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Franz C. Bauer: Wie unmoralisch sind Gewinne?

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Franz C. Bauer, trend-Redakteur

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Die Diskussion über die Besteuerung von Bankengewinnen und die Deckelung von Kreditzinsen ignoriert einige Fakten.

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Skandal! Österreichs Banken streiften vergangenes Jahr Gewinne von insgesamt 10,2 Milliarden Euro ein! Und heuer schaut's womöglich noch besser aus. Ist ja auch kein Wunder – bei diesen Zinsen! Am Konto sind es bei vielen Konsumenten noch immer um ein Prozent oder weniger, aber wenn es ins Minus geht – ja, da kassieren die Institute flott ab. Zwölf Prozent oder mehr sind da keine Seltenheit. Eigentlich logisch, dass sich AK und Konsumentenschützer aufregen und die SPÖ eine Zinsobergrenze bei Krediten, Mindestzinsen für Sparbücher und eine Bankensteuer fordert. Zuvor hatte schon FPÖ-Chef Herbert Kickl gemeint, die Banken müssten "endlich zur Kasse gebeten werden".

Nicht zu vergessen die immerhin rund 500.000 Häuslbauer oder Wohnungskäufer, die variable Kredite laufen haben. Da erhöhen die Banken fast schon quartalsweise die Zinsen. "Vielen steht das Wasser bis zum Hals", konstatierte erst kürzlich Oliver Picek, Senior Economist des gewerkschaftsnahen Thinktanks Momentum Institut, in der "ZiB 2". Auch er wünscht sich einen Zinsdeckel für variable Kredite. Die von der SPÖ geforderten drei Prozent als Zinsobergrenze hält Picek für einen "sehr innovativen Vorschlag". Man könnte ja die "Übergewinne" der Banken abschöpfen und mit dem Geld den notleidenden Kreditnehmern unter die Arme greifen.

Finanzbildung ist nicht Privatsache, sie ist Aufgabe eines Bildungswesens, das nicht auf die Schule, sondern auf das Leben vorbereitet.

Franz C. Bauertrend Redakteur

Klingt alles ganz nett, doch so einfach ist die Welt ja doch nicht. Zunächst zu den Gewinnen der Banken. "Von den 10,2 Milliarden des vergangenen Jahres stammen rund fünf Milliarden aus dem Geschäft mit Osteuropa, weitere zwei Milliarden aus Russland", so Monika Köppl-Turyna, wissenschaftliche Leiterin des unternehmernahen Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria. Bleiben drei Milliarden Euro, die aber keineswegs zur Gänze aus dem Zinsgeschäft stammen.

Wie die Gewinne heuer aussehen werden, lässt sich zwar noch nicht exakt vorhersagen, doch es dürfte wieder ein gutes Jahr für die Banken werden. Begehrlichkeiten, sei es von Konsumenten, Aktionären oder dem Staat, sind dennoch nicht angebracht. Köppl-Turyna: "Die Nationalbank hat erst kürzlich darauf hingewiesen, dass Österreichs Banken strukturell weniger profitabel sind als der EU-Durchschnitt." Der im Juni veröffentlichte Financial Stability Report findet da klare Worte. Die OeNB empfiehlt ganz klar "eine nachhaltige Stärkung der Kapitalbasis, unter anderem durch Zurückhaltung bei der Gewinnausschüttung", sowie "weitere Effizienzsteigerungen zur Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität".

Zu den Fakten: Die "astronomischen Zinsspannen", die immer wieder angesprochen werden, gibt es nur in einem Teilbereich, der eigentlich kaum existieren dürfte. Tatsächlich erhalten zahlreiche Bankkunden für täglich fälliges Geld immer noch ein Prozent oder weniger. Überziehungszinsen durchbrechen dagegen oft die Zehn-Prozent-Schallmauer. Doch kein Mensch braucht Tausende Euro täglich fällig. Verhandlungen und schon kurze Bindungsfristen können bis drei Prozent und mehr bringen. Als Anleger sind Herr und Frau Österreicher aber konservativ bis, sagen wir: ungeschickt. Sie wählen immer noch viel zu oft die konservativste und schlechteste Anlageform: täglich fälliges Geld.

Ganz anders bei Krediten. Da zeigt man sich risikofreudig: In der Niedrigzinsphase wurden bis zu vier Fünftel der Kredite variabel verzinst abgeschlossen. Hier liegt der Zinssatz zwar unter jenem eines Fixzinskredits, doch bei steigenden Zinsen steigt auch die monatliche Belastung. Die Banken haben darauf - im Gegensatz zu den Behauptungen der AK, die ihre Klientel ja auch nachdrücklicher hätte informieren können – immer hingewiesen. Nachzulesen übrigens in allen trend-Geschichten über Immobilienkredite, in denen jeweils mindestens ein Vertreter der Banken auf das Risiko bei variablen Krediten aufmerksam machte. (Angesichts der aktuell hohen Zinsen wären Fixzinskredite allerdings auch nicht die beste Wahl.)

Doch das Problem entsteht ja nicht erst in der Bankfiliale, sondern viel früher, nämlich in der Schule. Hat dort schon irgendjemand den Begriff "Fixzinskredit" vernommen? Eben. Finanzbildung ist nicht Privatsache, sie ist Aufgabe eines Bildungswesens, das nicht auf die Schule, sondern auf das Leben vorbereitet.

Der Artikel ist in der trend. PREMIUM Ausgabe von 08.09. 2023 erschienen.

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