Start-up Investor Hansi Hansmann
©trend / Rene Prohaska2023 war ein schwieriges Jahr für Start-ups. Viele leiden unter Kapitalnot. Investor Hansi Hansmann rät den Gründern im trend. Interview, ihre Chancen ergreifen und zu nützen. Und er hält Start-ups per se für krisenfester als klassische KMU.
2023 war ein schwieriges Jahr, besonders auch für Start-ups. Wie ist es für die Hans(wo)men Group gelaufen?
Meiner Gruppe ist es insgesamt gut ergangen. Alles im Kryptobereich war zwar recht hart betroffen, aber es gab keine Totalausfälle. Ich habe einige Unternehmen im Portfolio, die schon reifer und somit weiter sind und Geld raisen mussten. Storebox oder Anyline haben das großartig geschafft, andere wie Tractive oder Journi brauchen kein Geld mehr, da sie bereits aus den eigenen Cashflows wachsen können.
Das klingt überraschend positiv.
Wir haben in 2023 auch fünf Neuinvestments gemacht, da wird man sehen, wie sich die entwickeln. Die Seed Round wird sicher nicht leicht, da werden wir im Frühjahr 2024 einige Companies stark im Fundraisingprozess unterstützen müssen.
Sie hatten 2023 keine Exits, nur einen Zusammenschluss von Coinpanion.
Die Exits sind spärlich gesät, und wenn, sind es meist Notverkäufe. Im Kryptobereich kommt es vermehrt zu Zusammenschlüssen. Sie sehen sich weltweit um, wen es da noch gibt, und tun sich mit anderen zusammen, um das zu überstehen. Natürlich verwässert (Reduzierung der Anteile, Anm.) da jeder, aber das ist immer noch besser, als das Ding aufzugeben. Wenn es break-even ist, hat man Zeit, zu warten, bis sich der Markt erholt. Der Coinpanion-Deal ist ein toller Move, um den Fortbestand zu sichern. (Anm.: Coinpanion und Revix schlossen sich im Dezember 2023 zu Altify zusammen.)
Sie gelten als loyaler Investor, der auch einmal Nerven bewahren kann, wenn's sein muss, wie etwa das Busuu-Beispiel gezeigt hat.
Wenn wir von der Company überzeugt sind, können wir auch selbst bridgen (Überbrücken von Finanzierungslücken; Anm.). Allerdings haben wir knapp über 50 aktive Companies im Portfolio und können nur hoffen, dass das nur ein paar wenige brauchen. Wir wissen auch recht genau, was Venture-Capital-Fonds suchen. Die wollen deutlich bessere KPIs sehen als noch vor zwei Jahren. Man braucht wirklich außerordentlich starke KPIs, um sich vom Durchschnitt abzuheben und die Neugier von Investoren zu wecken. Wenn die nicht darstellbar sind, macht es gar keinen Sinn, VCs überhaupt anzusprechen.
Finanzierungen zu bekommen, war schon 2023 ein immenses Problem. Wie blicken Sie auf 2024?
Es wird vermutlich noch schwieriger. Das hat zur Konsequenz, dass Innovation wohl gebremst wird. Es reicht nicht, gute Companies zu haben. Nur die sehr guten werden Geld kriegen. Es wird sicher einige Firmen aufstellen, und das ist manchmal schade, aber zu einem gewissen Maß auch gesund. Persönlich glaube ich, dass es erst Anfang oder Mitte 2025 besser wird. Manche sehen jetzt schon Licht am Ende des Tunnels, ich sehe das noch nicht.
Internationale Investoren haben sich aus dem österreichischen Markt fast vollständig zurückgezogen.
Große Runden wie die von refurbed waren zuletzt die absolute Ausnahme. Meine größte Runde heuer waren die 15,5 Millionen Euro für Storebox in der Series B, und das war richtig hart. Die ganz großen Runden früher waren von ausländischem Kapital getragen. USA und Asien haben sich in ihre Heimatländer zurückgezogen. Und die hohen Zinsen werden oben bleiben, was für viele Investoren gute Alternativen bietet. Wir sind sozusagen wieder zurück in 2019 – allerdings mit höheren Zinsen – und müssen kleinere Brötchen backen. Die hohen Burn-Rates, wo man sich für sechs Monate einfach Geld aufnehmen kann, welches bis zur nächsten Funding-Runde reicht, gibt es nicht mehr. Das finde ich grundsätzlich positiv. Für mein Portfolio bin zuversichtlich, da gibt es reifere Firmen, die wenig bis kaum Geld brauchen, da sie Cashflow-positiv sind.
Wie gehen die Gründerinnen und Gründer mit der Situation um? Sie versammeln jene aus Ihrem Portfolio regelmäßig zum Austausch.
Das machen wir mittlerweile viermal im Jahr, zweimal in Österreich und zweimal in Barcelona, weil wir dort sehr viel investiert haben. Da bringen wir Early- und Late-Stage-Gründer zusammen. Fundraising ist wie immer ein wichtiges Thema. Und wenn's kein Geld gibt, wie sehen Plan B und Plan C aus? Kosten reduzieren? Mit einem anderen Unternehmen mergen? Andere Themen wie Organisationsaufbau, Leadership, Founder vs. Manager etc. sind etwas in den Hintergrund gerückt. Aber Start-up-Gründer haben grundsätzlich eine gute Basis, um mit Krisen fertig zu werden. Ein Start-up zu bauen, ist ja per se eine Dauerkrise. Die Gründer können damit meist besser umgehen als etablierte KMU.
Durch die Krise entstehen Chancen. Wo sehen Sie die?
Ich glaube, dass es für Start-ups, die es sich leisten können, günstige Assets am Markt geben wird. Vielen Companys geht das Geld aus, und sie können nicht raisen. Bevor sie zusperren, kann man die Firmen oder auch ihre Assets oft günstig ohne großen Cash-Einsatz zukaufen. Das ist gerade eine Art Konsolidierung, die da passiert. Wichtig ist, gut auf das Ende der Krise vorbereitet zu sein und nicht erst dann zu reagieren, wenn es alle merken. Wenn man gut und schnell ist, sollte man sich besser jetzt positionieren. Aufpassen und wachsam sein!
Das Interview ist ursprünglich in der trend. PREMIUM vom 7.12.2023 erschienen.
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