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Fabasoft-CEO Fallmann: "Die EU treibt unser Geschäft"

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Aktualisiert
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11 min

Helmut Fallmann - CEO und Co-Gründer von Fabasoft

©Fabasoft/Nik Fleischmann
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Fabasoft-CEO HELMUT FALLMANN spricht über sein erfolgreiches Ökosystem, KI-Überraschungen fürs kommende Jahr, ehrliche CO2-Buchhaltung, Chatbots beim Marketingmeeting und seine Pläne für nachhaltiges Wachstum.

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Die generative KI hat in der Öffentlichkeit eingeschlagen wie ein Komet. Unternehmer pendeln zwischen technischer Überforderung, die richtigen Anwendungsfälle zu finden, und Ruhe zu bewahren im Handlungsdruck, der allseits suggeriert wird. Wie stellt sich die Lage für Sie dar?

Helmut Fallmann

Aufgeregt sind alle, aber die meisten laufen herum wie gackernde Hühner. Sie nehmen viel Geld in die Hand, erreichen aber noch nichts. Viele stecken das Geld nämlich in die falschen Piloten oder benützen die Prompts bei der generativen KI falsch. Und obwohl kein ordentlicher Output daherkommt, müssen sie trotzdem dafür bezahlen. KI ist nicht nur ChatGPT. KI ist ein ganzer Strauß an Technologien, der richtig eingesetzt werden will.

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Was empfehlen Sie Ihren Kunden?

Helmut Fallmann

Wir raten, in zwei Stoßrichtungen zu gehen: Erstens zur Automatisierung. Das funktioniert in vielen Unternehmen gut, wenn man genügend Trainingsmaterial hat, kann man in Verträgen ausreichend Semantik herauslesen und Dokumente zuordnen und so einen hohen Automatisierungsgrad in Geschäftsprozessen erreichen. Das wird uns in Teilen auch helfen, mit dem dramatischen Arbeitskräftemangel umzugehen. Die zweite Stoßrichtung ist, die sprachliche Kompetenz der generativen KI zu nutzen, denn die ist wirklich erstaunlich. Die inhaltliche Kontrolle muss aber der Mensch behalten. Die generative KI würde beim PISA-Test besser abschneiden als der europäische Durchschnitt.

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Wie halten Sie es mit der KI im eigenen Haus? Gibt es Richtlinien? Haben Sie neue Einsatzmöglichkeiten gefunden?

Helmut Fallmann

Wir haben ChatGPT bei einem Marketingmeeting als virtuellen Sparringspartner dazugenommen und konkrete Fragen gestellt. Wir haben ChatGPT zum Beispiel gefragt: Was ist der Nutzen von Co-Creation für einen Kunden? ChatGPT sind mehr Argumente eingefallen als uns.

Im Raum waren aber auch genug Fachleute, um zu beurteilen, ob der Output gut ist oder nicht. Noch stehen wir bei dieser Art von KI alle am Anfang. Dennoch empfehle ich jedem Unternehmen, zumindest einen spielerischen Einsatz durchzuführen. Der Nutzen dieses Chatbots ist klar gegeben, aber Content und Kontrolle müssen vom Menschen kommen.

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Einen kontrollierenden Rahmen hat Mitte Dezember die EU mit dem KI-Gesetz geschaffen. Das richtige Gesetz zur rechten Zeit?

Helmut Fallmann

Auf alle Fälle! Die EU hat nun als erster großer Wirtschaftsraum einen verlässlichen Rahmen für den Einsatz von KI geschaffen. Die EU muss jetzt in die Entwicklung und in die Infrastruktur investieren. Das ist auf dem Weg zu einer technologischen Souveränität erfolgsentscheidend.

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Immer neue Regulierungen schaffen konstant mehr administrativen Aufwand, der sich mit Fabasoft-Produkten digitalisieren lässt. Das kommt Ihrem Unternehmen gerade sehr entgegen.

Helmut Fallmann

Die EU treibt unser Geschäft, und dafür sind wir sehr dankbar. Als aktuelles Beispiel kann ich das Lieferkettengesetz nennen. Das nächste Thema ist der Digital Operational Resilience Act (DORA), mit dem die Cyberresilienz im Finanzsektor sichergestellt werden soll. Auch der KI-Act wird zu mehr Verwaltungsaufwand, der mit unseren Softwarelösungen bewältigt werden kann, führen.

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Sie haben das wachsende Produktportfolio der Fabasoft in den letzten zwei Jahren als Ökosystem PROCECO Solutions neu ausgerichtet. Für Kunden ist das eine Art Firmen-App-Store, in dem sich offenbar überzeugende Digitalisierungsprodukte finden, wie das zuletzt sehr gute Geschäft belegt. Was kommt zum System noch dazu?

Helmut Fallmann

Zum einen bin ich überglücklich, weil unser Wachstum nun auch von den PROCECO Solutions kommt. Approve und Xpublisher werden heuer erstmals substanzielle Anteile zum Umsatz beitragen. Das ist sensationell, weil beide Anwendungen noch jung sind. Wir haben dort Wachstumsraten zwischen 30 und 70 Prozent. Darüber hinaus wird Mindbreeze im Ökosystem einen größeren Stellenwert bekommen. Jede PROCECO Solution wird hinkünftig eine KI-Komponente -powered by Mindbreeze - enthalten. Diesbezüglich ist 2024 auch noch mit einer Überraschung zu rechnen. Zudem ist erfreulich, dass unsere PROCECO Solutions auch für die öffentliche Verwaltung attraktiv sind, weshalb wir in diesem wichtigen Bereich bereits zusätzliches Geschäft machen. Insgesamt haben wir in der Fabasoft-Gruppe nun drei Ökosysteme mit großem Wachstumspotenzial etabliert.

