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Das Milliarden-Rad von Faymann und Co

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Highlight Towers, München

Highlight Towers, München

©EHL Immobilien / Horst Dockal
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Die Wiener Immobilienfirma IMFARR, an der bis vor Kurzem Ex-Kanzler Werner Faymann beteiligt war, hat in den letzten Jahren riesige Projekte in Deutschland in Angriff genommen und gerät nun in den Sog der Marktturbulenzen.

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Michael Zechbauer ist ein Münchner Original. Sein Großvater, ein Hut-und Zigarrenfabrikant, ließ 1951 für den Mieter Kaufhof AG extra ein spektakuläres Warenhaus am – vom Volksmund "Stachus" genannten – Karlsplatz der bayrischen Metropole bauen, das als modernstes seiner Art in Europa galt. Zechbauer denkt in Generationen, und daher stoßen ihm insbesondere die Österreicher sauer auf, mit denen er zuletzt zu tun hatte: "Diese Firmen sind hochfunktional, aber ob sich das auch moralisch ausgeht, steht auf einem anderen Blatt."

Sein letzter Mieter am Stachus war René Benkos Galeria Karstadt-Kaufhof (GKK), die 2022 in die Insolvenz schlitterte. Zechbauer beziffert seinen eigenen Schaden mit 52 Millionen Euro, entstanden zum kleineren Teil aus Mietverzicht, zum größeren Teil aus Rückbauverpflichtungen, deren sich GKK durch die Insolvenz entledigte – "obwohl Benko nicht wirklich am Hungertuch nagt".

Doch auch auf "die anderen Österreicher" ist Zechbauer sauer. Denn seine prestigereiche Immobilie wollte ihm im Herbst 2022 die Wiener Firma Imfarr abkaufen, die im Besitz der Familie Farrokhnia steht, geführt von Sohn Nemat, einem gelernten Investmentbanker. Hierzulande bekannter ist Vater Nematollah Farrokhnia, ein langjähriger Vorstand des Strabag-Konzerns an der Seite von Hans Peter Haselsteiner. Kolportierter Kaufpreis für das Münchener Kaufhaus: über 350 Millionen Euro.

An Imfarr war zu diesem Zeitpunkt auch Ex-Kanzler Werner Faymann noch beteiligt, der gemeinsam mit Imfarr-Co-Geschäftsführer Josef Ostermayer - Faymanns früherem Kanzleramtsminister – als politischer Türöffner für die Gesellschaft fungierte. Ein Letter of Intent war bereits unterzeichnet. da sprangen die Österreicher wegen der sich rasant verschlechternden Marktbedingungen kurzerhand wieder ab. Und obwohl Zechbauer davor mit Imfarr-Chef Nemat Farrokhnia "wegen jeder Kleinigkeit" telefoniert hatte, habe es dieser danach nicht einmal für Wert befunden, ihm persönlich abzusagen, meint der Münchner irritiert: "Nicht das schönste Vorgehen."

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Immo-Magnaten. Frühere Politiker als Flankenschutz für Imfarr-Boss Nemat Farrokhnia (Mitte, mit Frau Nazli): Ex-Kanzler Werner Faymann (r). Ex-Minister Josef Ostermayer (l).

© Getty Images / EHL Immbolinien (Horst Dockal) / Lukas Ilgner

Während Benkos Signa, in welcher der frühere SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer Aufsichtsratspräsident ist, in den letzten Jahren die Schlagzeilen dominierte, flog Imfarr mit den anderen Ex-SPÖ-Spitzenpolitikern unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit.

Dabei drehte die Firma, eines der aktivsten Family Offices Europas, ein Milliardenrad. In Summe meldete Imfarr gemeinsam mit ihrem Partner, der Schweizer SN Holding von Norbert Ketterer, Ende September 2021 allein in Deutschland ein Projektvolumen von mehr als zehn Milliarden Euro. Dazu gehören neben Renommierobjekten von Berlin bis Frankfurt weitere Megadeals in München: etwa die 28 bzw. 33 Etagen hohen Highlight Towers, die im Mai 2021 um fast 700 Millionen von der Commerz Real erworben wurden, oder das "Elementum", ein wenige Monate danach von der Credit Suisse übernommenes Büroprojekt. Geplante Investition: eine Milliarde Euro. Am Höhepunkt schrieb die Imfarr Beteiligungen GmbH auch satte Profite, in der Bilanz von 2021 steht ein kumulierter Gewinn von 77 Millionen Euro.

Die aktivsten Family Offices in Europa

Unternehmen

Familie/Land

Anzahl der Transaktionen

Grosvenor Estate

Duke of Westminster (GB)

296

N.N.

schwed. Family Office (SE)

190

GMF Capital

Gary Fegel (CH)

128

Imfarr

Familie Farrokhnia (AT)

115

Timeless Investments

Familie van Veggel (NL)

66

Imfarr war im letzten Jahrzehnt eines der umtriebigsten Family Offices. Quelle: PwC

Risse im Elfenbeinturm

Doch "Elementum", geplant von den Stararchitekten Herzog &de Meuron, macht nun die Risse des zunächst so erfolgreichen Geschäfts sichtbar. Anfang September mussten Imfarr und SN bestätigen, was sie davor wochenlang dementiert hatten: dass sie die klare Mehrheit an "Elementum" – 75,1 Prozent – an die US-Firma Oaktree abgegeben hätten. Oaktree ist auf sogenanntes Mezzaninkapital spezialisiert, eine Mischung aus Fremd-und Eigenkapital ohne Stimmrechte. In angespannten Zeiten wie diesen fruchtet die Strategie "loan to own" solcher Geldgeber: durch Finanzierungen die Kontrolle über Firmen zu erlangen.

