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"In dieser Lage sind Ausreden nicht mehr zulässig"

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UNIQA CEO Andreas Brandstetter und Ministerin Leonore Gewessler
UNIQA CEO Andreas Brandstetter und Ministerin Leonore Gewessler©trend / Lukas Ilgner
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Umwelt- und Energieministerin LEONORE GEWESSLER und Uniqa-Boss ANDREAS BRANDSTETTER diskutieren im Lichte des Ukraine-Krieges über Transformation. Über die Ziele herrscht weitgehend Konsens. Bei der Frage, ob Staat und Politik die Sache stemmen können, nicht so wirklich.

trend: In Deutschland hat der Krieg in der Ukraine einen Weckruf ausgelöst. Das vom grünen Vizekanzler Robert Habeck vorgelegte Osterpaket sieht Gesetzesänderungen zum beschleunigten Bau neuer Energie-Infrastruktur und implizit sogar eine Priorisierung gegenüber dem Umweltschutz vor. Können wir uns leisten, nach der österreichischen Devise "Schau ma mal" vorzugehen?

GEWESSLER: Die Regierung tut das Gegenteil. Unser Osterpaket ist mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) schon seit letztem Jahr in Kraft. Vergangene Woche haben wir die größte Photovoltaik-Förderaktion gestartet, die Österreich je gesehen hat. Russlands Angriffskrieg hat mehr denn je gezeigt, wie abhängig von russischen Rohstoffen, und damit, wie verletzlich und erpressbar wir sind. Die Lehre kann nur der schnellstmögliche Weg raus aus dieser Abhängigkeit sein. Jedes Windrad, das wir heuer aufstellen, jede Gastherme, die wir tauschen, ist ein Schritt dorthin.

BRANDSTETTER: Also als Unternehmen - und auch ich als Staatsbürger - stellen wir uns schon auch die Frage, warum wir in Österreich nicht noch schneller sein können? Wir hätten durchaus ein vitales Interesse, dass mit mehr Nachdruck vorgegangen wird. Europa befindet sich in einem riesigen Transformationsprojekt, in der Wirtschaft würde man Change-Prozess sagen. Da muss der Staat klarer sagen, wie viel alternative Energie produziere ich im Land, wie viel hole ich rein, wie schaut die Erzeugerstruktur aus und wie kommt diese Energie zu den Endverbrauchern oder zur Wirtschaft. Im Vergleich zu dem angesprochenen deutschen Osterpaket regiert aus meiner Sicht bei uns das Prinzip: "Nicht in meinem Hinterhof". Im Waldviertel will keiner ein Windrad, im Westen will niemand ein Speicherkraftwerk, und Solar-Paneele finden viele auch hässlich. Wir müssten schneller sein, als wir derzeit unterwegs sind.

100 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030 ist beschlossen.

Leonoer Gewessler

GEWESSLER: Wenn Deutschland Klimapolitik wieder ernster nimmt, macht das in Europa einen Unterschied. Das finde ich großartig und bestätigt den Weg, den wird schon vor zwei Jahren begonnen haben. 100 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030 ist beschlossen. Aber ja, wir sind jetzt in eine Situation geraten, in der keine Ausreden mehr zulässig sind. Es geht nicht mehr zu sagen: "Windkraft ja, aber nicht bei mir." Jeder und jede trägt Verantwortung. Bund, Länder, Gemeinden, Industrie, Wirtschaft müssen alle ihren Beitrag leisten.

Das klingt aber ein bisschen nach Abputzen am Föderalismus. Die Regierung tut eh, jetzt sind die anderen am Zug. Müsste nicht der Bund mehr Mut aufbringen, eindeutige Vorgaben zu machen?

GEWESSLER: Wir haben unseren Teil auf Weg gebracht. Ich habe immer gesagt, mit dem Gesetz beginnt jetzt die Arbeit der Umsetzung. Aber es kann sich jetzt niemand mehr rausreden. Das gilt zum Beispiel auch für den Wärmebereich, für den wir als nächstes den gesetzlichen Rahmen schaffen werden. Wenn Energieversorger ihre Kunden 2022 immer noch in Richtung Gasheizung beraten, ist das nicht mehr akzeptabel. Da gehört vielmehr ein Pickerl drauf: "Achtung, macht abhängig von russischem Gas!"