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Ihr Unternehmen lieferte starke Zahlen im ersten Halbjahr. Das Ergebnis wäre noch besser, würden die Personalkosten nicht so stark steigen. Die Fabasoft AG ist ein beliebter Arbeitgeber mit starken Benefits. Sind für Sie auch Konzepte wie eine Vier-Tage-Woche denkbar und leistbar?

Helmut Fallmann

Wir brauchen die Menschen, damit wir in der F&E weiter so intensiv investieren können, denn 30 Prozent des Umsatzes gehen in diesen Bereich. Das meiste sind Personalkosten. Wir bekommen exzellente Leute und sind zufrieden mit dem, was der Arbeitsmarkt für uns hergibt. Die Personalkostenauswüchse sind eine Herausforderung. Man kann sie nur im Griff behalten, wenn man umsatzseitig stärker wächst. Wenn wir über Start-ups wachsen, sind die Personalkosten höher, weil die erst einmal ein Produkt bauen und Kunden überzeugen müssen. Bis dem ein Umsatz gegenübersteht, dauert es. Bei Akquisitionen ist das leichter. Wir versuchen, nur Unternehmen zu akquirieren, die ungefähr zehn Prozent unseres Umsatzes ausmachen. Unternehmen in unserer Branche sind mit über fünf Millionen Euro Umsatz in der Regel EBIT-positiv. Wer das nicht ist, hat ein Problem mit dem Geschäftsmodell. Wirtschaft muss wachsen, aber mit nachhaltigem Wachstum, nicht mit rauchenden Schloten. Eine generelle Vier-Tage-Woche ist bei Fabasoft derzeit kein Thema.

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Nachhaltigkeit ist ein großes Thema in der Digitalisierung: Gerade Anwendungen wie KI oder Krypto sind extrem energiehungrig. Werden wir bald CO2-Pickerl auf Programmen haben?

Helmut Fallmann

Davon ist auszugehen. Wir müssen in das Thema Carbon Accounting Ehrlichkeit hineinbringen. Wirtschaftsprüfer werden sich das bald genau ansehen. Die Fabasoft lässt sich heuer erstmals freiwillig von EY prüfen, denn wir wollen gegenüber unseren Kunden transparent sein. Unsere Ziele sind sehr ehrgeizig. Innerhalb der nächsten Jahre soll sich unser CO2-Ausstoß mehr als halbieren. Wir betreiben bereits alle Rechenzentren mit grünem Strom und suchen Kompensationsprojekte für jenen CO2-Anteil, den wir nicht vermeiden können. Aber mit sinnvollen Zertifikaten, denn wir wollen kein Greenwashing! 70 Prozent unserer Firmenflotte sind elektrisch. Wir verfügen über eigene Ladestationen und laden mit nachweislich grünem Strom. Wir verkaufen an unsere Kunden CO2 freie Software as a Service. Die Kunden brauchen das in ihrem Carbon Accounting daher nicht mehr verbuchen.

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Letztes Jahr ist der namensgebende Mitgründer Leopold Bauernfeind ausgeschieden. Ihre Energie und Leidenschaft für das Unternehmen scheinen ungebrochen.

Helmut Fallmann

Mir hat es noch nie so viel Freude bereitet, das Unternehmen strategisch weiterzuentwickeln. In den letzten zehn Jahren hatten wir eine jährliche Wachstumsrate von 12,5 Prozent, in den letzten fünf Jahren 14,5 Prozent, und jetzt wollen wir auf über 15 Prozent kommen. Wir sind im Management breit aufgestellt und stellen alle Schritte quartalsweise auf den Prüfstand. Zusätzlich haben wir mit Univ.-Prof. Hans Mühlbacher vom Beratungsunternehmen IMARK und Univ.-Prof. Oliver Koll von der Uni Innsbruck eine Fabasoft Management Academy ins Leben gerufen, die hervorragend funktioniert. Wir haben damit eine Art MBA mit unseren unternehmensspezifischen Programmen und Inhalten aufgesetzt. Meine Hauptthemen sind Strategie und Marketing, und das mache ich mit größter Leidenschaft.

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Welche Ziele haben Sie sich gesteckt und ist die Nachfolge perspektivisch schon ein Thema?

Helmut Fallmann

Es gibt ein kurzfristiges und ein mittelfristiges Ziel. Das erste lautet, zu meinem 60er (im Jahr 2026, Anm.) 100 Millionen Euro Umsatz zu schaffen. Wenn uns noch eine Akquisition gelingt, werden wir das auch erreichen. Danach habe ich noch knapp zehn Jahre, mich um das Thema Nachfolge zu kümmern.

Wir haben den Vorstand von drei auf fünf Positionen erweitert und die fünfte Position ist der oder die nächste CEO, den oder die es noch zu finden gilt.

Zur Person

HELMUT FALLMANN [geb. 1966] gründete 1988 mit Leopold Bauernfeind in Linz die Firma Fabasoft. Das börsennotierte Unternehmen entwickelt Produkte für die Digitalisierung von dokumentenintensiven Geschäftsprozessen, Wissensmanagement und Publishing.

Über das digitale Ökosystem PROCECO werden zahlreiche Lösungen angeboten, von der Dokumentation von Großprojekten bis zur Vertragsmanagement-Software.

Das Unternehmen Fabasoft mit Standorten in Österreich, Deutschland, der Schweiz und den USA beschäftigte zum Stichtag 30. September 488 Mitarbeitende. Im ersten Geschäftshalbjahr 23/24 stieg der Umsatz um fast ein Viertel auf 39,5 Millionen Euro, der Gewinn auf 4,8 Millionen (plus 38 Prozent).

Das Interview ist aus trend. edition+ vom Dezember 2023.
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