Trend Logo

Die Pläne des Palmers-Sanierers

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
9 min

Palmers CEO Janis Jung

©trend Lukas Ilgner
  1. home
  2. Aktuell
  3. Unternehmen

Der neue Palmers-CEO JANIS JUNG fährt einen strikten Sanierungskurs. Nach dem fast vollständigen Rückzug aus Osteuropa wird nun das Filialnetz in Österreich verkleinert. Eine Verlagerung von Teilen der Produktion in die Ukraine gilt als Option.

von

Die letzte Geschäftsreise hat Palmers-Chef Janis Jung nach Los Angeles geführt. Die kurze Zeit an der Westküste hat er sich extra freigeschaufelt, um dort innovative Shopkonzepte zu besichtigen und von den dortigen Vorreitern zu lernen. Das ist der angenehme Teil seiner herausfordernden Mission.

Seit zwei Jahren kämpft der Wäschehersteller Palmers mit rückläufigen Umsätzen, das operative Ergebnis 2023/24 ist erneut tiefrot. Jung als neuer CEO ist nun derjenige, der den Turnaround und die Neupositionierung der Traditionsmarke stemmen soll. Im August 2023 wurde er vom Aufsichtsrat für fünf Jahre bestellt. Zusammen mit dem sieben Jahre älteren CFO, der Anfang des Jahres über einen Headhunter gekommen ist, bildet er den verkleinerten Vorstand, unterstützt von einem neuen Führungsteam aus Retail- und anderen Experten. Doch kann das Comeback gelingen?

Jung ist modeaffin, aber ohne Branchenerfahrung bei Palmers gestartet. Nach seinem Ausscheiden bei einem Wiener Start-up für die Vermittlung von qualitätsgeprüften Ärzten suchte er nach Möglichkeiten, um als Unternehmer im Fashionbereich tätig zu sein. Als er über einen Kontakt Matvei Hutman, den indirekten Miteigentümer von Palmers, kennenlernte, ergab sich die unerwartete Option. „Nach mehreren produktiven Treffen haben wir uns für einen gemeinsamen Weg entschieden: Palmers wieder in die Gewinnzone zu führen“, erzählt der 32-jährige Manager in seinem geräumigen Büro im neu renovierten von weithin sichtbaren Palmerstower in Wiener Neudorf. Die Mitarbeiter verteilen sich hier auf die vier oberen Stockwerke, die unteren Etagen werden aktuell entwickelt und sollen dann vermietet werden.

Mehr Platz benötigt das Unternehmen für sich selbst nicht mehr in Wiener Neudorf. Aber auch abseits der vor einigen Jahren zurückgekauften Firmenzentrale ist einiges im Palmers-Reich größer dimensioniert als heute noch wirtschaftlich tragbar: Das gilt etwa für Osteuropa, wo bereits die Reißleine gezogen wurde. Wie aus dem aktuellen Businessplan hervorgeht, wurden die Ländergesellschaften in Slowenien, Slowakei, Ungarn, Tschechien sowie Italien abgeschrieben. Es könne zwar sein, erklärt Jung, dass man den einen oder anderen Store oder Franchisepartner in den Ländern behalte, aber künftig wolle man sich lediglich auf drei Märkte konzentrieren: Österreich, Deutschland und Kroatien.

Abgeschrieben wurde auch die mittlerweile insolvente Firma Hygiene Austria, die in der Corona-Zeit mit in Österreich gefertigte Masken warb, die aber teilweise aus China kamen. Der Ex-JV-Partner und Faserhersteller Lenzing wurde vom Kartellgericht im Sommer zu einer Geldbuße verurteilt. Das Verfahren gegen Palmers ist hingegen noch nicht abgeschlossen.

In der Fläche

Nach dem Skandal hielt sich der Wäschehersteller von der Öffentlichkeit eher fern. Jung geht nun in die Offensive und sagt: „Wir müssen erst mal die Füße in unserem Kernmarkt auf den Boden kriegen.“ In Österreich erzielt Palmers rund 84 Prozent der Erlöse von zuletzt 66,6 Millionen Euro (siehe Grafik rechts).

Verglichen mit den Mitbewerbern hat das heimische Traditionsunternehmen ein sehr dichtes Filialnetz – bezogen auf die wichtigsten 50 City-Einkaufslagen und alle Shoppingcenter in Österreich (nicht berücksichtigt sind Filialen oder Shop-in-Shop-Konzepte in anderen Lagen), wie eine exklusive Auswertung des Beraters Standort + Markt zeigt. Demnach kommt Palmers aktuell mit 186 Shops auf eine Verkaufsfläche von 17.400 Quadratmetern, die nachstehenden Anbieter folgen mit einigem Abstand: So betreibt das italienische Unternehmen Calzedonia mit den vier Marken Calzedonia, Intimissimi, Intimissimi Uomo und Tezenis in Summe 87 Shops, Triumph hat 66, Huber 57 und Hunkemöller 45 Shops. „Insgesamt verfügen die filialisierten Wäscheanbieter über eine Gesamtverkaufsfläche von rund 50.000 Quadratmetern. Das ist zwar ein bisschen weniger als vor fünf Jahren, aber die Anpassungen in der Bekleidungsbranche insgesamt waren ausgeprägter“, sagt Roman Schwarzenecker, Geschäftsführer von Standort +Markt.

