Ein Nachruf auf Red Bull Gründer Dietrich Mateschitz von VGN CEO Horst Pirker: "Mateschitz hat ein globales Unternehmen geschaffen und sich bewusst für seine Heimat Steiermark und Österreich entschieden. Es wird vielleicht ewig dauern, bis wir Vergleichbares sehen."
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Erzherzog Johann von Österreich, der von 1782 bis 1859 gelebt hat, war ein heute legendärer Förderer und Modernisierer von Landwirtschaft, Industrie, Eisenbahn, Kultur und Bildung, insbesondere in der Steiermark, wo er von 1807 bis zu seinem Tod gewirkt hat. Unzählige, noch oder gerade heute äußerst bedeutende Institutionen gehen auf Erzherzog Johann zurück.
Dietrich Mateschitz mag auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben, mit dem legendären Habsburger. Er stammt nicht – wie Erzherzog Johann – aus dem Hochadel, sondern aus einfachen Verhältnissen, aus der rauen Obersteiermark, die den Menschen immer viel abverlangt hat, der aber – umgekehrt – auch die Menschen viel abgerungen haben.
Seine Mutter, Auguste Mateschitz, eine weithin bekannt strenge Lehrerin, hatte zunächst eine ziemliche pädagogische Herausforderung mit dem heranwachsenden Dietrich. Es reichte ungeachtet dessen für die Matura und anschließend für ein Studium an der Hochschule für Welthandel in Wien.
In der „wirklichen Welt“ rückte für Dietrich Mateschitz rasch ein in der Wirtschaft ziemlich breit verwendeter Begriff in den Mittelpunkt: Marketing. Zuerst Jacobs Kaffee, dann Blendax Zahnpaste und schließlich Red Bull.
Entgegen der verbreiteten Wahrnehmung, war Red Bull nicht vom Start im Jahr 1987 weg ein Erfolg; im Gegenteil. Red Bull hat ungewöhnlich lange gebraucht, um „abzuheben“. Dietrich Mateschitz hat vor diesem Hintergrund den Begriff Marketing – ohne Übertreibung – neu definiert. Hat aus der Not, nicht nur anfangs kein oder zumindest wenig Geld zu haben, eine Tugend gemacht.
Die Extremsportarten, mit denen Red Bull „berühmt“ wurde, boten viel Aufmerksamkeit für vergleichsweise wenig Geld. Dass er bis zuletzt den Extremsportarten die Treue gehalten hat, ist kein Zufall. Treue ist ein gleichsam prägender Teil seiner DNA: Dietrich Mateschitz hat keinen vergessen, der an ihn geglaubt und den lange so zähen Weg zum Erfolg mit ihm gegangen ist, egal, ob das Menschen, Unternehmen oder Institutionen waren.
Wenig überraschend haben nicht selten gerade Menschen diese Treue ausgenützt oder wenigstens versucht, sie auszunutzen. DM, wie ihn viele seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – mit großem Respekt – genannt haben, hat das in aller Regel gelassen gesehen oder, nicht selten, bewusst übersehen. Die einzelnen Enttäuschungen konnten seinem ausgeprägten Treue-Gen nicht wirklich etwas anhaben.
Im weiteren Sinn lebt davon auch seine Heimat, die Steiermark, insbesondere die Obersteiermark. Immer wollte er ihr etwas zurückgeben, was er ihr vermutlich gar nicht geschuldet hat. Viel hat er getan, für diese so geplagte, strukturschwache Region. Da schließt sich der Kreis zum eingangs erwähnten Erzherzog Johann und nicht wenige Menschen, die in der Obersteiermark leben, nennen Dietrich Mateschitz – nicht einfach so hingesagt – einen Erzherzog Johann des 21. Jahrhunderts.
Und diese Einstellung hat Dietrich Mateschitz nicht nur für seine Heimat im engeren Sinn gelebt, sie galt auch – in eingeständiger Form – für seine Wahlheimat Salzburg, das Gravitationszentrum seiner Aktivitäten und überhaupt für ganz Österreich. Ganz leicht hätte er etwa in einem anderen Land weniger oder gar keine Steuern zahlen können. Er hat es bewusst, ganz bewusst, nicht getan, weil er auch Österreich zurückgeben wollte, was er diesem Staat vermutlich noch viel weniger geschuldet hat, als seiner Heimat Steiermark.
In den letzten Wochen wurde in vielen, vor allem ländlichen Gemeinden Erntedank gefeiert. Dietrich Mateschitz „ging“ am zumindest bisherigen Höhepunkt der Ernte. Alles scheint aufzugehen, auch das, was sich lange „geziert“ hat.
Red Bull geht es als global aufgestelltem Unternehmen wirtschaftlich so gut, wie noch nie. In der ebenso globalen Motorsport Formel 1 eilt Red Bull von Sieg zu Sieg. Mit Red Bull Leipzig, eigentlich Rasenballsport Leipzig, mischt man in einer der stärksten Fußball-Ligen der Welt, der deutschen Bundesliga, in der Spitze mit. Und Red Bull Salzburg ist zum Vorzeigeprojekt dafür geworden, wie auch ein Engagement in einer schwachen Liga Sinn machen kann. Selbst im aktuell so herausfordernden, weil disruptiven Bereich der klassischen Medien ist einiges gelungen.
Ach ja, in seinem medialen Engagement findet sich ein roter Faden wieder, der sich durch seinen Marathon zum Erfolg und des Erfolges zieht, nämlich die immer wieder da und dort aufflammende kritische Begleitung zentraler Aktivitäten.
Trotzt allem gilt wohl: Dietrich Mateschitz, ein gültiger Versuch! Und wie gültig! Es wird dauern, vielleicht ewig, bevor wir und/oder unsere Nachkommen Vergleichbares sehen werden…