Der Spruch, den man derzeit zwischen St. Pantaleon im Süden und Freinberg im Norden am häufigsten hört, lautet: "Früher sind wir zu den Bayern arbeiten gefahren, jetzt kommen die Bayern zu uns." Dieser Satz fällt in Braunau, in Schärding, in Ried, den Hauptstädten der drei Innviertler Bezirke, ebenso wie in den Betriebskantinen und den zahlreichen übers Land verstreuten Wirtshäusern jener Region, die früher selbst einmal Innbaiern hieß. Und dieser Satz drückt aus: Jetzt haben wir wieder die Oberhand.
Vor einem Vierteljahrhundert gab es Hoffnung nur jenseits der Grenze, bei der Wacker Chemie im bayrischen Burghausen, dem größten Arbeitgeber des Grenzraums. Diesseits gab es nicht viel zu holen: Die letzte Braunkohlegrube in Trimmelkam schloss. Die Elektrolyse im Aluminiumwerk der Amag in Ranshofen wurde 1992 dichtgemacht, die Bilanzen des staatliches Unternehmens waren tiefrot. Der Zweiradhersteller KTM in Mattighofen hatte kurz davor eine spektakuläre Pleite hingelegt. Fischer, gefeierter Hersteller von Skiern und Tennisschlägern in Ried, musste wegen Geldnöten seine Skischuhmarke Dynafit verkaufen, Gründer Pepi Fischer sogar seinen geliebten Hubschrauber aufgeben.
Und jetzt das: Die frühere Fischer- Tochter FACC hat im eben abgeschlossenen, von einem Cyberangriff überschatteten Geschäftsjahr über 100 Millionen Euro Umsatz draufgepackt, jeder fünfte FACC-Mitarbeiter pendelt inzwischen aus Bayern ein. In Ranshofen bei Braunau wird in wenigen Wochen das neue, stylishe Amag-Kaltwalzwerk eröffnet, eine 320-Millionen-Euro-Investition.
Versteckte Juwelen
KTM liegt nach sechs Rekordjahren in Folge längst über der Umsatzmilliarde und ist soeben in die Motorrad-Königsklasse MotoGP eingestiegen. Die Kommunalsteuereinnahmen des ehemaligen Bauerndorfes Munderfing, wo die Bikehersteller - mangels Platz am Stammsitz - ihre jüngsten Werke gebaut haben, sprudeln so üppig, dass ich die Gemeinde einen weithin sichtbaren Windpark im Kobernaußerwald leisten kann.
KTM-Chef Stefan Pierer, der vor 25 Jahren als kurzfristig orientierter Sanierer gekommen und als Unternehmer geblieben ist, schwärmt von einer Gegend voll industrieller Hidden Champions, die heute jeweils 700 Leute und mehr beschäftigen: vom spektakulär erfolgreichen Automatisierungskonzern Bernecker & Rainer im nahen Eggelsberg bis zum mehrfach ausgezeichneten Elektronikspezialisten EVG bei Schärding, vom Maschinenbauer Fill in Gurten bis zur Fabrik des Salzburger Kranbauers Palfinger in Lengau. Pierer geht in seinem Enthusiasmus so weit, dass er sogar eine Spitze gegen den größten Konzern des Bundeslandes reitet: "Ohne die voestalpine grämen zu wollen: Das Innviertel ist das neue industrielle Herz Österreichs."
Unternehmen | Umsatz (in Mio. €) | Mitarbeiter/Davon im Innviertel | Durchschn. Wachstum (3 Jahre) | Neue Mitarbeiter seit 2012 |
KTM Industries | 1.343 | 5.069/2.800 | 17% | 1.000 |
Amag | 906 | 1.762/1.564 | 5% | 360 |
Bernecker & Rainer | 620 | 3.000/2.090 | 9% | 700 |
FACC | 700 | 3.419/3.100 | 9% | 1.350 |
Das 1979 in Eggelsberg gegründete Unternehmen Bernecker & Rainer hat es als Automatisierungsspezilist soweit gebracht, dass nun der Schweizer Elektronik-Riese ABB das Unternehmen gekauft hat. 3.000 Mitarbeiter befassen sich mit Maschinen- und Fabrikautomation, Mess- und Steuerungssystemen und Robotik für die Zukunft der Industrie. Unter dem neuen Eigentümer ABB soll der Hauptsitz von B&R in Eggelsberg als globales Zentrum für Maschinen- und Fabrikautomation eine bedeutende Rolle im Konzern spielen.
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