
Im Vorjahr kam es bei der Geschlechtervielfalt in österreichischen Unternehmen erstmals zu einem Rückschritt. Die Parität in den Vorständen börsennotierter Unternehmen verzögert sich deutlich.
In den vergangenen Jahren ging es bei der Geschlechterparität hierzulande mit flotten Schritten voran. So hat sich der Anteil der größten börsennotierten Unternehmen mit mindestens einer Frau im Vorstand seit 2018 auf 44 Prozent fast vervierfacht und der durchschnittliche Frauenanteil in Vorständen auf über zwölf Prozent mehr als verdoppelt. Nun könnte sich das Blatt jedoch wenden:
Exklusiv für trend hat die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) heuer zum siebten Mal den Gender Diversity Index erhoben, also nachgeschaut, wie es mit der Gleichstellung der Geschlechter in Vorstand und Aufsichtsrat und bei der Vergütung ausschaut. Aus der Studie geht hervor, dass der Gesamtindex erstmals seit 2018 sank. Geschlechterparität in den Vorständen wird es nun erst 2049 geben, also zehn Jahre später als bisher erwartet. Heike Dorninger, Managing Director und Partnerin von BCG, warnt davor, den Rückgang überzubewerten. „Es richtig, dass sich damit der Trend verlangsamt hat und es Herausforderungen gibt. Einer der Hauptgründe für den Rückgang ist, dass weibliche Vorstandsmitglieder ausgeschieden sind und diese Positionen nicht wieder mit Frauen besetzt wurden. Das macht deutlich, dass Diversität kein Selbstläufer ist“, sagt sie.
2024 waren von 179 Vorstandspositionen nur 23 mit Frauen besetzt, und nach dem Ausscheiden von Herta Stockbauer (BKS Bank), Silvia Schmitten-Walgenbach (CA Immo) und Silvia Azzali (Wolford) gibt es in börsennotierten Unternehmen keine einzige weibliche CEO mehr. Insgesamt hatten 28 der 50 größten börsennotierten Unternehmen keine Frau mehr im Vorstand. Und die Zahl der Aufsichtsräte ohne Frauen verdoppelte sich im Jahresvergleich. Anders im Nachbarland Deutschland. Dort ist der Anteil börsennotierter Unternehmen mit mindestens einer Frau im Vorstand gestiegen.
Lediglich bei der Vorstandsvergütung war eine Verbesserung in den österreichischen Top-Unternehmen zu beobachten. Erstmals rangiert eine Frau unter den 25 Bestverdienern und verdient mehr als 2,2 Millionen Euro im Jahr - ein erfreulicher Einzelfall, jedoch keine Trendumkehr.
Ob wir in Österreich den von Präsident Trump angeführten Diversitätsbacklash erleben, wird sich zeigen. Mögliche wäre es, wie Martina Ernst, Ex-HR-Chefin bei der Erste Bank, die heute als Beraterin zu Diversität und Gehaltsfragen tätig ist, meint: „Es stimmt, dass in den USA derzeit viele Unternehmen ihre DEI-Programme zurückfahren oder ganz einstellen. Diese Entwicklungen können sich durchaus auf Europa auswirken, da globale Unternehmen oft ihre Strategien weltweit anpassen“.
Deutlich wird jedenfalls auch in Österreich: Frauenkarrieren, die in börsennotierten Unternehmen ganz nach oben führen, sind weiterhin die Ausnahme.