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Das Wirtschaftsjahr 2023 im Rückblick

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Immobilieninvestor Rene Benko

Immobilieninvestor Rene Benko

©APA/HANS KLAUS TECHT
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Stark steigende Preise und Kreditzinsen, eine insgesamt schrumpfende Wirtschaft mit einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen und nach wie vor hohe Energiepreise bilden 2023 die Kulisse für die in diesem Jahr besonders heiße Herbst-Lohnrunde, in der die Gewerkschaften vor Streiks nicht zurückschrecken. Für Dramatik sorgt zu Jahresende René Benko, der dringend einen kapitalstarken und risikobereiten Geldgeber suchte, aber die Insolvenz der Signa Holding nicht verhindern kann.

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Inflation und Zinsen

Nach der Rekord-Inflation von 8,7 Prozent im Jahr 2022 geht die Inflationsrate 2023 laut Wifo- und IHS-Prognose auf 7,7 bzw. 7,8 Prozent zurück. Energie als Hauptpreistreiber im Vorjahr wird heuer von Dienstleistungen abgelöst. Nachdem 2022 die Netto-Reallöhne und -gehälter inflationsbedingt um 2,9 Prozent gesunken sind, erwarten die Wifo-Ökonomen für 2023 aufgrund höherer KV-Abschlüsse bei den Reallöhnen ein Plus von 1,1 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht schon seit Sommer 2022, die Inflation mit Zinserhöhungen zu bekämpfen und setzt diese Politik 2023 fort, mit einer Leitzins-Erhöhung auf 3,00 Prozent im Februar, 3,50 im März, 3,75 im Mai, 4,00 im Juni, 4,25 im Juli und schließlich 4,50 Prozent im September.

Nach der öffentlichen Kritik an hohen Lebensmittelpreisen versucht die österreichische Regierung im Mai mit einem Lebensmittelgipfel gegenzusteuern, weitreichende Maßnahmen werden aber nicht beschlossen. Die Bundeswettbewerbsbehörde prüft den Lebensmittelsektor und kommt Anfang November zu dem Schluss, dass es bei Supermärkten, Bauern und Lebensmittelherstellern im langjährigen Vergleich keinen auffälligen Anstieg der Gewinnmargen gibt. Konsumentenschützer kritisieren unter dem Stichwort Zinsschere die ihrer Ansicht nach zu langsame Weitergabe der Leitzinserhöhungen an die Sparer bei gleichzeitig schnell steigenden variablen Kreditzinsen. Die heimischen Banken stellten im August Unterstützung für Kreditkunden in Aussicht.

Rezession

Nach zwei Jahren mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als 4 Prozent rutscht die Wirtschaft in Österreich 2023 in eine Rezession. Zumindest in den zwei Quartalen der Jahresmitte schrumpft die Wirtschaftsleistung. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren auch für das Gesamtjahr einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 0,4 bis 0,8 Prozent. Dennoch dürfte die reale Wirtschaftsleistung zum Ende 2023 um rund 1,5 Prozent über dem Vor-Pandemie-Niveau liegen.

Erdbeben in René Benkos Signa-Reich

Die ersten Schockwellen erschüttern das Signa-Reich schon zu Jahresbeginn und verstärken sich laufend. Erste Kika-Leiner-Standorte werden verkauft. Später gehen beide Ketten pleite, kurz nachdem sie von Signa losgeschlagen wurden. Inzwischen versuchen sie sich, extrem geschrumpft wieder zu erfangen, werden aber praktisch zu einer Marke. Signa Sports United wird ebenso insolvent wie eine deutsche Immo-Tochter.

Die Probleme bei Signa werden im Laufe des Jahres immer größer, alleine die österreichischen Banken haben rund 2,2 Mrd. Euro Exposure beim angeschlagenen Firmengeflecht. Denn auch in Deutschland, wo prestigeträchtige Signa-Projekte etwa in München und Hamburg seit Herbst stehen, hat der Konzern des einstigen Masterminds Benko an mehreren Fronten zu kämpfen. Schon im Februar wird ein neuerliches Insolvenzverfahren über die Signa-Warenhauskette Galeria Kaufhof eröffnet. So kann der bereits eingesetzte Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz die Restrukturierung der letzten großen deutschen Warenhauskette fortsetzen - und sich auch ins Signa-Firmengeflecht mit rund 1.000 Firmen zumindest in einem Teil des Handelsbereichs des Konzerns einarbeiten.

Im November hält Benko zwar noch die Mehrheit an der angeschlagenen Signa, er muss aber auf Druck seiner ursprünglichen Förderer und milliardenschweren Investoren Geiwitz als Sanierer in den Konzern holen. Bis zuletzt wird ein Risikokapitalgeber unter Hochdruck gesucht, am 29. November muss die Signa Holding Insolvenz anmelden. Ziel sei die Fortführung des Geschäftsbetriebs im Rahmen einer Eigenverwaltung, kündigt sie an. Wie es wirtschaftlich mit Signa Prime und Signa Development weitergeht, ist offen.

