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Energieversorgung: Wie Österreich seine Gashoheit zurückholen kann

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10 min
Peter Sattler, Management Consultant bei Horváth & Partners Österreich
Peter Sattler, Management Consultant bei Horváth & Partners Österreich©www.fotodienst.at / Anna Rauchenberger
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Österreich könnte 25 Prozent seines jährlichen Gasverbrauchs aus eigenen Vorkommen decken, möglicherweise sogar deutlich mehr. Auf dem Weg in die CO2-neutrale Zukunft wäre das sogar dringend geboten. Doch dazu braucht es den Willen von Politik und Kommunen, meint Peter Sattler, Energiemarkt-Experte der Mangementberatung Horváth in seinem Gastkommentar.

Der Ausstieg aus fossilen Energien (Kohle, Erdöl und Erdgas) in Europa bis spätestens 2050 ist beschlossene Sache. Doch bis dorthin sind es noch einige Jahre, in denen wir die Versorgungssicherheit für Energie parallel zum Ausbau erneuerbarer Energieressourcen sicherstellen müssen. Für die EU ist Erdgas eine saubere „Brückentechnologie“ für die Übergangszeit, Österreich hat diese Chance bis jetzt aber noch nicht ergriffen.

Spätestens seit dem Einfall von Putins Russland in sein Nachbarland Ukraine bekommen wir die leidvolle Abhängigkeit von russischem Gas zu spüren. Folgt man den Statistiken, hat sich diese Abhängigkeit in den vergangenen zehn Jahren weiter zugespitzt. Jetzt müssen wir uns über andere Kanäle versorgen, die Preise sind dementsprechend hochgeschossen. Wir holen Tiefsee-Gas aus Norwegen, Fracking-Gas aus den USA oder LNG-Gas aus Katar, während Industrie und Haushalte in Österreich unter den dadurch steigenden Energiekosten leiden. Aus ökologischer Sicht sind diese Gasimporte aufgrund der notwendigen Logistik allerdings um einiges schlechter zu bewerten als vor Ort produziertes Gas.

Gasproduktion in Österreich schrumpft und schrumpft

Im Zuge der medial aufgepoppten Diskussion um die geplante Gasbohrung in der oberösterreichischen Gemeinde Molln ist die seit Jahren schrumpfende Gasproduktion in Österreich ins Rampenlicht gerückt. Im Vorjahr (2022) wurden nur noch 7 Terrawatt-Stunden – also knapp acht Prozent des gesamten Gasverbrauchs (89 TWh) – aus heimischen Ressourcen gedeckt. Zehn Jahre zuvor (2012) waren es noch 19,2 TWh.

Ihren Höchststand erreichte die heimische Gasförderung während der Energiekrise in den 1970er Jahren, damals wurden nahezu 30 Prozent des heimischen Gasbedarfs durch eigene Gasquellen abgedeckt, konkret erreichten die jährlichen Fördermengen ein Volumen von bis zu 26 TWh. In den 2000er Jahren bewegten sich die zutage geförderten Erdgas-Volumina um die 20 Terrawattstunden, doch seit 2013 und nach der Annexion der Krim und dem Versprechen preisgünstigen russischen Gases – ging es rapid bergab mit der Förderung.

Allein zwischen 2018 und 2022 hat sich die heimische Gasförderung halbiert, und sie wird definitiv weiter sinken, wenn keine neuen Bohrungen genehmigt und umgesetzt werden. Die aktuelle Gasförderung beträgt nur noch knapp ein Zehntel des österreichischen Verbrauchs und ist somit weniger, als in Österreich allein für die Stromproduktion jährlich verbraucht wird. Rasche Entscheidungen zugunsten einer neuen Erdgas-Initiative wären angebracht.

Appell zu neuer Erdgasinitiative

Jede Kilowattstunde Energie, die in Österreich oder in der EU erzeugt wird, reduziert die Abhängigkeit von unzuverlässigen Partnern und dämpft die Preisentwicklung, sagt auch die Wirtschaftskammer Österreich. Erdgas aus heimischen Vorkommen könnte eine wesentliche Grundlage sein, mittelfristig die Sicherheit der Energieversorgung in Österreich auf neue Beine zu stellen. Aber wie soll das gehen und was ist zu tun?

