Rund 27.500 Anleger:innen fordern Schadenersatz vom Zahlungsdienstleister Wirecard.
©APA/dpa/Peter KneffelDer Großprozess geschädigter Wirecard-Anleger:innen hat begonnen. Das Bayerische Oberste Landesgericht verhandelt über Schadenersatzforderungen in der Höhe von bis zu 8,5 Milliarden Euro. Eine erste Ansage der zuständigen Richterin dürfte Anleger:innen Hoffnung machen.
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Im Wirecard-Skandal hat in München einer der größten Prozesse der deutschen Geschichte begonnen. Fast viereinhalb Jahre nach der Pleite des einstigen deutschen DAX-Konzerns nahm das Bayerische Oberste Landesgericht am Freitag in München seine Verhandlung über Schadenersatzforderungen von rund 27.500 Anleger:innen auf.
In dem Prozess nach dem sogenannten Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) sollen Dutzende Kernfragen von 8.500 Einzelprozessen geklärt werden, die vor dem Landgericht München anhängig sind. Das Oberste Landesgericht wollte sich am Freitag zunächst mit der Zulässigkeit einzelner Fragen dieses Katalogs beschäftigen. Im Hintergrund stünden Aktionärsforderungen von bis zu 8,5 Mrd. Euro, sagte die Vorsitzende Richterin Andrea Schmidt. Angesichts der Summe sprechen Anlegerschützer:innen vom größten Schadenersatzfall der deutschen Justizgeschichte.
Richterin Schmidt hat den Beteiligten eine gütliche Einigung empfohlen. Dass könnte zu einer teilweisen Entschädigung ihrer Verluste führen, hoffen Anleger:innen. Beteiligte erwarten ein Urteil erst in einigen Jahren.
Andrang überschaubar
Der Andrang in der vom Gericht eigens angemieteten früheren Flughafenhalle am Rande der Münchner Messe war geringer als vielfach erwartet. Auf den rund 300 Zuhörerplätzen nahmen lediglich 70 Personen Platz, darunter zahlreiche Journalisten. Prozessbeteiligte verwiesen auf den Wintereinbruch in München, der möglicherweise einige Interessierte von der Anreise abgehalten habe. Richterin Schmidt an der Spitze des fünfköpfigen Senats benötigte rund zehn Minuten, um die Namen der etwa 50 anwesenden Rechtsanwälte zu verlesen.
Von Anlegern verklagt werden unter anderem der frühere Wirecard-Chef Markus Braun, die Insolvenzverwalter der Unternehmensreste sowie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY), die die mutmaßlich falschen Wirecard-Bilanzen abgesegnet hatte. Sie wehren sich gegen die Vorwürfe und ließen sich am Freitag von ihren Anwältinnen und Anwälten vertreten. Der Österreicher Braun sitzt wegen des gegen ihn laufenden Strafprozesses in Untersuchungshaft.
Der Zahlungsdienstleister Wirecard brach im Juni 2020 zusammen. Damals war aufgeflogen, dass dem Konzern auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Mrd. Euro fehlten.