Energiepreise

Die stark schwankenden Energiepreise in Österreich stellen Haushalte und Wirtschaft vor Herausforderungen - insgesamt sind die Preise aber gegenüber dem Vorjahr klar rückläufig. Der Österreichische Gaspreisindex (ÖGPI) ist im Dezember 2023 um 7,8 Prozent höher als im November, gegenüber Dezember 2022 liegt er aber um 71,4 Prozent niedriger. Der Österreichische Strompreisindex (ÖSPI) fällt Dezember 2023 gegenüber dem Vormonat um 2,1 Prozent und liegt um 55,9 Prozent niedriger als im Dezember 2022. Die Haushaltspreise für Strom sind im Herbst um fast ein Viertel niedriger als im Vorjahr, Gas ist aber immer noch um fast 40 Prozent teurer. Auch Fernwärme hat sich um ein Fünftel verteuert, während Heizöl deutlich billiger ist als vor einem Jahr.

Arbeitsmarkt / Personalmangel

Der Arbeitsmarkt in Österreich entwickelt sich 2023 insgesamt positiv, auch wenn die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr steigt. Ende Oktober sind 338.896 Menschen ohne Job, gleichzeitig sind mehr als 100.000 Stellen nicht besetzt. Die Arbeitslosenquote ist mit 6,3 Prozent im Vergleich zum Oktober 2022 gestiegen, damals betrug sie 6 Prozent. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit wird besonders am Bau und in der Industrie sowie in den industriell geprägten Bundesländern wie Oberösterreich und der Steiermark deutlich. Bei der Langzeitarbeitslosigkeit gibt es einen positiven Trend, sie sinkt auf den niedrigsten Stand seit 2014, bleibt aber mit fast 28 Prozent aller Arbeitslosen weiterhin hoch. Nach wie vor sind fast doppelt so viele Menschen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen wie noch vor zehn Jahren. Trotz der höheren Arbeitslosigkeit besteht in vielen Branchen weiterhin ein erheblicher Personal- und Fachkräftemangel. Dieser Mangel spiegelt die rasche Erholung des Arbeitsmarkts nach den dramatischen Entwicklungen der Coronakrise wider.

Insolvenzen / Schließungen

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld führt 2023 zu einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen. Betroffen sind insbesondere die Baubranche und der Handel. Im Handel erwischt es so bekannte Unternehmen wie Kika/Leiner, Geomix, Gerry Weber, Forstinger, die Sport-2000-Genossenschaft Zentrasport oder Tally Weijl. Insolvenz anmelden müssen auch Signa Sports United, das Modeunternehmen Blaumax sowie der Kinderschuh-Hersteller Richter. Die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze verdoppelt sich beinahe durch die Pleiten in der Handelsbranche.

Andere namhafte Firmen wie Salamander, Delka und Yves Rocher rutschen zwar nicht in die Insolvenz, ziehen sich aber aus Österreich zurück. Auch das Corona-Testlabor Lifebrain stellte den Betrieb ein. Für das traditionsreiche Wiener Opel-Werk in Aspern kündigt Eigentümer Stellantis die Schließung an.

Turbulenzen im Bankenbereich

Im Frühling sorgen Turbulenzen bei verschiedenen Kreditinstituten für Unruhe in der Branche und für Angst vor einer ausgeweiteten Bankenkrise. In den USA bricht die Silicon Valley Bank (SVB) zusammen, nachdem es im Zuge von Liquiditätssorgen zu immensen Mittelabzügen gekommen war. Die First Citizens Bank übernimmt die SVB. Ebenfalls in Schwierigkeiten gerät die First Republic Bank, sie wird im Mai von JPMorgan Chase gekauft. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) legt ein neues Kreditprogramm auf, um weitere Schwierigkeiten im US-Bankensystem zu vermeiden und für ausreichend Liquidität im Sektor zu sorgen.

In Europa treibt die Branche zur gleichen Zeit eine tiefe Vertrauenskrise bei der Schweizer Bank Credit Suisse um, nachdem der Großaktionär Saudi National Bank weitere Geldspritzen für die Bank ausgeschlossen hat. Die Schweizer Nationalbank (SNB) springt der strauchelnden Bank daraufhin mit der Zusage für Kreditmittel von bis zu 50 Mrd. Schweizer Franken zur Seite, aber auch das reicht nicht, um die Bank vor dem Kollaps zu retten.

Schließlich übernimmt der Konkurrent UBS die Credit Suisse, deren Image schon in den Jahren davor von mehreren Skandalen schwer belastet wurde. Der Wert der Not-Übernahme beläuft sich auf rund 3 Mrd. Franken, die SNB unterstützt diese mit einer Liquiditätshilfe von 100 Mrd. Franken. Österreichische Banken werden von dem Zusammenbruch der Credit Suisse nicht unmittelbar belastet, vonseiten der Nationalbank (OeNB) und des Finanzministeriums wird beruhigt.

