Continental CEO Nikolai Setzer
©ImagoDer Autozulieferer und Reifenhersteller Continental plant die Aufspaltung des Konzerns und will sich von der seit langem schwächelnden Autozuliefersparte trennen.
Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental plant die Aufspaltung des Konzerns und will sich von der seit langem schwächelnden Autozuliefersparte trennen. Lange sträubte sich das Management um Chef Nikolai Setzer öffentlich gegen Berichte und Spekulationen in diese Richtung. Nun könnten die wesentlichen Sparten des Traditionskonzerns aus Hannover aber doch getrennte Wege gehen, um alleine erfolgreicher dazustehen.
"In den vergangenen Monaten haben sich die Märkte und unsere Kunden insbesondere in der Automobilindustrie sehr dynamisch weiterentwickelt", sagte Conti-Vorstandschef Setzer laut Mitteilung. Regional stark schwankende Entwicklungen der Märkte sowie der softwaregetriebene Technologieumbau erforderten künftig mehr Flexibilität und weitreichenden unternehmerischen Handlungsspielraum, sagte er. "Vor diesem Hintergrund streben wir eine Aufteilung von Continental an."
Angedacht ist nun eine Abspaltung und separate Börsennotierung des Autozuliefergeschäfts im Rahmen eines sogenannten Spin-Offs, wie der Konzern am Montag mitteilte. Die Hannoveraner prüfen die erforderlichen Schritte für eine solche Maßnahme. Die Aktionäre würden damit Eigentümer von zwei getrennten Konzernen. Der eine Teil würde weiter die profitable Reifensparte und die Kunststofftechnik enthalten. Der andere bestünde aus den Geschäften mit Bremsen, Elektronik, Displays und sonstigen Teilen für die Autoindustrie.
Entscheidung im 4. Quartal
Ziel eines Spin-off wäre es, das Wert- und Wachstumspotenzial der beiden dann getrennten Konzerne auszuschöpfen, hieß es vom Unternehmen. Über eine Trennung wird angesichts der schwächelnden Autozuliefersparte schon lange spekuliert. Am Kapitalmarkt wurde bezweifelt, dass die derzeitigen Konzernteile viele Überschneidungen und damit Synergien bieten. Investoren missfällt es in aller Regel, wenn ein erfolgreicher Konzernteil einen schwächelnden mittragen muss.
Der Vorstand werde nach einer Detailprüfung voraussichtlich im vierten Quartal über einen Spin-Off entscheiden, hieß es. Danach muss die Hauptversammlung im kommenden Jahr zustimmen. Im Fall der Zustimmung ist ein Abschluss der Transaktion bis Ende 2025 geplant.
Contis Reifengeschäft ist seit vielen Jahren der Gewinnbringer der Niedersachsen, vom Umsatz bleibt regelmäßig ein zweistelliger Prozentsatz als operativer Gewinn hängen. Das Autozuliefergeschäft ist zwar größer, doch vor allem in den vergangenen Jahren wenig erfolgreich. Vergangenes Jahr schrieb der Bereich erstmals seit 2019 überhaupt wieder schwarze Zahlen. Die Sparte ächzte unter hohen Investitionskosten, Zollstreitigkeiten sowie hohen Energie- und Logistikkosten. Zuletzt hatte Conti in der Sparte den Rotstift angesetzt: Rund 7.150 Stellen stehen zur Disposition, davon 5.400 in der Verwaltung, der Rest trifft die Forschung und Entwicklung. Bis 2025 sollen die jährlichen Kosten der Sparte um 400 Millionen Euro sinken.
Automotive-Business an die Börse
Mit dem Strategieschwenk zur Aufspaltung des Unternehmens gibt Continental den Plan einer Abtrennung des Display-Geschäfts für Autos (UX) auf. Dieser Carve-out werde bis auf Weiteres zurückgestellt, erklärte der Chef der Sparte Automotive, Philipp von Hirschheydt, am Montag. Automotive, das Kerngeschäft mit Autozulieferung, soll voraussichtlich vom Reifen- und Industriegeschäft des Dax-Konzerns abgetrennt und zu 100 Prozent an die Börse gebracht werden. Das Display-Geschäft könnte damit Teil des künftigen Unternehmens bleiben.
Entsprechend geht das Separieren von Produkten für die Autoindustrie, die noch in der Industriesparte Contitech stecken, weiter. Contitech soll künftig die zweite Säule neben dem Reifengeschäft des Unternehmens sein, wenn Automotive mit dem Segen der Hauptversammlung selbstständig wird. Das Management geht davon aus, dass die Aktionäre dafür grünes Licht geben werden. "Wir sehen ein kapitalmarktfähiges Unternehmen bis Ende 2025", sagte Continental-Chef Nikolai Setzer.
Automotive soll den Hauptsitz im Rhein-Main-Gebiet haben und in Frankfurt an die Börse gehen. Einen neuen Namen werde es ebenfalls geben. Die Marke Continental behalte die Reifensparte. Der heutige Automotive-Chef von Hirschheydt soll auch das künftige Unternehmen führen, ergänzte Setzer. "Wir haben das Team, die Organisation und den Spirit an Bord, der uns helfen wird, das umzusetzen", sagte von Hirschheydt.
Aktie gibt weiter an Wert ab
Spekulationen um eine Trennung von der Autozulieferung gab es schon lange. Vor Jahren schon hatte Conti die Geschäfte um den Antriebsstrang in die Firma Vitesco ausgegliedert und ebenfalls per Spin-Off an die Börse gebracht. Mittlerweile hat der fränkische Autozulieferer Schaeffler - mit 46 Prozent der Anteile auch Großaktionär von Conti - die Mehrheit an Vitesco übernommen und will den Antriebsspezialisten dieses Jahr noch auf den eigenen Konzern verschmelzen.
Bei der spekulierten Trennung von Reifen- und Autogeschäft hatte sich das Management - zuletzt Setzer, zuvor aber auch Vorgänger Elmar Degenhart - lange zurückhaltend gezeigt und den Wert eines gemeinsamen Konzerns betont. Setzer hatte vergangenes Jahr allerdings bereits viele Teile des Autogeschäfts auf den Prüfstand gestellt.
Dabei galt der Oberkontrolleur der Hannoveraner als Fürsprecher einer Trennung: Wolfgang Reitzle. Der Top-Manager mit vielen Stationen in der deutschen Industrie, unter anderem als Chef des Gasekonzerns Linde, hatte sich dieses Jahr sein Mandat im Aufsichtsrat noch einmal um zwei Jahre bis zur Hauptversammlung 2026 verlängern lassen. In Berichten im "Manager-Magazin" hatte es geheißen, er wolle in der verbliebenen Zeit die Dinge in Hannover noch in die richtige Spur bringen.
Die Aktie von Conti verlor an frühen Nachmittag 1,6 Prozent. Das Papier ist seit längerem im Niedergang, im Jahr 2018 war es auf dem Rekordhoch noch über 230 Euro wert, bevor es nach und nach rapide bergab ging. In den vergangenen beiden Jahren pendelte der Kurs im Wesentlichen zwischen 50 und 75 Euro. Vom einstigen Börsenwert von zeitweise über 45 Milliarden Euro in den Jahren bis 2018 sind derzeit nur noch rund 10 Milliarden geblieben.