BRANDSTETTER: Ich höre, was Sie sagen, habe aber - Stichwort Föderalismus - in Österreich schon noch ein mulmiges Gefühl, ob wir wirklich den Speed auf die Straße kriegen, den wir brauchen. Eines der Probleme ist doch: Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist für die meisten noch zu abstrakt. Die Dringlichkeit muss den Menschen begreifbar gemacht werden, ohne die Moralkeule zu schwingen, weil die nicht wirkt, wie wir auch bei Veränderungen im Unternehmen feststellen. Eine schwierige Aufgabe, die aber keinesfalls gelingen wird, wenn sich Politik nur an Meinungsumfragen und Beliebtheitswerten orientiert. Der Job wäre, die Generationen nach uns, die noch nicht wählen können, im Auge zu haben. Denn das Zeitfenster, in dem wir noch was tun können, schließt sich, und die Situation mit Russland verschärft die Dramatik. Meine Sorge ist, dass das System, wie unser Staat aufgebaut ist, die notwendige Geschwindigkeit nicht erlaubt.

Ich fordere, nicht nur über Veränderungen zu reden, sondern die Dinge auch anders zu machen.

Leonoer Gewessler

GEWESSLER: Also, ich möchte schon betonen, dass viele meiner Entscheidungen nicht mit Lob und Preis bedacht worden sind. Das war auch nicht meine Erwartung bei meinem Wechsel in die Politik. Ich bin oft genug mit Kritik konfrontiert, wenn ich fordere, nicht nur über Veränderungen zu reden, sondern die Dinge auch anders zu machen. Und wenn Sie mit Geschwindigkeit schnellere Verfahren meinen, dann sind die absolut auch in meinem Interesse. Wir arbeiten gerade an einer Novelle der UVP, um an den entsprechenden Schrauben zu drehen. Dass nicht in jedem Bundesland Windräder stehen, liegt aber nicht an der UVP. Die Länder tragen Verantwortung bei Flächenwidmung, Raumplanung oder Raumordnung.

Wenn der Chef einer Versicherung auf mehr Tempo in der Energiewende pocht, klingt das angesichts der bisherigen Praxis in europäischen Assekuranzen, die Billionen Euro veranlagen, bedingt glaubwürdig.

BRANDSTETTER: Wir haben tatsächlich höchstes Interesse, dass dieser Transformationsprozess schneller voran geht. Die Versicherungswirtschaft ist mit 10,6 Billionen Euro der größte institutionelle Investor in Europa -sehr viel Geld, für das wir sichere Häfen suchen. Mit der EU-Taxonomie ist da ein guter Schritt gemacht. Wir haben einerseits einen extremen Veranlagungsdruck, andererseits aber auch brancheneigene Motive: Letztes Jahr gab es weltweit 250 Milliarden Euro Schäden aus Naturkatastrophen, 50 Milliarden mehr als im Schnitt der letzten Dekade. Uniqa hat 2021 in Österreich 300 Millionen bezahlt, fast das Dreifache von früher. Nicht nur in der dritten Welt sind zwei Drittel der Naturkatastrophen nicht versichert, für die Schäden muss also am Ende der Steuerzahler aufkommen.

Ich fordere, nicht nur über Veränderungen zu reden, sondern die Dinge auch anders zu machen.

Leonoer Gewessler

GEWESSLER: Es ist kein Zufall, dass die großen Rückversicherer mit die Ersten waren, die sich intensiv mit den Risiken der Klimakrise beschäftigten. In Österreich haben wir derzeit in Summe ca. zwei Milliarden Euro Schäden pro Jahr. Die Zahl wird sich bis 2050 verdreifachen, wenn nicht genug gegensteuern. Daraus ergibt sich auch eine gesellschaftliche Verantwortung der Versicherungen in der Veranlagung.