KV-Verhandlungen und Streiks

Traditionell läutet die Bau- und Holzgewerkschaft die Frühjahrslohnrunde ein, die Abschlüsse in der vielschichtigen Branche liegen bei gut 10 Prozent. Es folgen die Elektro- und Elektronikindustrie mit einem Lohn- und Gehaltsplus von 9,9 Prozent und die Papierindustrie mit 10 Prozent. Und auch alle anderen Branchen der Frühjahrsrunde schließen auf Basis einer rollierenden Inflation von 9,5 Prozent in dieser Größenordnung ab. Von dieser Verhandlungsbasis startet auch die Herbstlohnrunde, und auch hier liegen die Erhöhungen bisher bei rund 10 Prozent. Doch während das Feilschen in allen anderen Branchen ruhig abläuft, machen die Beschäftigten der Metallindustrie mit Streiks Druck, da die von den Arbeitgebern angebotene prozentuelle Erhöhung noch weit unter der rollierenden Inflation liegt. Auch im Handel kommt es nach mehreren gescheiterten Verhandlungsrunden zu Warnstreiks.

Diverses

Verbrenner-Aus mit Ausnahme für E-Fuels

Die EU-Staaten einigen sich am 28. März nach langen Verhandlungen auf ein weitgehendes Aus für Verbrennungsmotoren. Neuwagen dürfen demnach ab 2035 kein CO2 mehr ausstoßen. Allerdings können Autos mit Verbrennungsmotoren weiter neu zugelassen werden, wenn sie ausschließlich mit klimaneutralen Kraftstoffen - sogenannten E-Fuels - betrieben werden. Vor allem Deutschland mit seiner großen Autoindustrie hatte auf die Ausnahme für synthetische Kraftstoffe gepocht. Sie gelten als klimaneutral, wenn bei der Produktion ausschließlich Ökostrom eingesetzt wird. Der Einsatz von E-Fuels in Verbrennern ist allerdings deutlich ineffizienter als der Betrieb von Elektro-Autos.

Wirtschaftsnobelpreis geht an Claudia Goldin

Der Nobelpreis für Wirtschaft geht an die US-Forscherin Claudia Goldin für ihre Forschung zu geschlechterspezifischen Unterschieden auf dem Arbeitsmarkt. Im Mittelpunkt ihrer Analyse steht die Erkenntnis, dass die Wahlmöglichkeiten von Frauen häufig durch die ungleich verteilte Verantwortung für Haushalt und Familie eingeschränkt waren und sind. Die Ökonomin ist die dritte Frau, die mit dem Preis geehrt wird, und die erste, die die Auszeichnung allein erhält.

Personalia und Todesfälle

Klemens Haselsteiner wird zu Jahresbeginn im Alter von 41 Jahren Vorstandschef beim börsennotierten Bauriesen Strabag. Der drittälteste Sohn des früheren Konzernchefs Hans Peter Haselsteiner übernimmt das Ruder von CEO Thomas Birtel. Haselsteiner junior war seit Jänner 2020 Mitglied des Strabag-Vorstands und für die Bereiche Digitalisierung, Unternehmensentwicklung und Innovation verantwortlich. Auch davor war er für die Strabag tätig, unter anderem in Russland.

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und der daraus resultierenden Sanktionen gegen russische Unternehmen entmachtet der österreichische Bauriese Strabag seinen russischen Kernaktionär Oleg Deripaska. Der Anteil von Deripaskas MKAO Rasperia Trading Limited wird mit Hilfe einer Sonderausschüttung von 27,8 auf rund 24,1 Prozent zurückgefahren. Seit Ausbruch des Kriegs bekommt Deripaska auch keine Dividende, die Zahlungen sind eingefroren. Eine Anfechtung dieser Entscheidungen wird vom Landesgericht Klagenfurt abgewiesen.

Der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Holger Bonin wird mit Anfang Juli Chef des Wiener Instituts für Höhere Studien (IHS).

Alejandro Plater löst ab September Thomas Arnoldner als Vorstandschef der Telekom Austria ab.

Im Oktober wird Natalie Harsdorf-Borsch zur Leiterin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ernannt. Nur einen Tag später wird zudem WKÖ-Chef Harald Mahrer erneut zum Präsidenten des Generalrats der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) bestellt. Beiden Postenbesetzungen ging ein monatelanges zähes Ringen zwischen den beiden Regierungsparteien ÖVP und Grüne voraus. Harsdorf-Borsch hatte die Behörde bereits seit Dezember 2021 interimistisch geleitet. Mahrers Posten in der OeNB war nach einer fünfjährigen Bestellungsperiode Ende August ausgelaufen und bis zu seiner Neubestellung zwischenzeitlich unbesetzt.

Der ehemalige OMV-Chef und WKÖ-Vizepräsident Richard Schenz verstirbt am 1. März im Alter von 83 Jahren. Schenz zählte zu den prägenden Wirtschaftslenkern in Österreich und hatte viele Jobs inne - vom IV-Wien-Präsidenten über den Aufsichtsratschef des Austrian Research Centers bis zum Präsidenten der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft.

Der 92-jährige US-Medienmogul Rupert Murdoch gibt Mitte November die Führung seines Medienimperiums an seinen Sohn Lachlan ab. Lachlan Murdoch wird damit alleiniger Vorsitzender von News Corp und bleibt weiterhin Vorsitzender und CEO von Fox.

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