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Ein gutes Start-up soll ein echtes Problem lösen. Oft ist dieser Satz von Experten und Business Angels zu hören. Das junge Start-up easy2tax muss sich das zu Herzen genommen haben, denn die Wiener sind drauf und dran, den behäbigen Markt rund um Tax-free-Dienstleistungen zu disrupten, wie es neudeutsch heißt.
Das Procedere des Status quo kann nicht umständlicher sein: Ein Nicht-EU-Tourist ersteht etwa ein Schmuckstück in einem österreichischen Geschäft, muss dafür Mehrwertsteuer zahlen, füllt händisch ein Tax-free-Formular aus, muss dieses beim Zoll abstempeln lassen, danach abgeben oder einschicken und erhält irgendwann die Steuer auf sein Konto rücküberwiesen. Kein sehr kundenfreundliches Service, das Händler ihren Kunden da in Ermangelung von Alternativen anbieten müssen.
Einfaches Tax-free-Shopping
Nikolas Tichy und seine drei Co-Founder wollen das nun ändern:"Wir versuchen, Tax-free-Shopping für alle Beteiligten zu vereinfachen und ins Jahr 2022 zu bringen." In einem ersten Schritt noch vor Beginn der Pandemie baute easy2tax eine Applikation, über die die Kundendaten digital erfasst werden, was die Sache schon einmal deutlich vereinfacht. Die Touristen können zusätzlich via App die weiteren Schritte der Abwicklung verfolgen. Alleine diese Lösung nutzen bereits über 60 kleinere Händler in Österreich, die großteils noch vor dem ersten Lockdown akquiriert werden konnten. Dann versiegte der Touristenstrom und auch das Interesse der Händler.
Doch Wirtschaftsinformatiker Tichy - er arbeitete früher bei einem jener großen Platzhirschen, die er nun überflügeln will - und sein inzwischen fünfköpfiges Team nutzte die Zeit, um "eine Revolution im Tax-free-Markt" zu entwickeln: eine Lösung, bei der die Käufer die Mehrwertsteuer erst gar nicht bezahlen müssen. In Kooperation mit einem Zahlungsdienstleister und mit Hilfe eines eigenen Terminals wird der Steuerbetrag auf dem Kreditkartenkonto lediglich reserviert, aber nicht abgebucht. Nach der Freigabe durch den Zoll - wofür leider noch immer ein analoger Zollstempel nötig ist - wird die Reservierung wieder aufgelöst.
Erste Kunden und Investoren an Bord
"Diese Lösung wird künftig unser Kernprodukt sein", sagt Tichy, "wir wollen langfristig alle dafür in Frage kommenden Händler für unser System gewinnen." Bis Jahresende sollen es jedenfalls einmal 100 Kunden werden. Hard- und Software werden dabei gratis zur Verfügung gestellt, bezahlt wird eine individuell zu vereinbarende Servicepauschale pro abgewickelter Zahlung.
Wobei der Erste, der das System im Einsatz hat, gleich auch Co-Investor bei easy2tax wurde: das Atelier von Schullin Wien, das Luxusschmuck und Luxusuhren am Kohlmarkt und im Looshaus anbietet. "Ich freue mich sehr, mit den Gründern den Tax Free Refund zu revolutionieren", ist Lukas Schullin begeistert. Geschickt vermarktet kann das System zudem einen Vorteil im Wettbewerb um die Kunden bedeuten.
Rund 100.000 Euro stecken in dem Ende 2018 gegründeten Unternehmen, wobei als zweiter bekannter Investor die Birko Beteiligungs GmbH aus der Gruppe von Hans Schmid, zu der unter anderem das Kaufhaus Steffl gehört, gewonnen werden konnte. "Uns war es wichtig, strategische Investoren an Bord zu haben, die uns auch mit ihrem Netzwerk unterstützen können", erklärt Tichy, der aber durchaus neuen Geldgebern gegenüber offen ist, um seine schlüsselfertige Revolution schnell ausrollen zu können.