Die von der EU-Taxonomie geregelt wird, wo nachträglich Gas und Atomkraft aufgenommen wurden. Aus Sicht des Investors ein Vorteil, weil zusätzliche Optionen offen stehen?

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Leonore Gewessler: "Wir brauchen am Finanzmarkt genauso klare Regeln wie bei Bio-Lebensmitteln." © trend / Lukas Ilgner

BRANDSTETTER: Die europäische Versicherungswirtschaft hat zu diesem Punkt keinen gemeinsamen Nenner gefunden. Französische Marktteilnehmer etwa hatten bei Atomkraft einen anderen Standpunkt als Österreich. Uniqa wird nicht durch die Hintertür in die Bereiche Atom und Gas investieren. Zum einen bauen die Kunden Druck auf uns auf. Neun von zehn, die eine Lebensversicherung abschließen, wollen wissen, was wir mit ihrem Geld machen. Zum anderen haben ESG-Kriterien auch eine moralische Komponente. Ich hielte das für eine Sackgasse.

GEWESSLER: Die Taxonomie ist derzeit noch ein Vorschlag der EU-Kommission, den ich so für inakzeptabel halte. Sie ist ein Instrument, das Anleger:innen Sicherheit geben soll, dass ihr Geld einer gescheiten, grünen Investition dient. Und zwar nicht, weil ein CEO - löblicherweise - sagt, er macht es eh, sondern weil das Gesetz sagt: So ist es. Wir brauchen am Finanzmarkt genauso klare Regeln wie bei Bio-Lebensmitteln. Der Plan der Kommission verhindert Greenwashing nicht, im Gegenteil.

Ihre Position hat sich durch die neue Weltlage nicht verändert? Ihr deutscher Kollege Habeck meinte kürzlich, es könne keine Denkverbote mehr geben.

GEWESSLER: Ich habe den Auftrag, alles zu tun, damit die Versorgung sicher ist. Deswegen bin ich zum Beispiel nach Katar gefahren. Sicher eine ungewöhnliche Reise für grüne Politiker:innen. Ja, wir haben in einer Ausnahmesituation kurzfristig dringende Versorgungsaufgaben. Darum ist zum Beispiel ein Gasembargo derzeit nicht möglich. Wir müssen aber darauf achten, dass wir uns nicht von einer Abhängigkeit in die nächste begeben. Robert Habeck sagte, er werde alles prüfen, und er ist auch zum Schluss gekommen, dass Atomenergie nicht einmal kurzfristig eine Lösung ist. Und für Österreich stellt sich diese Frage sowieso nicht. Ein Windrad, das ich heuer aufstelle, liefert sofort Strom, ein Atomkraftwerk, das ich irgendwo baue, wird in den 2030er-Jahren fertig.

Ich finde die Abhängigkeit von Russland - Verzeihung für den Ausdruck! - zum Kotzen.

Andreas Brandstetter

BRANDSTETTER: Ich stimme völlig zu, dass ein Gasembargo auf europäischer Ebene, so bitter das moralisch ist, jetzt komplett falsch wäre, weil es kurzfristig keinen Ausweg gibt. Ich finde die Abhängigkeit von Russland - Verzeihung für den Ausdruck! - zum Kotzen. Aber Jammern hilft uns leider nicht, es ist so. Umso mehr ist die Politik gefordert. Genauso wie Deutschland 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr beschlossen hat, müssen die Regierungen hohe Budgetmittel für den Umstieg auf alternative Energien zur Verfügung stellen - vor allem auch der Industrie.

Wird man wohl oder übel viel Geld für neue LNG-Infrastruktur in die Hand nehmen, obwohl Sie fossile Investitionen eigentlich ablehnen?