In den nächsten 24 Monaten werden wir bis zu 20 Filialen zusammenfassen, um so unser Filialnetz in Österreich zu optimieren.

Janis Jung

"Keine Märchen"

Das dürfte sich nun ändern – zumindest beim Flächenkaiser Palmers. „Ich will Ihnen keine Märchen erzählen, wir drehen im Moment jeden Stein um. Derzeit sind wir unter anderem dabei, alle Standorte zusammen mit einem führenden Produktivitätsberater auf ihre Rentabilität hin zu überprüfen. In den nächsten 24 Monaten werden wir bis zu 20 Filialen zusammenfassen, um so unser Filialnetz zu optimieren.“ Eine solche Konsolidierung könne es etwa im ersten Bezirk in Wien geben, wo in Gehdistanz mehrere Standorte liegen. In Salzburg habe man eine Filiale aufgelassen, während man im 16. Bezirk in Wien eine Filiale über ein Outlet auslaufen lasse.

Palmers beschäftigt rund 660 Mitarbeiter. Etliche davon seien länger für das Unternehmen tätig, als er alt sei, scherzt Jung und weist darauf hin, dass „derzeit keine Kündigungen geplant sind, da wir eher vor der Herausforderung stehen, verdiente Mitarbeiterinnen in die Pension zu verabschieden. Auch durch die Zusammenfassung von einzelnen Standorten entsteht hier voraussichtlich kein zu großes Team.“

Laut CEO liegt ein klarer Fokus auf einer nachhaltigen Profitabilität. „Unsere Strategie besteht nicht darin, die Braut aufzuhübschen und zu verkaufen“, sagt Jung, der Vertraute von Miteigentümer Hutman, einem gebürtigen Usbeken mit österreichischer Staatsbürgerschaft, der früher für die Meinl Bank gearbeitet hat und dem Kontakte in die Ukraine nachgesagt werden.

Dessous-Erlebniswelt

Die Ukraine ist auch für Palmers neuerdings ein Thema. Aktuell produziert das Unternehmen viele Waren in Asien, wo großes Know-how im Wäschebereich vorhanden ist. Die Kehrseite aber sind Lieferschwierigkeiten, die heuer dazu geführt haben, dass dem Wäschehersteller einiges an Geschäft entgangen ist. Geplant ist daher, künftig wieder mehr Ware in Europa herzustellen. Die Ukraine gilt laut CEO neben anderen Ländern, die geprüft werden, als mögliche Option, vorausgesetzt, der Kriegszustand ist irgendwann gelöst, kommentiert Jung die Überlegungen und seinen kürzlichen Besuch vor Ort bei einem Textilhersteller.

Neben dem Produktionsthema gibt es weitere Stellschrauben, an denen für das Comeback der Wäschemarke gedreht wird. Dazu gehört etwa das Öffnen der Traditionsmarke für neue junge, diverse Zielgruppen. In der Anfang Mai gelaunchten Kampagne „Sexy, not Sorry“ wird daher die Vielfalt der Frauen in den Vordergrund stellen, symbolisiert durch die Autorin und UN-Sonderbotschafterin Waris Dirie, die gehörlose Aktivistin Bianca Rosemarie, Dragqueen Pandora Nox und Extremsportlerin Stefanie Millinger.

Um die Strategie der Neupositionierung auch im Handel voranzutreiben, sollen zudem die ersten vier Filialen in Wien, Graz, Salzburg und in der SCS modernisiert werden. Das Geld dafür will man über eine kürzlich gestartete Crowdfundingkampagne einwerben.

Doch um in der Shoppingwelt von morgen bestehen zu können, reicht auch ein luxuriöses Facelifting nicht aus. Starke Marken brauchen Einkaufserlebnisse der besonderen Art. Ein entsprechendes Konzept hat Jung bereits von den Gestaltern der Biogena- und Öfferl-Geschäfte entwerfen lassen. Die Umsetzung ist bis Ende April nächstes Jahres in Wien geplant – wenn die Zahlen stimmen.

Über die Autoren

Logo
Jetzt trend. ab € 14,60 im Monat abonnieren!
Ähnliche Artikel