Das Wifo rechnet für den November einen weiteren Höchststand der Teuerungsrate. Im Dezember wird die Strompreisbremse wirken und auch die Inflation abflachen. Die Eurozonen-Inflation ist erstmals zweistellig.
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Wien. Die Inflation hat bereits im September mit 10,6 Prozent ein erstes 70-Jahre-Hoch erklommen, das im Oktober mit 11 Prozent nun noch einmal getoppt wurde, zeigen die neuen Daten der Statistik Austria vom Donnerstag. Zu den bisherigen Preistreibern kommen neue hinzu. Im November dürfte sich mit 11,5 Prozent ein weiteres 70-Jahre-Hoch ergeben, bevor sich die Teuerung dann wieder etwas verlangsamt, geht aus Ausführungen von Wifo-Experten Josef Baumgartner hervor. Für 2023 wird mit einer Jahresinflation von 6,5 Prozent gerechnet.
"Wir erwarten für November noch einen weiteren Anstieg, da wird es nach unserer vorläufigen Einschätzung auf 11,5 Prozent gehen", sagte Baumgartner vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) im Gespräch mit der APA. "Aber im Dezember sollte die Strompreisbremse zu wirken beginnen und insbesondere in Ostösterreich eine deutliche Entlastung darstellen. Damit sollte die Inflationsrate gedämpft werden, weil der Beitrag der Haushaltsenergie zur Teuerung verringert wird."
Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) rechnete am Rande einer Pressekonferenz auch mit einem baldigen Höhepunkt des Preisauftriebs in den kommenden Monaten, spätestens Anfang 2023. Die Haupteffekte der Teuerung seien bereits wirksam.
Die SPÖ hingegen warf der türkis-grünen Regierung Fehler vor. Die größte Oppositionspartei forderte in Person ihres Geschäftsführers Deutsch einmal mehr Gaspreisdeckel und das Aus des Merit-Order-Prinzips. Zur Überbrückung bis zum Inkrafttreten des Gaspreisdeckels solle die Dezember-Gasrechnung als Winter-Soforthilfe erlassen werden. Weiters brauche es ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, das Einfrieren der Mieten und Aussetzen der CO2-Steuer sowie Preisobergrenzen für Treibstoffe.
Markante Preissprünge bei Kleidung und Lebensmittel
Indes geht die Überwälzung der Energie- und Transportkostensteigerungen weiter. "Bei den beiden wichtigsten Preistreibern, der Haushaltsenergie gefolgt von den Treibstoffpreisen, hat der Aufwärtstrend ein vorläufiges Ende erreicht", sagte Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas. Dafür erfasse die Inflation immer mehr Ausgabenbereiche. "Bei Bekleidung, die in den letzten Monaten kaum Teuerungen aufwies, gab es im Oktober einen markanten Preissprung." Zudem drehe sich die Preisspirale bei Möbeln immer schneller, bei Nahrungsmitteln und in der Gastronomie hingegen etwas weniger dynamisch, so Thomas. Ohne Ausgaben für Haushaltsenergie und Treibstoffe hätte die Inflation im Oktober 7,3 Prozent betragen.
Zur Frage, wie es im kommenden Jahr dann mit der Teuerung weitergeht, sagte Wifo-Forscher Baumgartner, dass sich der Einfluss der Haushaltsenergie - also Gas und Strom - auf die Gesamtinflation verringern werde. Dominant blieben diese Kosten zwar weiterhin, "aber andere Bereiche werden stärkere Beiträge liefern", sagte der Fachmann mit Blick auf Industriegüter, Waren, Lebensmittel und Dienstleistungen. "Die Überwälzung der höheren Energiepreise, die schon länger im Gange ist, geht weiter. Der Prozess der Überwälzung ist noch nicht abgeschlossen."
"Eine gewisse Entspannung erwarten wir bei den Mineralölprodukten", so Baumgartner. Bei Lebensmitteln dürfte sich die Preisspirale hingegen weiter drehen. Dort ist die Überwälzung der Kosten besonders ausgeprägt, beginnt sie doch in der Produktion und in der Weiterverarbeitung, geht weiter über Transport sowie die Händler und ist dann wie in allen Bereichen auch von den Lohnabschlüssen beeinflusst, sagte Baumgartner. Die indirekten, sogenannten Zweitrundeneffekte wirken sich derzeit besonders aus.
Das 70-Jahres-Hoch
Die Teuerung von 11 Prozent im Oktober und 10,6 Prozent im September waren die höchsten Werte seit Juli 1952. Damals lag die Inflation bei 14,1 Prozent. Der nächsthöhere Wert war im Juni 1952 mit 28 Prozent verzeichnet worden. In den sieben Jahrzehnten seither gab es einen Zwischenrekord im Juni 1974 mit einer Teuerungsrate von 10,2 Prozent.
Indes hat auch die Inflation in der Eurozone angefeuert von den Preisen für Energie und Lebensmittel im Oktober erstmals auf ein zweistelliges Niveau erreicht. Binnen Jahresfrist kletterten die Verbraucherpreise um 10,6 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Donnerstag mitteilte. Eine erste Schätzung Ende Oktober hatte noch auf 10,7 Prozent gelautet. Seit Einführung des Euro 1999 war die Inflation noch nie so hoch.