GEWESSLER: Wir arbeiten an einen Ausstiegsplan aus russischem Gas, der drei Säulen hat: Gasverbrauch reduzieren, heimische Produktion ausweiten inklusive Ausschöpfung der Potenziale bei Biogas, und Diversifizierung der Importquellen. So wollen wir mehr Gas aus Norwegen beziehen. Es führt kein Weg dran vorbei, auch in Nutzung von LNG-Terminals zu investieren. Das ist ähnlich zu sehen wie die in Rekordzeit beschlossene strategische Gasreserve, die es dem Staat erlaubt, erstmals selbst Gas zu kaufen. Da fließt nicht wenig Geld - das ist kurzfristig unsere Versicherungsprämie. Aber grundsätzlich bricht uns die Brücke, die einige in eine klimaneutrale Zukunft bauen wollten, nämlich Gas, gerade zusammen. Der Krieg in der Ukraine ist eine Zeitenwende, die vielen Menschen die Augen öffnet. Wir bekommen derzeit in wenigen Tagen so viele Anfragen für Beratungen zum Tausch von Öl- und Gasheizungen wie sonst über Monate.

BRANDSTETTER: Das ist eine Chance, Mentalitäten zu ändern. Als ich ein Kind war, hat der Ort seinen ganzen Müll bis hin zum Kühlschrank einfach in den Wald gekippt. Dann kam Hainburg, und wir als jüngere Generation haben gesagt: So geht's nimmer. Etwas Ähnliches braucht es jetzt wieder

GEWESSLER: Wir haben so etwas schon seit 2018/2019 - beginnend mit einer einzigen jungen Frau. Fridays for Future hat so viel bewegt wie schon lange niemand.

Wir alle werden vieles anders machen müssen. Das klingt trivial, ist es aber nicht.

Leonore Gewessler

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Andreas Brandstetter: "Wir haben höchstes Interesse, dass der Transformationsprozess schneller voran geht." © trend / Lukas Ilgner

BRANDSTETTER: Was ich an diesem Punkt in die Diskussion einbringen wollte, ist das Verzichtsthema - etwas sehr Unangenehmes, wahrscheinlich auch für meine Kollegen in der Wirtschaft. Aber ich bin skeptisch, dass der technologische Fortschritt alleine, wie etwa Bill Gates meint, rechtzeitig das Klimaproblem lösen wird, bevor einer der gefährlichen Kipppunkte erreicht wird. Bei Uniqa war der Aufschrei des Managements in Polen riesig, als wir beschlossen haben, keine Kohlekraftwerke mehr zu versichern. Und wir haben es gut überstanden. Einer Bevölkerung Verzicht zu erklären, ist noch viel schwieriger. Aber wir werden in einem Wohlfahrtsstaat wie Österreich, der zur Vollkaskomentalität tendiert, den Menschen eindringlicher erklären müssen, dass es neben Rechten auch Pflichten gibt: sowohl was Reduktion des Energieverbrauchs als auch was Akzeptanz für den Bau neuer Anlagen betrifft.

Müsste Politik da ehrlicher sein? Wenn Sie sagen, es ist ja gar kein Verzicht, mit dem Zug statt mit dem Auto zu fahren, klingt das eher provokant.

GEWESSLER: Ich kann deswegen mit dem Begriff wenig anfangen, weil er immer dazu benutzt wird, um Veränderung zu verhindern. Ich habe als Ministerin keinen Dienstwagen. Ist das für mich ein Verzicht? Nein, das ist eine Veränderung. Wir alle werden vieles anders machen müssen. Das klingt trivial, ist es aber nicht. Was Politik tun muss, ist, verständlicher zu machen, wofür wir das tun: für mehr heimische Energieproduktion ohne teure Rechnung von der Gazprom, für grünere Städte mit mehr Raum zum Spazierengehen, für mehr Lebensqualität für Kinder.

BRANDSTETTER: Sie wären eine tolle Change-Managerin. Wenn es mit der Politik einmal vorbei ist, sollten wir reden

GEWESSLER: Change-Management ist auch in der Politik eine Hauptaufgabe, glauben Sie mir.

Die Finanzwirtschaft würde gerne die Notwendigkeit von mehr Geld für nachhaltige Investitionen mit dem steigenden Druck auf die Bürger verbinden, privat vorzusorgen. Wie soll das aussehen?

