IV-Generalsekretär Christoph Neumayer
©Industriellenvereinigung (IV)Die Industriellenvereinigung (IV) sieht Österreichs Wirtschaft weiterhin im Tief. Zur Absicherung des Wirtschaftsstandorts und des allgemeinen Wohlstands fordert Generalsekretär Christoph Neumayer eine Erhöhung Wochen-Arbeitszeit auf 41 Stunden, den Abbau der bürokratischen Auflagen und eine sichere und leistbare Energieversorgung.
Status-Analyse: Von der Rezession in die Stagnation
Das neue Konjunkturbarometer der Industriellenvereinigung (IV), für das 387 heimische Unternehmen mit rund 293.800 Beschäftigten befragt wurden, sieht Österreich weiterhin in der seit geraumer Zeit andauernden Rezession. Der wirtschaftliche Abschwung wurde zwar im ersten Quartal 2024 durch beträchtliche Zuwächse bei der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen etwas abgeschwächt, die Abwärtsspirale konnte jedoch nicht durchbrochen werden.
Obwohl einzelne Indikatoren - etwa in der Warenherstellung - auf eine leichte Verbesserung der Lage hindeuten, ist für Chefanalyst Christian Helmenstein kein Aufschwung in Sicht. Helmenstein rechnet stattdessen im besten Fall mit einer einsetzenden Stagnationsphase - sofern keine weiteren belastenden externen Faktoren auftreten.
IV-Forderung: Arbeitszeit verlängern
Zur Stärkung der Wirtschaft und zur Verbesserung bringt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer nun einen kontroversen Vorschlag in die Diskussion ein: Um das Arbeitsvolumen zu erhöhen soll die Arbeitszeit in Österreich verlängert werden - etwa um eine halbe Stunde täglich auf 41 Wochenstunden.
„Um die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern, gibt es unterschiedliche Hebel, die man dringend betätigen sollte“, erklärt Neumayer im Rahmen der Präsentation des Konjunkturbarometers. Die Erhöhung des Arbeitsvolumens ist für ihn dabei ein wichtiger Hebel: „Die Lohnsteuer trägt einen großen Teil unseres Wohlstands und Sozialsystems. Sinkt das Arbeitsvolumen, sinken auch die Einnahmen und das bei steigenden Ausgaben. Immer weniger Menschen tragen daher eine immer größer werdende Last. Um das Arbeitsvolumen im Gesamten zu erhöhen, müssen wir daher eine Arbeitszeitverlängerung – um beispielsweise eine halbe Stunde pro Tag, also 41 Wochenarbeitsstunden – auf die Agenda setzen."
Komme es zu keiner Steigerung des Arbeitsvolumens, sieht er den österreichische Wohlfahrtsstaat in Gefahr. Neumayer: "Betrachtet man die Jahresarbeitszeit, gehört Österreich zu den Schlusslichtern weltweit. Anstrengungsloser Wohlstand ist nicht möglich.“
Bürokratie abbauen, günstige Energieversorgung sichern
Zwei weitere strukturelle Hebel, an denen Neumayer ansetzen will, sind der Abbau bürokratischer Hürden und die Sicherung einer leistbaren Energieversorgung.
"Der Bürokratie-Tsunami belastet zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen und lähmt die Produktivität der Betriebe", bekundet der IV-Generalsekretär, der dabei vor allem die Klein- und Mittelbetriebe unter Druck sieht.
Als Folge eines Stopps des Gastransits durch die Ukraine drohe Österreich zudem ein Gasmangel, der abermals eine Rezession der heimischen Wirtschaft zur Folge haben könnte. Neumayer mahnt daher die Notwendigkeit einer stabilen, sicheren und leistbaren Energieversorgung ein.
Ergebnisse der IV-Konjunkturanalyse
Das von IV-Chefanalyst Christian Helmenstein erstellte Konjunkturbarometer sieht Österreich weiterhin in der roten Zone.
Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage fällt demnach bereits seit elf Quartalen ununterbrochen schwächer aus und liegt weiterhin unterhalb der Nulllinie. 17 % der Unternehmen erwarten im nächsten Halbjahr ein weiter schrumpfendes Geschäftsvolumen. Das Gros der Unternehmen – 70 % – rechnet mit einer Stagnation. Zumindest scheint die Rezession damit ihrem Ende zuzugehen.
Schwache Auftragslage
Die Auftragslage in der heimischen Wirtschaft schwächelt weiter. Fast ein Drittel (30 %) der von der IV im Rahmen der Konjunkturerhebung befragten Unternehmen klagt über unterausgelastete Produktionskapazitäten.Angesichts des anhaltend negativen Konjunkturbildes und der insgesamt unzureichenden Auftragsbestände rechnen die Unternehmen kurzfristig mit einer beträchtlich zurückgehenden Produktionstätigkeit.
Einen Lichtblick gibt es bei der Entwicklung der Auslandsaufträge, die im Vergleich zur vorangegangenen Erhebung etwas angezogen haben, was auf die sich stabilisierende globale Konjunktur zurückzuführen ist. Aufgrund der Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar (- 3 % ggü. Vorjahr) sieht die IV auch eine leichte Entlastung der Wechselkurs-Risiken.
Die rückläufigen Produktionsplanungen dämpfen weiterhin auch die Beschäftigungsaussichten in der Industrie. Nur 9 % der befragten Unternehmen wollen im laufenden Quartal ihren Mitarbeiterstand erhöhen. Während 61 % den Beschäftigtenstand nach Möglichkeit halten wollen, gehen die verbleibenden 30 % davon aus, ihren Mitarbeiterstand reduzieren zu müssen.
Konstendruck führt zu weiteren Preissteigerungen
Kostendruck auf die Industrieunternehmen führt zu einem weiteren Preisdruck. Die weiter zunehmende Kostenbelastung wird zumindest teilweise auf die Preise übergewälzt werden.
Die zahlreichen konjunkturellen Störfaktoren belastet die Ertragslage der Unternehmen zudem weiter. Nahezu ein Drittel der Unternehmen beklagt eine dezidiert schlechte Ertragslage. Auf Halbjahres-Sicht erwarten 22 % der Unternehmen weitere Ertragseinbußen.