zu erreichen. Außerdem werden zu viele Zertifikate kostenlos abgegeben. Durch die große Zahl verfügbarer Zertifikate ist ihr Preis zu gering, um eine echte Lenkungswirkung zu erzielen. Es ist für die Unternehmen oft wirtschaftlich günstiger, mehr Zertifikate zu kaufen oder im Extremfall sogar Strafzahlungen für fehlende Zertifikate zu leisten, als CO2 zu vermeiden.
Der Hauptvorteil der CO2-Zertifikate liegt darin, dass damit der Ausstoß des klimaschädlichen CO2 einen Preis bekommen hat. Durch ihn und die laufenden Diskussionen um Sinn, Fehler und Preise der CO2-Zertifikate wird ein Bewusstsein für das Problem der Klimagase geschaffen. Durch eine entsprechende Reduktion sollte sich der Preis für die Zertifikate so weit erhöhen, dass sich für die Unternehmen Investitionen in neue Technik und CO2 vermeidende Verfahren auch wirtschaftlich lohnt.
Über die Autoren
Christian Gaisböck
Freier Redakteur mit den Schwerpunkten Mobilität für Autorevue Online, Trend.at sowie Musik, Pädagogik und Erziehung für News.at und mehrere Elternportale.
Freischaffender Musiker, Musikpädagoge und Bühnenmusiker (Klarinette, Klavier, Tuba); mehrfacher Preisträger bei Musica Juventutis und prima la musica.