BRANDSTETTER: Quer durch Europa entsteht jedes Jahr eine Pensionslücke von über zwei Billionen Euro. Jede bzw. jeder Fünfte ist von Altersarmut betroffen. Als Versicherer bin ich zutiefst überzeugt, dass die staatliche Säule langfristig nicht reicht, auch weil die Bevölkerung immer älter wird. Es würde sich tatsächlich jetzt anbieten, eine stärkere zweite und dritte Säule mit ESG-Themen zu koppeln - durch steuerliche Anreize. Natürlich werden unserer Branche immer Eigeninteressen unterstellt, wenn man so etwas sagt. Und klar, wir sind nicht nur altruistisch unterwegs. Aber wenn nicht jetzt, wann tun wir es dann?

Der Staat kann die enormen Geldmittel, die es braucht, nicht alleine stemmen.

Leonore Gewessler

GEWESSLER: Ich stimme zu, dass Green Finance ein zentrales Thema ist. Der Staat wird seiner Verantwortung nachkommen - siehe unseren Green Bond, der im Mai erstmals aufgelegt wird. Aber er kann die enormen Geldmittel, die es braucht, nicht alleine stemmen. Deswegen starten wir mit dem Finanzministerium eine Initiative nach der anderen, um die Finanzwirtschaft auch in Ihrem Kerngeschäft auf nachhaltige Veranlagungen einzuschwören. Es braucht die Verantwortung und die Beiträge des privaten Sektors.

Die Frage war aber, was dagegen spricht, Menschen einen steuerlichen Vorteil zu gewähren, wenn sie nachhaltig veranlagen. Noch dazu in einer Situation, in der die Regierung sowieso sehr wenig gegen die schleichende Enteignung durch die extrem hohe Inflation tut.

GEWESSLER: Wir haben uns im Regierungsprogramm ja vorgenommen, ökologisch sinnvolle Veranlagungen durch eine Reduktion der KESt. zu incentivieren. Das ist aber keine so leichte Übung, weil man genau definieren muss, was darunter fällt. Das Finanzministerium arbeitet an einem Konzept dazu.

BRANDSTETTER: Ich möchte noch was zu den privaten Beiträgen sagen. Wenn damit Beiträge privatwirtschaftlicher Unternehmen wie Uniqa gemeint sind, unterstützen wir die Transformation wie gesagt uneingeschränkt. Das andere sind Benefits für eine private Pensionsvorsorge, die ebenfalls positive Effekte auf diese Transformation haben. Die gibt es immer noch nicht, und das ärgert mich. Denn dahinter steht ein politischer Standpunkt, und da rede ich gar nicht nur von den Grünen, der davon ausgeht, dass daran wieder nur ein paar Finanzdienstleister verdienen, was so nicht stimmt, und dass der Staat für alles verantwortlich sein muss. Was die Eigenverantwortung untergräbt, die so wichtig wäre bei vielen Punkten, über die wir jetzt gesprochen haben.

GEWESSLER: Wir können die Diskussion nicht schwarz-weiß führen. Wir brauchen einen selbstbewussten Staat, der dort hingreift, wo der Markt an seine Grenzen kommt. Beispiel: Wir haben 30 Jahre auf den liberalisierten Gasmarkt hingearbeitet, in dem die Unternehmen eigenverantwortlich agieren. In dem Moment, wo wir in einer Krise sind, funktioniert der nicht mehr, weil die Versorger aufgrund der gestiegenen Preise plötzlich kein Gas mehr einlagern. Davon unabhängig bin ich für Reformen im Steuersystem, die Impulse in die gewünschte Richtung geben. Das machen wir u. a. mit der zusätzlichen steuerlichen Absetzbarkeit von Sanierungen, die dem Energiesparen dienen.

BRANDSTETTER: Grundsätzlich sollte immer die Devise sein: so wenig Staat wie möglich

GEWESSLER: Die Schlussfolgerung, dass so wenig Staat wir möglich immer die beste Lösung ist, wird der Komplexität der Situation nicht gerecht.

Das von Andreas Lampl moderierte Gespräch zwischen Umwelt-, Infrastruktur- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und UNIQA CEO Andreas Brandstetter ist der trend. EDITION vom Mai 2022 entommen.

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