Und das könnte erst der Anfang sein: Schon wird über andere Imfarr-Objekte spekuliert, die an Oaktree wandern könnten, etwa der Silberturm in Frankfurt oder "Leipzig 416" am ehemaligen Freiladebahnhof Eutritzsch.

Oaktree lehnt jeglichen Kommentar dazu ab. Farrokhnia junior, als früherer Partner des Ex-Börsenbullen Michael Lielacher bei der Schweizer Firma Blue Bull in Erinnerung, stellt weitere Verkäufe in Abrede. "An der Eigentümerstruktur dieser Projekte hat sich nichts verändert", lässt er ausrichten. Laut trend-Informationen wird jedoch auch bei Wiener Objekten versucht, Finanzierungen zu restrukturieren, vor allem bei zwei früheren Bank-Austria-Gebäuden in der Lassallestraße.

Gar nichts herumdeuten kann Farrokhnia an der Insolvenz seiner Düsseldorfer Tochter Development Partner, die große Objekte wie den IBM-Campus nahe Stuttgart entwickeln sollte und nun in Zeitnot gerät (siehe unten). Auch kommentiert er nicht, dass bei Imfarr die wichtige Loanto-Value-Rati -das Verhältnis der Fremdfinanzierungen zum Immobilienwert - besonders schlecht sei, wie in der Branche kolportiert wird.

Wer für Imfarr spricht, ist indes unklar. Bisher war es Matthias Euler-Rolle, Ex-Sprecher Faymanns und dessen 50-Prozent-Partner bei der Firma 4Pro, die bis vor einem Jahr 6,1 Prozent der Imfarr-Anteile hielt. Noch Anfang September diesen Jahres wurde der frühere Ö3-Mann auf der Imfarr-Homepage angeführt, nach einem trend-Anruf plötzlich nicht mehr. Auf der Homepage noch sichtbar ist hingegen Josef Ostermayer, obwohl er laut Firmenbuch mit Ende Mai nach nur 17 Monaten aus der Imfarr-Geschäftsführung ausgeschieden ist. Er ist aber weiterhin bei der Firma angestellt und für Projektentwicklungen in Deutschland tätig.

Faymann und Euler-Rolle dürften ihren Absprung, den sie mit "internen strategischen Ausrichtungen" erklären, gerade rechtzeitig geschafft haben, auch wenn sie nach dem offiziellen Ausstieg noch in Sachen Imfarr unterwegs waren, etwa bei der Münchner Fachmesse Expo Real 2022. Dass es ein Beratungs-oder Lobbying-Mandat von 4Pro oder von Faymanns neuer Firma FMW gebe, verneint Euler-Rolle aber entschieden.

Gerüchte zu möglichen Imfarr-Geldgebern im Hintergrund hat hingegen der neue Eigentümer des bisherigen Faymann-Euler-Rolle-Anteils befördert: die JG Gamma Holding. Sie gehört einem gewissen Günter Werginz. Dieser sitzt gemeinsam mit Alfred Gusenbauer im Vorstand beider Privatstiftungen von Hans Peter Haselsteiner und darf somit zu seinen engeren Getreuen gezählt werden. Dennoch beteuert HPH dem trend gegenüber, "noch nie mit dem Werginz darüber gesprochen" zu haben. Mit den Projekten der Imfarr habe er nichts zu tun, er sei voll auf sein Investment bei Benkos Signa konzentriert, denn auch dort sei der Schock "letztlich überraschend" gekommen.

Gleichlautend bezeichnet Farrokhnia junior HPH als "engen Freund der Familie", wobei es aber "keine direkte oder indirekte Finanzierungsaktivität" gebe.

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Imfarr-Partner bei vielen Großprojekten ist die SN Holding von Norbert Ketterer (l.). Hans Peter Haselsteiner (r.) ist mit Familie Farrokhnia zwar eng befreundet, dementiert aber, Geldgeber zu sein.

© APA PictureDesk / Sebastian Reich

Keine Marktberuhigung vor 2025

Auf konkrete Bewertungen des aktuellen Immo-Portfolios, Wertberichtigungsbedarf und mögliche weitere Verkäufe gibt es vom Imfarr-CEO keine Auskunft. Nur so viel: Laut heutiger Bewertung sei das doch nicht gekaufte Kaufhaus am Stachus um rund 30 Prozent weniger wert als zum Zeitpunkt der Verhandlungen. Farrokhnia: "Damals hätten sich sämtliche Banken wie auch Mezzaninkapitalgeber bei uns angestellt." Heute wäre das Eigenkapital längst weg, die Darlehen ebenso: "Dementsprechend sind wir froh, es nicht gekauft zu haben." Allerdings trifft eine ähnliche Rechnung wohl auch auf etliche nach wie vor aktuelle Imfarr-Projekte zu.

Michael Zechbauer, der noch heute Zigarren und Hüte in München verkauft, hat von den Österreichern jedenfalls fürs Erste genug. Er hat die riesige Familienimmobilie am Stachus einer Zwischennutzung zugeführt. Unter Preis will er auf keinen Fall verkaufen. Die Hoffnung, dass sich der Markt schon bald beruhigen könnte, hat er nicht mehr:"Ich fürchte, das wird sich noch bis Mitte 2025 ziehen."

Artikel aus trend. PREMIUM vom 29.09.23

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