Konkret sollten – wie etwa in Norwegen – die bestehenden, in der Exploration tätigen Unternehmen aufgefordert, zumindest aber (steuerlich) ermuntert werden, nach neuen Erdgasvorkommen zu suchen. Sie haben dies in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich getan und kompetent bewiesen. Die vom Bund vergebenen, neuen Aufsuchungslizenzen sollten dazu genutzt werden, zu bohren. Zugleich sollte von allen Beteiligten – Bohrfirmen, Bund und Kommunen – aktiv für Aufklärung gesorgt und der Bedarf zur Erschließung neuer Quellen aufzeigt werden.

25 Prozent Eigenversorgung als Ziel

Experten mit Geologie bzw. Explorations Know-how in Österreich gehen davon aus, dass es gelingen könnte, die heimische Gasproduktion zumindest mittelfristig wieder auf den Wert der 2000er Jahre, nämlich 20 - 25 Prozent des gesamten Gasverbrauchs von Industrie und Haushalten, hochzuschrauben. Die in der Oberösterreichischen und Salzburger Molassezone samt Kalkalpen und im Wiener Becken von Niederösterreich vermuteten Gaslagerstätten haben jedenfalls das Potenzial, den heimischen Bedarf an Erdgas auf Jahrzehnte hinaus zu einem guten Teil abzudecken.

Diese Bohrungen sind einfach, sicher und sauber zu realisieren – natürlich den strengen österreichischen Umwelt- und Montangesetzen entsprechend. Es braucht kein Fracking, keine Pumpen und auch keine großen Gelände, um das Gas zu erschließen – lediglich den Willen und den Mut der Politik, für Klarheit zu sorgen. Tiefe und komplexe Bohrungen, die erst zur Gasproduktion nach 2030 führen würden, wie etwa die Fracking-Potenziale im Weinviertel, würden zu spät kommen und ihre Rolle als Übergangstechnologie nicht mehr wahrnehmen können.

Politik gefordert

Um den Gasschatz im porösen Untergrund der heimischen Rocky Mountains zu heben, müssen Politik, Kommunen und die Unternehmen zusammenspielen. Der Finanzminister als oberste Bergbaubehörde ebenso wie die Umwelt- und Energieministerin als Verantwortliche für die sichere Energieversorgung müssen einen klaren Plan für die Nutzung heimischer Gasreserven definieren und vorlegen. Die betroffenen Gemeinden müssen in die Planungen eingebunden werden, die Behörden ohne Einflussnahme arbeiten können. Und die Unternehmen sind gefordert, ihre Stakeholder proaktiv und professionell zu managen.

Norwegen und auch das Vereinigte Königreich sind hier in jüngster Zeit mit vorbildlichem Beispiel vorangegangen, mit zahlreichen steuerlichen Anreizen für neue Explorationsvorhaben. Besonders in Norwegen haben sich damit schon sehr viele neue Erfolge eingestellt, besonders was Erdgasfunde betrifft.

Österreich steht eine lange Nacht der Energiediskussionen bevor. Die notwendige Sicherung der Energieversorgung bis zum vollständigen Ausbau der erneuerbaren Energiequellen ebenso wie die mögliche Deckelung der Energiepreise sind Grund genug zum Handeln. Damit das Land wirtschaftlich unbeschädigt und sicher aus der Energiekrise herauskommt, sind nicht nur alle verfügbaren Erneuerbaren Energiequellen zu erschließen, sondern – zur Sicherung der Energieversorgung während der Übergangsphase – auch die für Industrie und Haushalte so wichtigen heimischen Erdgasvorkommen.

DER AUTOR

Peter Sattler ist Principal und Head of Green Transformation & Sustainability Management bei Horváth in Wien.
E-Mail: psattler  horvath-partners.com

Die Serie "Management Commentary" ist eine Kooperation von trend.at und der Unternehmensberatung Horváth & Partners. Die bisher erschienen Beiträge finden Sie zusammengefasst im Thema "Management Commentary".

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