Der Emissionshandel in der EU
Treibhausgasemissionen reduzieren und den Klimawandel stoppen - das ist das Gebot der Gegenwart. Weltweit wird mit vielfältigen Maßnahmen versucht, der Erderwärmung gegenzusteuern, und eine der wichtigsten Maßnahmen dabei ist die Bepreisung der CO2-Emissionen der Industrie und das dafür ins Leben gerufene EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) (Englisch: EU Emission Trading System, EU-ETS).
Das von der Europäischen Union im Jahr 2005 gestartete Instrument zielt auf die Energiewirtschaft und die energieintensiven Industrien ab, die im Zuge ihrer Tätigkeit große Mengen CO2 und anderer Treibhausgase freisetzen. Zusammen verursachen diese Anlagen rund 40 % der Treibhausgas-Emissionen in Europa. In der dahinter liegenden Theorie sollen Unternehmen durch die Zertifikate ein Bewusstsein für den Preis der Umweltbelastung entwickeln, in klimaschonendere Verfahren und moderne Technologien zu investieren. Neben Kohlendioxid sind seit 2013 auch Lachgas und perfluorierte Kohlenwasserstoffe einbezogen.
Cap & Trade: Begrenzen und Handeln
Der EU-ETS funktioniert nach dem Prinzip des sogenannten „Cap & Trade“. Eine Obergrenze (Cap) legt fest, wie viele Treibhausgas-Emissionen insgesamt ausgestoßen werden dürfen. Die Mitgliedstaaten geben eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen an die Anlagen aus – teilweise kostenlos, teilweise über Versteigerungen. Eine Berechtigung erlaubt den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent (CO2-Äq).
Die Emissionsberechtigungen können auf dem Markt frei gehandelt werden (Trade). Hierdurch bildet sich ein Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen.
Als Folge wenig ambitionierter Caps, krisenbedingter Produktions- und Emissionsrückgänge und der umfangreichen Nutzung von internationalen Projektgutschriften hat sich seit 2008 eine große Menge überschüssiger Emissionsberechtigungen im EU-ETS angesammelt. Diese Überschüsse haben wesentlich zu dem zwischen 2011 und 2017 beobachtbaren Preisverfall für Emissionsberechtigungen beigetragen. Seit Mitte 2017 sind die Preise in Folge der letzten Reform des EU-ETS wieder deutlich gestiegen. Ende 2021 lag der Preis bei etwa 80 Euro.
Kritiken am Zertifikate-Handel
Kritikpunkt 1:
Der offizielle CO2 Zertifikate-Handel musste sehr lange gegen seinen „Geburtsfehler“ ankämpfen. Anfangs wurden nämlich die CO2-Emissionsrechte kostenlos abgegeben und das auch noch in viel zu großer Menge. Somit gab es kaum eine zusätzliche Nachfrage nach diesen Zertifikaten und einen entsprechend geringen Preis. Daher lieferte dieser CO2-Handel den Firmen keinen Grund zu CO2 Einsparung – im Zweifelsfall war es wesentlich günstiger einfach noch einige der super billigen CO2-Zertifikate zuzukaufen. Das änderte sich erst, als die Zahl der verfügbaren CO2-Zertifikate begrenzt und sogar Jahr für Jahr verringert wurde. Aber auch heute noch halten Kritiker des Emissionshandels die Zahl der verfügbaren Zertifikate für zu hoch und deren Verringerung für zu langsam. Sie befürchten, dass durch diese zögerliche Handlungsweise die im Kyoto-Protokoll vereinbarten Klimaziele nicht erreicht werden können.
Kritikpunkt 2:
Die notwendige deutliche Verringerung des CO2-Ausstoßes kann durch diesen Handel mit den CO2 Zertifikaten wahrscheinlich erreicht werden, es dauert aber viel zu lange. Schließlich wird durch den Handel mit Emissionsrechten direkt kein CO2 eingespart. Die Wirkung ist indirekt und zeitverzögert.
Kritikpunkt 3:
Da die offiziell ausgegebenen und gehandelten Zertifikate nur in elektronischer Form vorliegen, besteht immer ein gewisses Risiko der Manipulation bzw. des Diebstahls durch Hacker. Allerdings hat es Diebstähle und Fälschungen auch bei Papierdokumenten schon immer gegeben.
Kritikpunkt 4:
Die von privaten Organisationen und von Umweltschutz-Projekten herausgegebenen Zertifikate zur Kompensation des CO2-Ausstoßes unterliegen keiner strengen Kontrolle. Daher bestehen hier durchaus Betrugsmöglichkeiten. Außerdem wird der Preis dieser Zertifikate von der ausgebenden Organisation mehr oder weniger willkürlich festgesetzt.